Drachenreiter
landen.«
Wie ein Schatten glitt der Drache in die Tiefe. Palmenblätter wischten Ben übers Gesicht, als Lung durch das grüne Dach der Bäume brach. Der Drache schlug ein paar Mal kräftig mit den Flügeln und landete sacht am Ufer eines Flusses, der träge dahinfloss. Sonnenstrahlen fielen aufs Wasser. Ben sah nach oben. Der Himmel schien unendlich weit entfernt. Um sie herum zischte und zirpte, grunzte und krächzte es zwischen tausend Blättern. Die Luft war schwül und feucht und über dem Fluss schwirrten Schwärme von Mücken.
»Horngrauer Rübling!« Schwefelfell stieg von Lungs Rücken und versank bis zur Brust in Schlingpflanzen. »Wie sollen wir denn in diesem Urwald irgendwas finden?« Unbehaglich blickte sie sich um.
»Indem wir anfangen zu suchen«, antwortete Lung und bahnte sich einen Weg durch das Dickicht.
»He, he, warte mal!« Schwefelfell klammerte sich an seinem Schwanz fest. »Du hast gut reden! Du versinkst nicht bis ans Kinn in diesen Blättern. Hm!« Sie biss probeweise in eins hinein. »Die schmecken köstlich. Absolut köstlich.«
»Willst du auf meinen Rücken steigen?«, fragte Lung und drehte sich zu ihr um.
»Nein, nein!« Schwefelfell winkte ab. »Ist schon gut. Werd ich mich eben durchschlagen. Hm. Wirklich.« Sie rupfte ein Blatt nach dem anderen ab und stopfte es in ihren Rucksack. »Diese Blätter sind zu köstlich.«
Ben setzte sich Fliegenbein auf die Schulter und grinste.
»Schwefelfell«, sagte Lung und sein Schwanz peitschte ungeduldig hin und her. »Komm jetzt endlich. Deinen Proviant kannst du suchen, wenn wir den Dschinn gefunden haben.« Er drehte sich um. Ben folgte ihm. Schon bald waren die zwei zwischen den Bäumen verschwunden.
»So eine Gemeinheit!«, schimpfte Schwefelfell, während sie hinterherstapfte. »Als ob dieser Dschinn nicht noch fünf Minuten warten kann. Ich leb nun mal nicht nur vom Mondlicht. Will er, dass ich irgendwann verhungert von seinem Rücken falle?«
Lung bahnte sich seinen Weg am Fluss entlang. Je weiter sie kamen, desto enger wurde die Schlucht. Schließlich versperrte eine riesige umgestürzte Palme dem Drachen den Weg. Ihre Wurzeln ragten struppig in die Luft. Der lange Stamm aber ruhte auf ein paar großen Felsbrocken im Fluss, so dass er wie eine Brücke über dem Wasser lag.
»Warte mal!« Ben setzte Fliegenbein auf Lungs Schwanz, kletterte auf den Stamm der umgestürzten Palme und lief ein Stück darauf entlang.
»Seht mal!«, rief er und zeigte hinüber ans andere Ufer. »Da, zwischen den roten Blumen.«
Lung machte einen Schritt ins Wasser und reckte den Hals. Ja, da stand es. Ein großes graues Auto, überwuchert von Schlingpflanzen, bedeckt mit herabgefallenen Blüten und Eidechsen, die sich auf der Haube sonnten.
Ben balancierte über den Palmenstamm und sprang ans andere Ufer. Der Drache watete mit Schwefelfell und Fliegenbein durch das flache Wasser und blieb dann abwartend am Ufer stehen. Ben schob die Schlingpflanzen zur Seite und lugte vorsichtig in das Innere des Autos. Eine große Eidechse saß auf dem Vordersitz und fauchte ihn an, als er durchs Seitenfenster guckte. Erschrocken fuhr Ben zurück. Die Eidechse verschwand mit einem Satz zwischen den Sitzen.
»Es sind keine Scheiben drin«, rief Ben leise. »Genau, wie der Professor gesagt hat.«
Vorsichtig steckte er noch einmal den Kopf durch das Autofenster. Von der Eidechse war nichts mehr zu sehen, aber auf dem Rücksitz ringelten sich zwei Schlangen. Ben kniff die Lippen zusammen, streckte die Hand durchs Fenster - und drückte auf die Hupe. Dann sprang er schnell zurück.
Schwärme von Vögeln flogen kreischend auf. Die Eidechsen huschten von dem heißen Autoblech und verschwanden unter den Schlingpflanzen. Wieder war alles still.
Ben trat vorsichtig zurück. Siebzehn Schritte entfernt von dem Wagen sollten sie warten, hatte der Professor gesagt. Ben zählte seine Schritte. Eins ... zwei ... drei ... vier ... Siebzehn Schritte waren viel. Er machte sie extra nicht allzu groß. Nach dem siebzehnten setzte er sich auf einen Stein und wartete. Lung legte sich hinter ihm zwischen Blüten und Blätter. Schwefelfell und Fliegenbein setzten sich auf seine Tatzen. Gebannt blickten sie alle auf das Auto.
Asif ließ nicht lange auf sich warten.
Bläulicher Rauch stieg aus den Autofenstern, stieg höher und höher, bis Ben den Kopf in den Nacken legen musste, um die Rauchsäule hinaufzusehen. Zwischen den Wipfeln der Palmen ballten die Rauchfahnen sich
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