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Drachenreiter

Titel: Drachenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Funke
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Schwefelfell klammerten sich verzweifelt an Lungs Zacken. Zum Glück hatte auch Schwefelfell sich festgebunden. Ohne die Riemen wären sie von Lungs Rücken gerutscht und in die Tiefe gestürzt. Regen peitschte aus den Wolkenbergen auf sie herab. Bald waren die Zacken des Drachen so glitschig, dass ihre Hände nirgendwo mehr Halt fanden und Schwefelfell sich an Bens Rücken klammerte. Unter ihnen schäumte das Meer. Ein paar Inseln lagen zwischen den Wellen, sonst war kein Land in Sicht.
    »Ich glaub, wir treiben auf die ägyptische Küste zu!«, schrie Ben.
    Schwefelfell klammerte sich noch fester an ihn. »Küste?«, rief sie. »Küste ist gut, egal welche. Hauptsache, wir landen nicht in der Suppe da unten.«
    Die Sonne ging auf, aber sie war nur ein blasses Licht hinter den dunklen Wolken. Lung kämpfte. Der Sturm drückte ihn immer wieder auf die Wellen zu, so tief, dass die Gischt Ben und Schwefelfell ins Gesicht spritzte.
    »Sagt deine schlaue Karte auch was über das Wetter?«, rief Schwefelfell Ben zu.
    Sein Haar war klitschnass. Seine Ohren schmerzten vom Gebrüll des Sturms. Er sah, dass Lung die Flügel immer schwerer wurden. »Die Küste«, rief er. »Die Küste, auf die der Sturm uns zutreibt ...« Er wischte sich das Wasser aus den Augen. »Die ist voll mit gelben Stellen. Es wimmelt nur so davon!«
    Unter ihnen tanzte ein Schiff wie ein Korken auf dem schäumenden Wasser. Dann tauchte plötzlich ein Küstenstreifen aus dem Dunst auf.
    »Da!«, schrie Ben. »Da vorne ist Land, Lung. Schaffst du es dahin?« Mit letzter Kraft stemmte der Drache sich gegen den Wind und näherte sich langsam, ganz langsam dem rettenden Ufer. Unter ihnen peitschte das Meer gegen niedrige Klippen. Palmen bogen sich im Wind.
    »Wir schaffen es!«, schrie Schwefelfell und bohrte ihre kleinen Krallen durch Bens Pullover. »Wir schaffen es!«
    Zwischen den Wolkenfetzen sah Ben die Sonne höher steigen. Der Himmel hellte langsam auf. Der Sturm schwächte ab, als lege er sich mit dem aufziehenden Tag schlafen. Mit ein paar letzten Flügelschlägen ließ der Drache das Meer hinter sich, sank tiefer und landete erschöpft in feinem, weichem Sand. Ben und Schwefelfell knoteten die feuchten Riemen auf und rutschten von Lungs Rücken. Der Drache hatte den Kopf in den Sand gelegt und die Augen geschlossen.
    »Lung!«, zischte Schwefelfell. »Lung, steh auf. Wir müssen ein Versteck suchen. Hier wird es bald so hell wie in einem Feenhügel.«
    Ben stand neben ihr und guckte sich besorgt um. Nur einen Steinwurf entfernt säumten Palmen das Ufer eines ausgetrockneten Flussbetts. Ihre Wedel rauschten im Wind. Dahinter stieg das Land an. Sandbedeckte Hügel erhoben sich und zwischen ihnen lagen im Morgenlicht zerfallene Säulen, Mauerreste - und ein großes Zeltlager.
    Kein Zweifel, dahinten waren Menschen.
    »Schnell, Lung!«, drängte Schwefelfell, als der Drache sich müde erhob. »Da rüber, auf die Palmen zu.«
    Sie liefen durch den Sand, durchquerten das ausgetrocknete Flussbett und kletterten den felsigen Uferhang hoch, auf dem die Palmen wuchsen. Sie standen dicht genug um Lung fürs Erste vor neugierigen Blicken zu schützen, aber als Versteck für den ganzen Tag taugte der Ort wenig.
    »Vielleicht finden wir bei den Hügeln etwas«, sagte Ben. »Eine Höhle oder einen dunklen Winkel zwischen den Ruinen.« Er zog die Karte der Ratte aus der Hosentasche, aber sie war so durchnässt, dass sie sich nicht auseinander falten ließ. »Mist!«, murmelte er. »Wir müssen sie in der Sonne trocknen, sonst ist sie hin.«
    »Was ist mit den Menschen?«, fragte Schwefelfell. »Dahinten wimmelt es nur so von ihnen.« Beunruhigt blickte sie zwischen den Palmen hindurch auf das ferne Zeltlager. »Das sind doch Menschen, oder? Ich hab noch nie gesehen, dass sie zu so vielen in Stoffhäusern hausen.«
    »Ich glaub, das ist ein Zeltlager von Archäologen«, sagte Ben. »Ich hab mal so was in einem Film gesehen. Sah ganz ähnlich aus.«
    »Archälowas?«, fragte Schwefelfell. »Ist das eine besonders gefährliche Sorte von Menschen?«
    Ben lachte. »Nein. Die graben alte Tempel und Vasen und so was aus.«
    »Warum denn?«, fragte Schwefelfell. Sie krauste die Nase. »Das Zeug ist doch bestimmt längst kaputt. Wozu graben sie es dann aus?«
    Ben zuckte die Achseln. »Aus Neugier. Um zu sehen wie die Menschen früher gelebt haben, weißt du?«
    »Aha«, sagte Schwefelfell. »Und was machen sie dann? Reparieren sie die Häuser und Vasen und all das

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