Drachenmeister
Weges, rollte sich unter dem dichten Geäst zusammen und war eingeschlafen, noch ehe das Hämmern in seiner Brust nachgelassen hatte.
KAPITEL 7
Sebell hatte sich während des Festes kaum um Piemur gekümmert. Er war voll damit beschäftigt, seine Rolle als weinseliger Viehhändler zu spielen und von Tisch zu Tisch zu torkeln. Und als sich herumsprach, dass Baron Meron persönlich auf dem Fest erscheinen würde, fand Sebell keine Zeit mehr, nach seinem Lehrling zu suchen. Er horchte angespannt auf die Gerüchte und hasserfüllten Diskussionen, welche die Ankündigung beim Volk auslöste. Ein Thema, das immer wiederkehrte, war Baron Merons Großzügigkeit im Verteilen von Echseneiern, aus denen meist nur Grüne schlüpften.
Wenngleich das Erscheinen des Burgherrn die Behauptung widerlegte, er sei bereits tot oder liege im Sterben, so entging Sebells scharfen Augen nicht, dass sich der Mann auf zwei Begleiter stützen musste, die ihn scheinbar freundschaftlich untergehakt hatten. Zwei, die ihn beerben wollten, hörte Sebell die Menge hämisch flüstern.
Als dann das Fleisch vom Spieß an die Anwesenden verteilt wurde, fiel Sebell die Abwesenheit von Piemur zum ersten Mal auf. Der Junge würde doch keine Mahlzeit auf Baron Merons Kosten auslassen? Nicht dass der Braten besonders gut schmeckte. Allem Anschein nach hatte man nur uralte, zähe Tiere geschlachtet. Sebell kaute lustlos an einer flachsigen Portion herum. Er hatte an einem Außentisch Platz genommen, wo Piemur ihn eigentlich gut sehen musste.
Dann begann der Tanz und Sebell wurde unruhig. N’ton wollte sie abholen, sobald es dunkel war. Wenn Piemur bis dahin nicht auftauchte? Er konnte doch den Bronzereiter nicht warten lassen oder für einen späteren Zeitpunkt bestellen!
Ganz allmählich setzte sich in Sebell der Verdacht fest, der Junge könnte den Festplatz verlassen haben. Aber Piemur hätte sich doch sicher an ihn gewandt, wenn er in Schwierigkeiten geraten wäre! Vielleicht hatte er sich nur zu einem Schläfchen zurückgezogen. Er war in aller Frühe aufgestanden und immer noch geschwächt von seinem Sturz. Sebell gab Kimi den Auftrag, nach Piemur zu suchen, aber sie kehrte allein zurück und übermittelte betrübt, dass der Junge nirgends zu finden sei. Sebell schickte sie zu dem Weidefleck, den sie am Morgen gemietet hatten, für den Fall, dass Piemur dort auf ihn wartete. Als Kimi auch von dort ratlos zurückkehrte, eignete sich Sebell kurz entschlossen einen der schnellen Renner an, die außerhalb des Festplatzes angepflockt waren, und ritt zu dem vereinbarten Treffpunkt mit N’ton, in der vagen Hoffnung, Piemur könnte bereits dort sein.
Obwohl Sebell das Tal gründlich absuchte, entdeckte er keine Spur von seinem jungen Freund. Er musste sich eingestehen, dass Piemur wohl etwas zugestoßen war. Allerdings konnte er sich nicht vorstellen, was - und warum hatte Piemur nicht sofort nach seinem »Herrn« verlangt?
Der Harfner jagte zurück zur Burg, pflockte das ausgeliehene Tier wieder an und erreichte den Festplatz genau in dem Moment, als die Kunde vom Diebstahl des Königinneneies durch die Menge ging. Man nahm die Neuigkeit mit gemischten Gefühlen auf. Jene, die minderwertige Eier erhalten hatten, verrieten Ärger und Enttäuschung; aber man spürte auch Schadenfreude, dass jemand schlauer als Baron Meron gewesen war. Als Sebell das Burgtor erreichte, hatten die Wächter bereits den strikten Befehl, niemanden hinein- oder herauszulassen. Leuchtkörbe
verbreiteten ihren Schein über die Höfe und hinter jedem Burgfenster brannte helles Licht. Sebell mischte sich unter die Neugierigen und beobachtete, wie selbst die Aschen- und Abfallgruben durchstöbert wurden. Die meisten äußerten den Verdacht, dass es wohl Kaijan, dem Bergwerksmeister, irgendwie gelungen sei, das Ei an sich zu bringen. Das Volk schloss die ersten Wetten ab.
Sebell erlebte mit, wie der Bergwerksmeister von Wachtposten in die Burg gebracht wurde, nachdem man sein Gepäck gründlich durchsucht hatte. Befehle ertönten und dann zogen weitere Posten an der Mauer auf. Sie sollten darauf achten, dass sich niemand ungesehen vom Burggelände schlich. Sebell stellte sich an die Rampe des Haupteingangs, wo Piemur ihn im Schein der Leuchtkörbe sofort sehen konnte. Sicher würde der Lärm den Jungen wecken...
Erst als sich das Gerücht verbreitete, ein unbekannter Küchenjunge habe sich mit dem kostbaren Ei aus dem Staub gemacht, kam Sebell auf den Gedanken, dass dieser Junge
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