Drachenmeister
diebischen Harfnerlehrlings beiwohne?« Die Miene von Meister Robinton verdüsterte sich.
»Ich weiß es nicht, Meister. Kimi spürte Piemur im Burggelände auf, aber sie konnte ihn nicht erreichen, weil es zu dunkel war. Ich habe mit eigenen Augen beobachtet, dass die Wachen stundenlang die ganze Burg durchsuchten. Dennoch...« Sebell blickte nachdenklich drein. »Ich bin verdammt sicher, dass die Leute einen mächtigen Wirbel veranstaltet hätten, wenn Piemur und das gestohlene Ei aufgetaucht wären...«
»Nichts würde Baron Meron mehr Genugtuung verschaffen, als mich in der Öffentlichkeit bloßzustellen.«
»Die Botschaft bringt klar zum Ausdruck, dass es Baron Meron schlecht geht«, warf Meister Oldive ein. »Wenn er so wahnsinnig war, zum Fest hinunterzugehen, und sich obendrein über das Verschwinden eines kostbaren Eies aufregte, dann könnte die Nachricht durchaus stimmen...«
»Ganz Nabol spricht davon, dass der Mann nur noch eine kurze Spanne zu leben hat.« Mit einem Seufzer der Erleichterung zog Sebell die harten Viehhändlerstiefel aus, die ihm die Knöchel wund gerieben hatten. Sein Blick fiel fragend auf den Heiler und der nickte.
»Konnten Sie herausfinden, wen die Bewohner von Nabol am liebsten als seinen Nachfolger sähen?«, erkundigte sich Meister Robinton.
»Einen Großneffen namens Deckter. Er betreibt einen Fuhrhandel zwischen hier und Crom. Kein sehr geselliger Mensch,
aber er hat seine vier Söhne ordentlich erzogen, und die Leute, die ihn näher kennen, respektieren ihn.« Sebell hatte sich umgezogen und gab den anderen zu verstehen, dass er zum Gehen bereit sei. »Mir fiel außerdem auf, dass es in Nabol von Feuerechsen wimmelt. Die meisten davon...« - er machte eine Pause, um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen - »sind allerdings Grüne.«
»Grüne?« Menolly wirbelte herum.
»Genau.«
»Soll das heißen«, fuhr die Harfnerin fort, »dass er Eier von den Gelegen der grünen Weibchen verteilt? Das ist doch die Höhe!«
»Warte, das Schönste kommt erst! Viele der Eier sind faul, sodass nicht einmal Grüne schlüpfen. Ihr könnt euch denken, wie beliebt sich Meron bei den Empfängern solcher Geschenke macht.« Menolly stieß einen Ruf der Entrüstung aus, aber Sebell hob die Hand und fuhr fort: »Noch eine wichtige Beobachtung: Kurz nach Monduntergang landeten vier Drachen in den Höfen der Burg. Als sie wieder aufstiegen, waren sie so schwer beladen, dass ihre Schwingen beinahe knirschten.«
Sebell lächelte, als er das Entsetzen in den Gesichtern seiner Zuhörer las. »Kimi kannte die Drachen nicht und sie flößten ihr Angst ein.«
»Das ist ja wirklich höchst aufschlussreich«, murmelte der Meisterharfner.
Dann schwieg er, denn sie hatten das untere Ende der Rampe erreicht, wo bereits eine Gruppe von Burgbewohnern ungeduldig wartete. Die Leute kamen ihnen entgegen. Sebell erkannte Candler, den Harfner, und Berdine, den Heiler. Zu den drei Übrigen gehörten die Männer, die Baron Meron bei seinem Gang durch den Festplatz gestützt hatten. Einer davon, feist und behäbig, pflanzte sich vor dem Harfner auf.
»Meister Robinton! Ich bin Hittet, ein direkter Abkömmling
von Baron Meron. Sie müssen uns einfach helfen. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren, wenn die Nachfolge noch geklärt werden soll. Meister Oldive wird Ihnen bestätigen, dass...« Die anderen drängten zur Eile. »Also - ich fürchte, dass er nach den Aufregungen dieser Nacht den morgigen Tag nicht mehr erlebt. Kommen Sie, beeilen wir uns!« Damit nahm er den Harfner am Arm und führte ihn auf die Burg zu.
»Welche Aufregungen denn? Ach so, Sie hatten gestern ein Fest...«, sagte Meister Robinton.
»Ich kann Ihnen nicht genug für Ihr Kommen danken, Meister Oldive.« Berdine trat neben den Meisterheiler, während die anderen Hittet und Meister Robinton über den Hof folgten. »Ich weiß, dass Sie bereits letztes Mal äußerten, man könne kaum noch etwas für den Baron tun, aber nun hat er die letzten Kraftreserven, die er noch besaß, über die Maßen beansprucht. Ich habe ihn gewarnt, immer wieder! Aber er ließ sich nicht davon abbringen, das Fest zu besuchen. Sagte, er müsse seine Pächter beruhigen. Nun, diesen Weg hätte er vielleicht gerade noch verkraftet, aber dann musste er Gäste in seine Privaträume einladen... all die Aufregung, die dabei entstand! Und plötzlich entdeckte er, dass ihm jemand das Königinnenei gestohlen hatte...« Berdine rang verzweifelt die Hände. »Ach, du
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