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Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow

Titel: Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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sah zu, wie zielstrebige Feuerzungen das Gebäude erfassten. Sie waren glühend, fast durchsichtig und verzehrten gleichmäßig schnell sowohl Holz, Stein als auch Eisen. Der Kamin stürzte ein – als würde er nach innen gezogen. Und dabei hieß es doch, dass die Schornsteine auf den Brandstätten immer verrußt, aber unversehrt zurückbleiben …
    Ohne noch länger darüber nachzudenken, begann Viktor vom Feuer fortzukriechen. Schneller und schneller, denn die Hitze nahm zu. In dem einstürzenden Gebäude platzte etwas schallend, es zischte, etwas loderte mit vielfarbigen Lichtreflexen auf. Viktor schützte sich mit den Armen gegen die Funkengarben, die wie bei einem Feuerwerk durch die Luft flogen.

    Und dann schien es, als ob ein zarter, vielstimmiger Chor zu ihm durchdrang …
    »Herrscher! Herrscher!«
    Viktor öffnete die Augen und zuckte vor dem erschrocken blickenden Jaroslaw zurück.
    »Sie haben gestöhnt«, erklärte der Junge schüchtern. »Laut. Und … Sie haben sich das Gesicht mit den Händen bedeckt.« Er machte die Bewegung nach.
    »Ich habe geträumt«, sagte Viktor. »Einen schrecklichen Traum. Danke, dass du mich geweckt hast.«
    Und voller Misstrauen gegen seine eigenen Worte blickte er auf seine Hände. Er hatte sich doch an dem Flugzeug geschnitten? Die Wunde hatte zwar nicht geblutet, müsste aber noch zu sehen sein.
    Es war keine Spur vorhanden. Ein Traum. Einfach ein Traum.
    Aber, o Gott, wie schrecklich echt.
     
    Dafür, dass die Winde sich mit derartiger Gewalt in die Freiheit losgerissen hatten, waren die Verluste nicht sehr schwerwiegend. Allerdings fielen Roj und sein Bruder, Solli und der hakennasige Boletus vorerst aus, die beiden Alten vermutlich für längere Zeit, denn in ihrem Alter waren Frakturen und tiefe Erschöpfung nicht mit einfacher Magie zu heilen. Ritor konnte nur auf die unermüdliche Sandra zählen. Ja, und auf den jungen Asmund, den Einzigen, der nicht mal einen Kratzer davongetragen hatte. Im Augenblick der Gefahr hatte sich der Junge sofort zurechtgefunden, hatte eine Luftlinse geschaffen und war, wie man so sagt, mit dem Schrecken davongekommen. Ach, so viel Umsicht hätte er Taniel gewünscht … Ritor verbot sich, an den Jungen zu denken.

    Während in der Stadt die Spuren der Verwüstung beseitigt wurden, versammelte sich der Rat der Luft erneut.
    Ritor beobachtete Sandra. Die Zauberin wiegte ihren unnatürlich verdrehten Arm hin und her, ihre Stirn war schweißbedeckt – der Schmerz drang durch alle Schutzwälle hindurch. Bis zum Abend würde von dem komplizierten Bruch keine Spur mehr zu sehen und zu spüren sein, aber bis dahin musste sie durchhalten.
    Asmund drückte sich wie ein unsichtbares Mäuschen in eine Ecke. Schließlich war er zum ersten Mal bei einer echten Ratsversammlung dabei!
    Diesmal waren nicht nur Magier gekommen. Die Obersten der Ausbilder, ferner Kämpfer, Ärzte, Giftmischer und Handwerksmeister. Ritors Bruder Kan war ebenfalls anwesend; heute hatte er alle Hände voll zu tun.
    Der Ratssaal war vollkommen unversehrt. Kein noch so gewalttätiges Element konnte die Schutzformeln erschüttern, die schon die Begründer in seine Mauern gewirkt hatten; jene Neuankömmlinge, die als Erste aus dem Nebel des Heißen Meeres an den Gestaden des Warmen Ufers gelandet waren. Wie schon zuvor gab es hier keinen Tropfen Wasser, kein Staubkörnchen und nicht den leisesten Widerschein eines Feuers. Hier herrschte nur die bewegungslose, in konzentrierter Ruhe verharrende Luft.
    Fast vierzig Augenpaare blickten Ritor an.
    »Brüder«, der Zauberer erhob sich, »zuallererst und vor allen Dingen lasst uns unsere verehrten Magier Roj und Gaj preisen, ebenso wie unsere hochgeschätzten Gefährten Eduljus und Solli. Sie gaben alles, damit unsere Sache von Erfolg gekrönt wäre.« Ritor liebte derartige Zeremonien nicht, hier offenbarte seine Beredsamkeit Schwächen, aber daran war nun nichts zu ändern. »Die Hälfte, ja sogar zwei
Drittel der Aufgabe sind erfüllt. Wir haben den Drachentöter gefunden.«
    Durch den Saal lief ein kurzes, beherrschtes Aufseufzen. Ritor blickte in die angespannten Gesichter – nein, bei keinem konnte er so etwas wie versteckte Freude wahrnehmen. Er hoffte von Herzen, dass man ihn wenigstens in seinem eigenen Clan nicht betrog.
    »Der Drachentöter ist dort erschienen, wo man mit ihm rechnen musste, nämlich im fernen Norden, bei der Grauen Grenze. Von nun an werden wir ihm immer auf den Fersen sein. Wir müssen ihn zu fassen

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