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Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow

Titel: Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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dann war alles still.
    Das Feuer verschwand. Und auch die erdrückende Wut. Viktor schmerzte seine Faust, als hätte er damit auf eine Steinmauer eingeschlagen. Die Haut war an den Knöcheln aufgeschürft. Viktor runzelte die Stirn und rieb sich den Handrücken.
    »Na na na, was bist du denn für einer …«, brummte es weinerlich aus der Dunkelheit. »Warnen muss man …«

    »›Und wer ist dieser Mann? Der Zauberer! Warnen muss man!‹«, äffte Viktor den anderen mit einem Filmzitat nach, denn ihm war augenblicklich Ein ganz normales Wunder 7 in den Sinn gekommen. »Und, wollen wir uns weiter schlagen?«
    »Wozu? Nicht vorzeitig«, knurrte es aus dem Inneren des Hauses. »Komm schon rein, worauf wartest du noch? Hilf mir aufzustehen – siehst du nicht, dass das Regal auf mich gestürzt ist? Wenn ich mich rühre, geht alles kaputt.«
    Viktor überschritt eilig die Schwelle. Seine Augen gewöhnten sich verdächtig schnell an die Dunkelheit – selbst für einen Traum zu schnell. Im Traum haben wir manchmal Flügel, und unsere Kugel fliegt langsam, ganz langsam aus der Mündung des Gewehrs und in einem langen gewölbten Bogen, aber in der Dunkelheit sehen unsere Augen auch im Traum nicht gut.
    Dies war zweifellos ein Laboratorium. Eines, das ganz anders aussah als die normalen, die er kannte, die von der Anderen Seite, wie man in der Mittelwelt sagte. Hier gab es keine Geräte, Aggregate oder Vorrichtungen. Nur mächtige Regale an den Wänden. Aber auf den Regalen stand nicht ein einziges Gefäß, keine Flasche, keine Dose, kein Glas. Unbegreifliche Gegenstände türmten sich dort, einer inneren Logik folgend. Das Feuer im Ofen brannte von selbst, ohne Holz oder Kohle. Einen Moment lang fragte sich Viktor, ob das Feuer vielleicht von Gas genährt wurde.
    Aber natürlich gab es dort kein Gas. Nur ein Feuer, das ganz von selbst brannte. Und darüber ein schwarzer, verrußter Kessel mit schartigem Rand. Viktor wurde sogar etwas unbehaglich zumute, denn die Scharten am Kessel erinnerten
allzu stark an die Spuren echter Zähne. Ein keineswegs schlecht erhaltener Abdruck eines menschlichen Kiefers fiel als Erstes ins Auge. In seiner natürlichen Größe und mit schiefen, nicht korrigierten Schneidezähnen.
    Viktor wuchtete das schwere Regal hoch – war es etwa aus Stein? -, und der Knirps erhob sich auf Gnade und Ungnade.
    »Danke«, sagte er und schien es ziemlich aufrichtig zu meinen. »Du gehörst jedenfalls nicht zu den Schwächlingen. Nimm es mir nicht übel, aber ich habe nichts im Haus, um dich zu bewirten, wie es bei euch üblich ist. Alles ist in die Sache geflossen.«
    »Was für eine Sache?«, fragte Viktor scheinbar beiläufig. Der Kessel hing ohne Befestigung in der Luft, der Geruch, der von ihm aufstieg, war ekelhaft und an Essen gar nicht zu denken.
    »Nun ja …«, antwortete der Knirps unwillig. Er strich sich über den Hinterkopf, hustete und strich wieder über den Hinterkopf.
    In diesem Moment begann es in der riesigen Truhe, der einzigen, die es in dem Raum gab, schrecklich zu kratzen und zu rumoren. Sind das am Ende Ratten?, fragte sich Viktor.
    Der Knirps krümmte sich, wie einer, der starke Zahnschmerzen hat. Er riss den Deckel hoch, steckte die Hände in die Truhe und verschwand bis zur Schulter darin, ächzte und richtete sich einen Augenblick später wieder auf.
    Viktor erstarrte.
    In der Faust des Knirpses wand sich, mit den kleinen Armen und Beinen strampelnd, ein winziger Mensch, nur wenig größer als ein Taschenmesser. Er trug einen albernen Hut mit breiter Krempe, ein rotes Hemd und braune Hosen.
Sein Gesicht sah aus, als sei es verbrannt, voller Schorf und Narben. Und auf der rechten Hand saß wie ein Handschuh ein Greifarm mit fünf unverhältnismäßig langen krallenartigen Spitzen.
    »Entschuldige«, nuschelte der Knirps. Er holte aus und schleuderte das kreischende Wesen geradewegs in den Kessel.
    Es platschte, und die glühende Flüssigkeit spritzte Viktor ins Gesicht, er riss die Hand hoch, um sich zu schützen … und in diesem Moment wachte er auf.
    Es herrschte Stille. Alles war ruhig. Er befand sich in seinem Zimmer im Hotel oder in der Herberge oder im Gasthof – wie auch immer man es nennen wollte. Seltsamerweise war es noch dunkel. Im Nachbarbett schnaufte Tel kaum hörbar. Alles war in Ordnung, alles war gut.
    Nur sein Herz hämmerte, und seine Handflächen waren feucht. Sogar jetzt kam ihm sein Traum im Gegensatz zu sonst nicht zusammenhangslos vor. Ein alberner,

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