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Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow

Titel: Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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kommen? – saugten gierig das Blut des Kindes auf.
    Zwei Verfolger standen über dem Leichnam. Mit gezückten Schwertern, denn sie hatten begriffen, dass man im Kampf gegen die Wächter der Grauen Grenze gewöhnliche Waffen gebrauchen musste. Ein dritter saß auf dem Boden und hielt sich die schwer getroffene Schulter, rote Rinnsale quollen zwischen seinen Fingern hervor. Die Mörder, in deren Händen sich bereits Wasserpeitschen wanden, drehten sich nun wieder Viktor zu.
    Hinter ihm begann Gotor sich zu regen. Und das Signal zur Abfahrt des Zuges ertönte. Wenn diese Typen nun wie beim letzten Mal wieder keine Fahrkarten hätten …
    Viktor drehte sich um und rannte los, dabei rechnete er jede Sekunde mit einem reißenden Schmerz. Er vermutete, dass sich die Peitschen auf seinen Schultern anfühlen würden, als fiele man in eine Kreissäge.

    Im letzten Moment kam ihm ein Abenteuerfilm in den Sinn, und er sprang, für seine Verhältnisse ziemlich gewandt, in die Luft und gleichzeitig zur Seite. Es gelang ihm nicht allzu gut, aber die biegsame Wasserrute ging knapp an seinem Kopf vorbei nieder, und eiskalte Wassertropfen spritzten ihm ins Gesicht.
    Die Treppe war schon ganz nah. Er sprang wieder und blickte sich sogar noch einmal um, nicht aus Dreistigkeit, sondern mit todesverachtender Selbstüberschätzung.
    Zwei hoben Gotor hoch. Der Dritte stand mühsam auf und schleppte sich hinterher. In seiner Hand hielt er wie einen Fächer einige Kartonvierecke, als wollte er Karten spielen. Gotor hatte also daran gedacht, Karten zu kaufen.
    Viktor wurde kalt. Jetzt gab es keine Rettung mehr.
    Der Zug setzte sich in Bewegung. Erst noch ganz langsam. Zwei seiner Verfolger waren schon an der Treppe. Der dritte hielt dem Gnom mit schmerzverzerrtem Gesicht die Fahrkarten hin.
    »Aber bitte ohne Prügeleien in meinem Waggon, werte Herrschaften«, sagte der Gnom voller Abscheu, und Viktor, der schon bereitstand, um dem Ersten, der hinaufkletterte, einen ordentlichen Stoß zu versetzen, wich unwillkürlich zurück. Aber zum Glück wirkte der selbstbewusste Tonfall des Gnoms nicht nur bei ihm.
    »Wir wissen Bescheid, Höhlenwurm!«, zischte Gotor wütend. »Wir haben … Fahrkarten. Zeig … uns unser Abteil.«
    »Bitte folgen Sie mir«, erwiderte der Gnom gleichgültig. Viktor wich rückwärts durch den engen Gang zurück, er hatte nicht die Kraft, seinen Jägern den Rücken zuzuwenden.
    Aber keiner machte Anstalten, ihn anzugreifen. Mit stechenden Blicken durchbohrten sie ihn, hielten aber still.

    »Bitte, das Abteil.« Wieder ertönte die knarrende Stimme des Gnoms.
    Direkt neben Viktors Abteil.
    »Ich bitte die Herrschaften nachdrücklich darum, von einer Klärung der Verhältnisse abzusehen.« Wieder sprach der Gnom.
    Gotor warf ihm einen verächtlichen Blick zu und zog sich mit den anderen ins Abteil zurück; die Tür wurde mit einem Knall zugezogen.
    »Wollen Sie im Gang stehen bleiben? Oder ziehen Sie sich auch zurück?«
    Viktor stolperte halb bewusstlos in sein Abteil. Schloss die Tür und schob den wackeligen Riegel vor. Seine Hände zitterten wie die eines langjährigen Alkoholikers.
    Schluss aus. Sie hatten ihn aufgespürt. Ihn erwischt. In die Ecke gedrängt. Von hier konnte er nirgendwo hin mehr flüchten, höchstens aus dem Fenster springen.
    Der Zug nahm verdächtig schnell Tempo auf.
    Viktor saß da und blickte wie gebannt auf die gegenüberliegende Wand. Ihm schien, dass sie jeden Augenblick von einem reißenden Wasserstrahl aufgetrennt werden würde, einem Wasserstrahl so wirkungsvoll wie ein Laserschwert. Vor dem Fenster flog die herbstliche Landschaft vorbei; Viktor fühlte sich wie in einem Käfig.
    Würde der mächtige Magier mit seinen Kämpfern hier im Zug wirklich nicht angreifen? Hatten die Worte des Gnoms tatsächlich eine Bedeutung für diese Leute? Oder warteten sie vielleicht auf irgendetwas? Aber auf was?
    Ja. Alles hatte mit einer defekten Sicherung angefangen. Und es endete damit, dass er vor unangenehm echten, bösen Zauberern Reißaus nehmen musste.
    Und Tel war irgendwohin verschwunden …

    Wie ging es weiter? Sollte er sitzen bleiben und warten, bis Gotor nebenan genug davon hatte und ihn kurzerhand erledigen würde?
    »Warum konntest du deinen treuen Diener nicht schützen?«, ertönte die spöttische Stimme des Wassermagiers. In diesem prächtigen Waggon waren die Wände ja wohl kaum so dünn, dass die Geräusche im Nachbarabteil unmittelbar zu hören waren. Vermutlich hatte der Magier zu

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