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Drachenreiter

Titel: Drachenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Funke
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Wiesengrund richtete sich mit einem Seufzer wieder auf. »Allerdings behauptet Guinever«, er kratzte sich den Kopf und blickte hinauf zu den dunklen Klosterfenstern, »ehrlich gesagt, ich weiß gar nicht, ob ich euch das erzählen soll ...«
    »Was behauptet sie?«, fragte Ben. Fliegenbein lehnte sich gähnend an seine Wange.
    »Guinever ...«, der Professor räusperte sich, »Guinever behauptet, Nesselbrand gesehen zu haben.«
    »Wo?«, rief Schwefelfell. Fliegenbein hörte vor Schreck auf zu gähnen. Lung und Ben wechselten besorgte Blicke.
    »Was gibt's?« Lola drängte sich zwischen den langen Beinen hindurch und blickte neugierig von einem zum anderen.
    »Uns verfolgt jemand!«, knurrte Schwefelfell. »Wir dachten, wir wären ihn los. Aber vielleicht haben wir uns geirrt.«
    »Wie wäre es mit einem kleinen Erkundungsflug?«, fragte Lola hilfsbereit. »Sagt mir, wie euer Verfolger aussieht und wo etwa er sich herumtreiben könnte, dann bin ich schon weg.«
    »Das würdest du tun?«, fragte Lung.
    »Aber sicher.« Die Ratte strich sich über die Ohren. »Mach ich gern. Ist mal was anderes, als für Onkelchen blöde Berge und langweilige Täler auszumessen. Also, wonach soll ich mich umgucken? Kobold, Mensch, Drache oder vielleicht so was wie der Kleine? Homikelpus oder so ähnlich?«
    Lung schüttelte den Kopf. »Es ist ein Drache«, antwortete er. »Viel größer als ich. Mit Schuppen aus Gold ...«
    »Er hat einen Steinzwerg dabei«, fügte Barnabas Wiesengrund hinzu. »Einen Zwerg mit einem viel zu großen Hut. Meine Tochter glaubt, die beiden im Fluss gesehen zu haben, westlich der großen Hängebrücke, da, wo die Straße von einem Erdrutsch verschüttet ist.«
    »Kenn ich, kenn ich«, sagte Lola Grauschwanz lässig. »Werd gleich losschwirren und mich umsehen.«
    Wie der Blitz war die dicke Ratte wieder in ihrem Flugzeug. Der Motor schnurrte los und die kleine Maschine schoss hinauf in den sternklaren Himmel. Bald war sie sogar für Schwefelfells scharfe Augen verschwunden.
    »Ein flinkes Mädchen«, sagte der Professor bewundernd. »Es beruhigt mich sehr, dass sie sich ein bisschen für uns umsieht. Woher kennt ihr sie?«
    »Och, diese Ratten sind überall«, antwortete Schwefelfell und sah sich um. »Man braucht bloß zu warten, schon läuft einem eine über den Weg.«
    »Sie ist die Nichte der Ratte, die uns die Karte verkauft hat«, erklärte Ben. »Ihr Onkel hat sie hergeschickt, um noch ein paar weiße Stellen in den Bergen zu vermessen.« Er sah den Professor an. »Lola behauptet, dass es den Saum des Himmels nicht gibt.
    Barnabas Wiesengrund erwiderte nachdenklich Bens Blick.
    »Sagt sie das? Nun, ich würde an deiner Stelle zunächst nur dem trauen, was der Dschinn dir gezeigt hat. Mit der Enträtselung seiner Anweisungen werden wir uns jetzt gleich beschäftigen. Komm!« Er legte Ben den Arm um die Schultern und führte ihn auf die große Treppe zu, die zum Haupthaus des Klosters hinaufführte. »Ich will euch jemanden vorstellen. Ich habe ihm alles von eurer Suche erzählt und er erwartet euch schon lange.« Lung und Schwefelfell folgten den beiden die vielen Stufen hinauf.
    »Dies ist der Dükhang«, erklärte Barnabas Wiesengrund, als sie vor der schweren Eingangstür standen. Sie war mit fremdartigen Gestalten bemalt und der Türgriff war kunstvoll geschmiedet. »Es ist die Gebets- und Versammlungshalle der Mönche. Aber denkt nicht, dass es hier so zugeht wie in unseren Kirchen. Hier wird viel gelacht, es ist ein fröhlicher Ort.« Dann stieß er die schwere Tür auf.
    Die Halle, in die sie traten, war so hoch, dass selbst Lung aufrecht darin stehen konnte. Es war dunkel, aber unzählige Lampen brannten flackernd in dem großen Raum. Hohe Säulen trugen die Decke. Die Wände waren bemalt und zwischen Regalen voller uralter Bücher hingen große Bilder. Sie waren so bunt und fremdartig, dass Ben am liebsten vor jedem stehen geblieben wäre. Aber der Professor führte sie weiter. Zwischen den Säulen waren niedrige Sitzreihen. In der vordersten wartete ein kleiner Mann mit kurz geschorenem grauen Haar auf sie. Er trug ein leuchtend rotes Gewand und lächelte, als der Professor und Ben auf ihn zukamen.
    Lung folgte zögernd. Zum zweiten Mal in seinem Leben betrat er ein Menschenhaus. Das Licht der tausend Lämpchen ließ seine Schuppen schillern. Seine Krallen schabten über den Boden und sein Schwanz schleifte mit leisem Rascheln hinter ihm her. Schwefelfell blieb dicht neben ihm, die Pfote

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