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Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow

Titel: Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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den Fuß in den Boden rammen.
    »Danke, schöne Rada.« Er tätschelte dem Mädchen vertraulich die Schulter, blickte Viktor einen Augenblick lang mit dunklen, hervorstechenden Augen an und verließ das Restaurant.
    »Das war …«, begann Rada.
    »Ein Gnom«, vollendete Viktor ihren Satz.
    »Hast du schon welche getroffen?«
    »Nein.«
    Viktor machte sich nicht die Mühe, ihr zu erklären, dass er in dem Gnom dieselbe Fremdheit wahrgenommen hatte wie bei dem Elfen. Wenn er seinen Vergleich vom Vortag
fortspinnen wollte, so war der Mensch aus Lehm, der Elf aus Wasser und der Gnom aus Stein.
    »Ein lustiges Völkchen«, sagte Rada. Zögernd fügte sie hinzu: »Und gefährlich. Sie kennen sich mit Elektrizität aus, sie haben die Dampfkraft begriffen …«
    »Benutzt du keine Elektrizität?«
    »Natürlich, aber das heißt doch nicht, dass ich sie begreife!«
    »Nun, dabei handelt es sich …« Viktor geriet ins Stocken und versuchte die Überbleibsel seines Schulwissens zusammenzukratzen. Elektronen liefen durch die Leitungen? Oder nicht? Dann gab es noch diese Positronen, nein, die hatten damit nichts zu tun.
    Was war die Wissenschaft eigentlich für ihn? War sie im Grunde nicht eine Magie der anderen Art? Wenn man ein Kardiogramm nun nicht mit einem elektronischen Gerät, sondern mit dem Geist Napoleons auf einer spiritistischen Sitzung machte oder eine Blutanalyse nicht von einer weiß gekleideten Laborantin vorgenommen würde, sondern von einem Vampirmädchen in schwarzen Fetzen, wenn in den Apotheken anstatt Tabletten gut getrocknete Fledermausflügel und verzauberte Spinnen, die sich als Heilmittel bewährt hatten, verkauft würden? Was würde sich für ihn ändern? Für einen Menschen, der einen Haufen Papier durchsah, den Patienten untersuchte und abtastete und sich dann am Ende auf seine eigenen Hände und sein Skalpell verlassen musste?
    »Verdammt«, rief Viktor inbrünstig aus. »Verdammt!«
    »Siehst du!« Radas Stimme klang triumphierend. »Du fängst an zu verstehen! So geht es allen!«
    Aus der Küche trat eine ältere Frau mit einer reinlichen Schürze und stellte schweigend ein Tablett vor Viktor hin.
»Ich übernehm das schon …« Rada jagte die Alte wieder in die Küche und machte sich daran, Viktor das Essen aufzutischen. »Probier mal die frische Forelle, heute Morgen gefangen. Und sag mir, ob du so was bei euch schon gegessen hast!«
    »Na ja, für einen Klumpen Gold hätte ich so was vermutlich auch bei uns bekommen.«
    »Also hör mal, hier kostet es zwei Silberlinge, mehr nicht«, beruhigte ihn Rada. »Hat das Mädchen dir das Geld dagelassen?«
    Viktor wühlte mechanisch in seinen Taschen. »Ja.«
    »Dann ist alles in Ordnung. Mit dem Geld in dem Säckchen, aus dem du gestern Abend bezahlt hast, kannst du gut und gern ein halbes Jahr hier leben. Natürlich nicht, wenn du bei mir essen willst …« Rada lächelte stolz.
    »Ich habe noch einen Beutel mit Steinen, fast so wie …«
    Rada gab ihm einen Klaps auf die Lippen.
    »Still, Doktor!« Ihre Augen waren ernst und hart geworden. »Warum plauderst du das aus? Suchst du den grimmigen Tod? Dies ist eine friedliche Siedlung, hauptsächlich Waldgehöfte. Aber böse Menschen gibt es überall!«
    Viktor schwieg verlegen.
    »Na gut. Gewöhn dich an alles«, sagte Rada gleichmütig. »Bleib eine Weile hier. Dersi mag keine Beine haben, aber er sorgt im Hotel für Ordnung. Ich garantiere dir, es wird dir gefallen. Wenn du hier bist … dann bedeutet das, dass es dich von der Anderen Seite in die Mittelwelt zog.«
    »Rada, wie kann ich Tel einholen?«
    »Also wirklich! Wozu brauchst du diese Rotznase?«
    In ihren Worten schwang keine Eifersucht mit – Rada empfand für Viktor sicher kaum etwas anderes als eine gewisse
Sympathie -, lediglich das ganz normale weibliche Bedürfnis zu gefallen bewegte sie.
    »Du hast keine Ahnung, was wir hier für Mädchen haben! Komm heute Abend her, dann siehst du es mit eigenen Augen. Wenn du eine Schwäche für Jüngere hast, wird sich schon eine finden. Und manchmal kommen auch Elfenfrauen aus dem Lager vorbei, die von der freizügigeren Sorte. Wer weiß, am Ende gefällst du ihnen.«
    Radas Moralvorstellungen waren offenbar schlicht und schnörkellos … In der festen Überzeugung, dass sie Viktor nun zum Nachdenken gebracht hatte, erhob sie sich und legte ihm freundschaftlich die Hand auf die Schulter. »Und weißt du was … nimm dieses Schwert. Ich kann es ja nicht mal mehr ansehen, ohne mich zu ärgern. Aber

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