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Drachenreiter

Titel: Drachenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Funke
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Pfotenabdrücke waren kaum noch zu erkennen zwischen all den Menschenstiefeln, die hier herumgetrampelt waren. Mit klopfendem Herzen richtete Ben sich wieder auf. Ein Stück entfernt hatte ein Auto gestanden. Die Stiefelspuren führten dorthin. Schwefelfells Pfotenabdrücke aber tauchten nirgendwo wieder auf.
    »Sie haben sie mitgenommen«, murmelte Ben. »Diese gemeinen Kerle haben sie einfach mitgenommen.« Die Reifenspuren führten geradewegs zum Zeltlager. Im Laufschritt machte Ben sich auf den Weg.

    GEFANGEN  
     
     
    Kaum ein Mensch war zwischen den großen Zelten zu sehen, als Ben sich in das Lager schlich. Die meisten waren schon bei den Ruinen, wo sie in der Morgenhitze uralte Mauern vom Sand befreiten und dabei von geheimen Grabkammern träumten, in denen Mumien schliefen. Sehnsüchtig lugte Ben zwischen den Zelten hindurch, dorthin, wo, von Seilen umspannt, das Ausgrabungsgelände lag. Wie aufregend musste es sein, eine der zerfallenen Treppen hinabzusteigen, von deren Stufen die Archäologen den Wüstensand kratzten.
    Das Geräusch aufgeregter Stimmen schreckte Ben aus seinen Träumen. Vorsichtig folgte er dem Lärm, schlich durch die schmalen Gassen zwischen den Zelten, bis er plötzlich auf einen Platz kam. Männer in langen, wallenden Gewändern und einige mit Tropenhelmen drängten sich um etwas, das in der Mitte des Platzes stand, im Schatten einer großen Dattelpalme. Einige fuchtelten mit den Armen, andere schienen völlig sprachlos zu sein. Ben drängte sich durch das Getümmel, bis er sah, worüber sie sich so aufregten. Unter der Palme waren Käfige gestapelt, große und kleine. In einigen waren Hühner, in einem anderen steckte ein unglücklich dreinblickender Affe. Im größten aber hockte Schwefelfell. Sie hatte den glotzenden Menschen den Rücken zugekehrt, aber Ben erkannte sie sofort.
    Die Männer um ihn herum redeten in verschiedenen Sprachen aufeinander ein, Englisch, Französisch, aber Ben konnte auch ein paar Brocken aufschnappen, die er verstand.
    »Ich halte das für eine Affenmutation«, sagte ein Mann mit dicker Nase und fliehendem Kinn. »Kein Zweifel.«
    »Also ich habe da Zweifel, Professor Schwertling«, widersprach ein großer, dünner Mann, der direkt neben Ben stand.
    Professor Schwertling stöhnte und blickte anklagend zum Himmel. »O bitte. Kommen Sie mir jetzt nicht wieder mit Ihren Fabelwesen, Wiesengrund.«
    Aber Professor Wiesengrund lächelte nur. »Lieber Kollege, was Sie da gefangen haben«, sagte er mit sanfter Stimme, »ist ein Kobold. Ein Gefleckter Waldkobold, um genauer zu sein - was sehr erstaunlich ist, da diese Art hauptsächlich im Norden Schottlands zu finden ist.«
    Erstaunt guckte Ben ihn an. Wie konnte er das wissen? Schwefelfell hatte das Gespräch offenbar auch belauscht, denn Ben sah, wie sie die Ohren spitzte. Professor Schwertling aber schüttelte nur spöttisch den Kopf.
    »Wie können Sie sich nur so pausenlos zum Narren machen, Wiesengrund?«, fragte er. »Sie sind doch auch Wissenschaftler. Professor der Archäologie, Doktor der Geschichte, der alten Sprachen und ich weiß nicht, was noch alles. Und trotzdem geben Sie so lächerliche Dinge von sich.«
    »Oh, ich finde, die andern machen sich zum Narren«, antwortete Professor Wiesengrund. »Ein Affe, ich bitte Sie. Haben Sie schon einmal so einen Affen gesehen?«
    Schwefelfell drehte sich mit grimmiger Miene zu den beiden um.
    »Wulstlinge!«, fauchte sie. »Natternstielige Schleimfüße!«
    Erschrocken fuhr Professor Schwertling zurück. »Du meine Güte! Was sind das denn für seltsame Geräusche?«
    »Er beschimpft Sie, hören Sie das nicht?« Professor Wiesengrund lächelte. »Er gibt Ihnen Pilznamen. Mit Pilzen kennt er sich aus! Wulstlinge, Schleimfüße, Stinkschirmlinge. Wahrscheinlich alles Sorten, die Übelkeit hervorrufen, und genau die verursachen wir bei ihm sicherlich auch. Es ist eine scheußliche menschliche Anmaßung, andere Lebewesen zu fangen und einzusperren.«
    Professor Schwertling schüttelte nur missbilligend den Kopf und schob den Bauch noch etwas näher an die Käfige heran.
    Ben versuchte Schwefelfell unauffällig ein Zeichen zu geben, aber sie war viel zu sehr damit beschäftigt, vor sich hin zu schimpfen und an den Gitterstäben zu rütteln. Zwischen all den großen Menschen bemerkte sie Ben nicht.
    »Und was ist das da für ein Wesen, Kollege?«, fragte Professor Schwertling und zeigte auf einen Käfig, der neben dem von Schwefelfell stand.
    Ben riss

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