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Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow

Titel: Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Pendelschliff ist ein guter, ehrenwerter Schliff. Aber ich hatte um einen Elfenschliff gebeten!«
    »Und da gibt es einen Unterschied?«
    »Und was für einen! Ein Elfenschliff ist viel härter. Die Klinge schneidet leicht, aber sie tanzt ein wenig über den Körper und hinterlässt Ritzwunden.«
    Viktor fuhr zusammen. Als Arzt zeichnete ihm seine Vorstellungskraft ein nicht eben beruhigendes Bild.
    »Das Schwert ist ein Elfenschwert«, fuhr Rada fort. »Deshalb wollte ich, dass es auch entsprechend geschliffen ist.«
    »Und ich dachte, du beschäftigst dich nur mit Kochkunst.«

    »Ich muss mich um Papas Sammlung kümmern, Waffen dürfen nicht einfach so an der Wand verrotten.« Nachdenklich berührte das Mädchen den Griff. »Papa wollte immer Söhne haben. Und dieses Schwert hat er für mich erworben … nun, im Voraus.« Sie blickte Viktor an und sagte dann ohne jede Überleitung: »Du bist irgendwie komisch.«
    Viktor nickte. »Ich weiß.«
    »Möchtest du frühstücken?«
    »Ja, aber ich habe eine Frage … Rada, weißt du, dass Tel – das Mädchen, mit dem ich gekommen bin – heute Morgen abgereist ist?«
    »Ja, das weiß ich.« Rada verstummte und fragte dann mit Anteilnahme: »Habt ihr euch gestritten? Hast du sie mit irgendwas gekränkt?«
    Viktor verschluckte sich an seinem Cocktail und fragte dann zurück: »Glaubst du, dass man sie überhaupt kränken kann?«
    Rada kniff die Augen zusammen. »Nein … eher nicht. Sie strahlt die Kraft aus. Du bist nicht ihre Liga.« Es war zwar demütigend, das zu hören, aber Viktor erhob keine Einwände.
    »Ich will sie einholen.«
    »Wozu?«
    Ja, warum eigentlich? Würde er den Weg zurück wirklich nicht allein finden? Den Weg zu finden war vermutlich nur eine Kleinigkeit, aber er würde auch über jenen Pfad gehen müssen, der in die Welt auf der Anderen Seite zurückführte.
    »Ich muss etwas von ihr wissen.«
    Rada trommelte mit den Fingern auf den Tisch und seufzte. »Nein, so läuft das nicht. Erzähl mir alles ganz ehrlich. Und mach dir keine Sorgen, du kannst mir jedes Geheimnis anvertrauen.«

    Viktor schüttelte zweifelnd den Kopf.
    »Denk nicht, dass ich immer so eine Klatschtante bin. Ich rede gerne über mich. Über Papa. Das Restaurant, über die Schwerter. Aber fremde Geheimnisse gebe ich nie preis.«
    »Ich … bin nicht von dieser Welt. Ich bin von der Anderen Seite.«
    »Also das habe ich auch so schon begriffen.«
    »Was?«
    »Du hast dich immer so merkwürdig umgesehen. Alle, die von der Anderen Seite herkommen, sind am Anfang so.«
    »Kommen denn viele?«
    »Nicht sehr viele. Aber auch nicht wenige. Ein, zwei Neue pro Monat schauen sicher hier vorbei. Einige fahren dann weg, andere bleiben bei uns.«
    »Rada! Ich muss mit einem von ihnen reden.«
    »Nein. Ich hab dir doch gesagt, fremde Geheimnisse wirst du von mir nicht erfahren. Warum willst du bei den Leuten alte Wunden aufreißen?«
    »Aber ich …«
    »Verstehst du es wirklich nicht? Es ist kein Unglück geschehen, du gewöhnst dich dran. Und soweit ich weiß, ist bei euch ohnehin fast alles wie bei uns.«
    »Wie bei euch? Ganz sicher nicht! Bei uns geistern keine Toten rum.«
    »Bist du dir da sicher? Bei uns übrigens auch nicht, sie bleiben hinter der Grauen Grenze.«
    »Und die Elfen?«
    »Was ist mit ihnen? Gibt es bei euch keine Elfen und Gnome? Dafür gibt es doch bei euch angeblich schwarze und gelbe Menschen.«
    Rada ließ Viktor einen Augenblick mit dieser merkwürdigen Analogie zwischen Elfen und Schwarzen allein und
verschwand in der offenen Küchentür. Als sie zurückkam, sagte sie: »Gleich gibt es ein Frühstück.«
    »Aber Rada … das ist nicht meine Welt! Drüben war ich Arzt …«
    »Arzt? Das ist ja großartig! Man wird dich in jeder Stadt mit offenen Armen empfangen. Du kannst auch hier bleiben. Wil ist alt geworden, er bringt die Medikamente durcheinander und hat Angst, einen Darmverschluss zu operieren, und sein Schüler ist ein Taugenichts, der sich mit den jungen Elfen eingelassen hat, er wurde in der Heilmittelabteilung ausgebildet …«
    Viktor ruderte mit den Armen. »Halt, Rada, halt! Ich habe ganz und gar nicht vor, hier eine medizinische Laufbahn einzuschlagen.«
    »Und was dann?«
    Der Mann an dem Tisch in der Ecke rülpste laut, stand auf und ging zum Ausgang. Er war nicht groß, breitschultrig, mit einem groben, faltigen Gesicht und dicken schwarzen Locken, die ihm wild um den Kopf abstanden. Sein Gang war fest und schwer, als wollte er mit jedem Schritt

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