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Drachenmagier

Titel: Drachenmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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sich bekümmert.
    »Ich hörte einmal«,
antwortete eine weibliche Stimme, »von einem
Menschen, der Jahre und Jahre in
einem Gefängnis eingesperrt saß. Als man
schließlich die Zellentür aufschloß
und ihm die Freiheit bot, weigerte er sich hinauszugehen. Er
ängstigte sich vor
der Freiheit, dem Licht, der frischen Luft. Er wollte in
seiner dunklen Zelle
bleiben, denn sie kannte er. Dort fühlte er sich sicher und
geborgen.«
    Alfred bemerkte Orla,
die leise zu ihm getreten war.
    Sie lächelte und hatte
in leichtem Plauderton gesprochen, doch er sah, daß
sie sich aufrichtig
sorgte, weil er als einziger nicht recht froh werden konnte.
    Er wurde rot, seufzte
und schlug die Augen nieder.
    »Auch du wagst dich
nicht aus deiner Zelle, Alfred.« Sie legte ihm die Hand auf
den Arm. »Du bestehst
darauf, weiter deine Nichtigenkleider zu tragen.«
Darauf kam sie vermutlich,
weil Alfred angelegentlich auf die Schuhe starrte, die seine
übergroßen Füße
beherbergten. »Du willst uns deinen Sartannamen
nicht sagen. Du willst uns
dein Herz nicht öffnen.«
    »Und habt ihr mir eure
Herzen geöffnet?« fragte Alfred ruhig.
»Was für eine furchtbare Tragödie hat
sich hier abgespielt? Was ist aus den Nichtigen geworden, die hier
gelebt
haben? Wohin ich den Blick auch wende, sehe ich Ruinen und
Trümmer, Blut an den
Steinen. Doch keiner spricht darüber. Keiner erwähnt
es auch nur.«
    Orla erbleichte und
preßte die Lippen zusammen.
    »Es tut mir leid.«
Alfred seufzte wieder. »Ich weiß nicht, was
über mich gekommen ist. Ihr seid
alle so gut zu mir gewesen. So geduldig und freundlich. Der Fehler
liegt bei
mir. Ich bemühe mich, aber wie du sagst, ich war zu lange in
der Finsternis
gefangen. Das Licht tut meinen Augen weh. Du wirst das nicht verstehen
können.«
    »Erzähl mir von der
Zeit im Dunkeln, Bruder«, forderte Orla ihn auf.
»Hilf mir, zu verstehen.«
    Wieder hatte sie das
Gespräch von sich und ihrem Volk abgelenkt und brachte die
Rede auf sein
Schicksal. Unerklärlich, dieses Widerstreben, nur
daß er jedesmal, wenn er auf
die Vorkommnisse zu sprechen kam, Furcht zu spüren glaubte und
Scham.
    Unsere
Bitte um Hilfe… hatte
Samah gesagt.
    Warum dieser Hilferuf?
Handelte es sich um einen Krieg, den die Sartan verloren hatten? Und
wie sollte
das möglich sein? Der einzige ihnen ebenbürtige
Gegner war im Labyrinth
gefangen.
    Ohne es zu merken,
hatte Alfred eine Blume gepflückt und begonnen, die
Blütenblätter auszureißen.
Eins nach dem anderen zupfte er sie ab, betrachtete sie
geistesabwesend und
ließ sie fallen.
    Orla hielt seine Hand
fest. »Hörst du nicht, wie die Pflanze vor Schmerzen
schreit?«
    »Oh!« Bestürzt
musterte Alfred die verstümmelte Blüte.
»Ich – ich war in Gedanken…«
    »Aber dein Schmerz ist
der größere«, fuhr Orla fort.
»Ich bitte dich, ihn mit mir zu teilen.«
    Ihr teilnahmsvolles
Lächeln wärmte ihn wie gewürzter Wein.
Berauscht vergaß Alfred seine Zweifel
und Fragen. Zu seiner eigenen Überraschung sprudelten
Gedanken und Gefühle
aus ihm heraus, deren er sich nach seinem langen, erzwungenen Schweigen
selbst
nur vage bewußt war.
    »Als ich erwachte und
feststellte, daß die anderen tot waren, verschloß
ich die Augen vor der
Wahrheit. Ich wollte mir nicht eingestehen, daß ich allein
war. Monate,
vielleicht Jahre, verkroch ich mich in dem Mausoleum von
Arianus, lebte in der
Vergangenheit, dachte daran zurück, wie es früher
gewesen war. Bald schon
erschien mir die Vergangenheit realer als die Gegenwart. Jede
Nacht vor dem
Einschlafen sagte ich mir, am nächsten Morgen würden
sie alle mit mir erwachen
und ich wäre nicht mehr allein. Selbstverständlich
kam dieser Morgen nie.«
    »Bis jetzt«, sagte
Orla warm und bedeckte seine Hand mit der ihren.
    Er sah Tränen in ihren
Augen schimmern, und ihm war auch nach Weinen zumute. Er
räusperte sich und
schluckte mühsam.
    »Wenn es so ist, hat
er lange auf sich warten lassen«, sagte er rauh,
»und die Nacht, die ihm
vorausging, war sehr dunkel. Ich sollte dich nicht damit
belasten…«
    »Nein, es tut mir
leid«, unterbrach sie ihn hastig, »ich
hätte dich nicht unterbrechen sollen.
Bitte sprich weiter.«
    Sie hielt seine Hand
fest, obwohl er versuchte, sie wegzuziehen. Ihre Berührung war
fest, beruhigend
und tröstlich. Unwillkürlich rückte er
näher an sie heran.
    »Eines Tages stand ich
in der Halle der

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