Drachenreiter
am Strand und gucken sich das an, was du von Lungs Spuren übrig gelassen hast«, murmelte Ben. »Au, verflixt, das Ding hier ist hartnäckig.«
»Entschuldigung!«, sagte plötzlich jemand mit zögernder Stimme. »Wenn Ihr mich befreit, könnte ich Euch behilflich sein.« Überrascht drehten Ben und Schwefelfell sich um.
Der Homunkulus stand am Gitter seines Käfigs und lächelte sie an.
»Das Schloss an meinem Gefängnis ist leicht zu öffnen, soweit ich das beurteilen kann«, sagte er. »Wegen meiner Größe hielt man ein einfaches Schloss wohl für ausreichend.«
Ben warf einen Blick auf das Schloss und nickte. »Stimmt«, sagte er. »Das Ding ist ein Klacks.« Er nahm sein Messer und setzte es an, als Schwefelfell durchs Gitter nach seinem Ärmel griff.
»He, warte mal, nicht so schnell«, zischte sie. »Wir wissen doch gar nicht, was das für ein Kerl ist.«
»Ach, Blödsinn.« Ben schüttelte spöttisch den Kopf. Mit einem Ruck knackte er das Käfigschloss, öffnete die kleine Gittertür und hob das Männlein heraus.
»Untertänigsten Dank!«, sagte der Winzling und verbeugte sich vor dem Jungen. »Hebt mich bitte vor das Schloss, ja? Ich werde sehen, was ich für diesen übellaunigen Kobold tun kann.«
Schwefelfell warf ihm einen düsteren Blick zu.
»Wie heißt du?«, fragte Ben neugierig.
»Fliegenbein!«, antwortete der kleine Mann. Er steckte die dünnen Fingerchen in das Käfigschloss und machte die Augen zu.
»Fliegenbein!«, brummte Schwefelfell. »Na, das passt ja.«
»Ich bitte um Ruhe!«, sagte Fliegenbein, ohne die Augen zu öffnen. »Ich weiß, ihr Kobolde schwatzt gern, aber das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.«
Schwefelfell kniff die Lippen zusammen. Ben sah sich um. Er hörte Stimmen. Noch weit entfernt, aber sie kamen näher. »Schnell, Fliegenbein!«, rief er dem Homunkulus zu. »Da kommt jemand.«
»Gleich hab ich es«, antwortete Fliegenbein. Das Schloss knackte. Mit zufriedenem Lächeln zog der kleine Mann die Finger aus dem Schloss. Ben hob ihn schnell auf die Schulter und öffnete Schwefelfell die Käfigtür. Schimpfend sprang sie in den staubigen Sand.
»Fliegenbein«, Ben trug den Homunkulus zu dem Käfig, in dem der traurige Affe saß. »Kannst du sein Schloss auch noch knacken?«
»Wenn Ihr wünscht«, sagte der Homunkulus und machte sich ans Werk.
»Was tut er denn da?«, zischte Schwefelfell. »Seid ihr verrückt geworden? Wir müssen weg.«
Der Affe schnatterte aufgeregt und wich in die hinterste Ecke seines Käfigs zurück.
»Aber wir können den Affen doch nicht hier lassen«, sagte Ben.
Knacks, Ben öffnete die Käfigtür und der Affe suchte mit ein paar hastigen Sätzen das Weite.
»Komm jetzt endlich!«, zeterte Schwefelfell.
Aber Ben öffnete auch noch die Hühnerkäfige. Zum Glück hatten die keine Schlösser, sondern nur Riegel. Fliegenbein hockte auf Bens Schulter und sah dem Jungen erstaunt zu. Die Stimmen kamen näher, immer näher.
»Bin gleich fertig!«, rief Ben und öffnete den letzten Käfig. Verdutzt streckte ihm ein Huhn den mageren Hals entgegen.
»Wie kommen wir hier weg?«, rief Schwefelfell. »Schnell, sag schon, in welche Richtung müssen wir?«
Ben guckte sich ratlos um. »Verdammt, ich hab vergessen, woher ich gekommen bin!«, stöhnte er. »Diese Zelte sehen alle gleich aus.«
»Sie sind bald hier!« Schwefelfell zerrte an seinem Ärmel. »Wo ist der Ausgang?«
Ben biss sich auf die Lippen. »Egal«, stieß er hervor. »Die Stimmen kommen aus der Richtung, also nehmen wir die entgegengesetzte.«
Er griff nach Schwefelfells Pfote und zog sie hinter sich her. Kaum waren sie zwischen den Zelten verschwunden, da brach hinter ihnen das Geschrei los.
Ben lief nach rechts, dann nach links, aber von überall her kamen ihnen Menschen entgegen. Sie griffen nach ihnen, warfen sich ihnen in den Weg. Nur dem Homunkulus hatten Ben und Schwefelfell es zu verdanken, dass sie trotzdem entkamen. Flink wie ein Käfer kletterte er auf Bens Kopf, hockte da oben wie ein Kapitän auf seinem schwankenden Schiff und lotste sie mit schrillen Kommandos aus dem Lager.
Erst in sicherer Entfernung von den Zelten liefen sie langsamer, schlugen sich durchs Dornengestrüpp und versteckten sich. Ein paar Eidechsen huschten erschrocken davon, als Schwefelfell und Ben sich keuchend auf die Erde fallen ließen. Fliegenbein kletterte aus Bens Haaren und setzte sich mit zufriedener Miene neben den Jungen in den Sand.
»Alle Achtung«, sagte er, »flinke
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