Drachenreiter
Augen tränten von der Hitze, aber sein Panzer war immer noch kalt wie Eis, obwohl die Sonne erbarmungslos vom Himmel brannte.
»Vielleicht hat dieser Dschinn gelogen!«, rief Kiesbart. Ohne Pause fegte er den Sand von Nesselbrands goldenen Schuppen, aber der Wüstenwind war schneller, viel schneller als er. Nesselbrands Gelenke knirschten und knarrten, als wären sie seit Wochen nicht geölt worden.
»Vielleicht, vielleicht!«, knurrte Nesselbrand. »Vielleicht hat dieser Schwachkopf von Homunkulus auch alles falsch verstanden.«
Er starrte zu der brennenden Sonne hoch. Über ihnen kreisten Geier am Himmel. Nesselbrand öffnete den Rachen und blies seinen stinkenden Atem zu ihnen hinauf. Wie vom Blitz getroffen stürzten sie herab und landeten in Nesselbrands aufgesperrtem Maul. »Nichts als Kamele und Geier!«, schmatzte er. »Wann findet sich hier endlich etwas Schmackhaftes zu fressen?«
»Euer Goldheit?« Kiesbart zupfte ein paar Geierfedern zwischen Nesselbrands Zähnen hervor. »Ich weiß, Ihr traut dem Spinnenbein, aber«, er wischte sich den Schweiß von der Nase, »was wäre, wenn ...«
»Was?«, fragte Nesselbrand.
Der Steinzwerg rückte sich den Hut zurecht. »Ich denke, dieses gipsbleiche Spinnenbein hat Euch angelogen«, sagte er mit wichtiger Miene. »Jawohl, das denk ich.«
Nesselbrand blieb stehen wie vom Donner gerührt. »Was?«
»Jede Wette.« Kiesbart spuckte in seinen Lappen. »Er klang seltsam bei seinem letzten Bericht.«
»Unsinn!« Nesselbrand schüttelte sich den Sand von den Schuppen und stapfte weiter. »Das würde dieses Spinnenbein nie wagen. Er ist ein Angsthase. Er macht, was ich sage, seit er auf die Welt gekrochen ist. Nein, er hat irgendwas falsch verstanden mit seinem Fliegengehirn, das ist es.«
»Wie Ihr meint, Euer Goldheit!«, brummte der Zwerg in seinen Bart. Mit grimmiger Miene fing er wieder an zu polieren. »Ihr habt ja immer Recht, Euer Goldheit. Wenn Ihr sagt, er traut sich nicht, dann traut er sich nicht. Und wir schwitzen weiter in der Wüste.«
»Sei still.« Nesselbrand knirschte mit den Zähnen und sah sich um. »Auf jeden Fall war er der bessere Panzerputzer. Du vergisst ständig, meine Krallen zu schneiden. Und meine Heldentaten kannst du mir auch nicht erzählen.«
In einer riesigen Staubwolke rutschte er die Dünen hinunter. Winzige Irrlichter umschwirrten ihn wie Mücken und zirpten Nesselbrand mit ihren Stimmchen tausend Wege zu, die ihn aus der Wüste führen sollten. Kiesbart hatte alle Hände voll damit zu tun, sie vom Kopf seines goldenen Meisters zu scheuchen.
»He, feg mir nicht ständig in die Augen, Panzerputzer«, grunzte Nesselbrand und verschluckte ein Dutzend Irrlichter, die ihm leichtsinnigerweise in den Rachen geschwirrt waren. »Wie soll ich bei deinem ständigen Herumgefuchtel sehen, ob es in dieser verdammten Wüste nicht doch irgendwo Wasser gibt?«
Er blieb wieder stehen und starrte blinzelnd über den Sand, der sich wie ein gelbes Meer bis zum Horizont erstreckte. »Aaarrr, ich könnte aus dem Panzer fahren vor Zorn. Kein Tropfen Wasser weit und breit. So komme ich hier nie wieder weg! Noch nie bin ich an einem so trostlos trockenen Ort gewesen!« Nesselbrand stampfte auf vor Wut, aber im Sand klang das nicht sehr eindrucksvoll. »Ich muss jetzt auf der Stelle irgendwas zerbeißen!«, brüllte er. »Zerbeißen, zerreißen, zertrampeln, zerfetzen.«
Besorgt blickte Kiesbart sich um. Weit und breit war nichts da zum Zerbeißen - außer ihm selbst. Aber Nesselbrand schien nach etwas Größerem Ausschau zu halten. Mit triefenden Augen sah er sich um, bis sein Blick auf einen Kaktus fiel, der wie eine Säule aus dem Wüstensand wuchs. Mit bösem Knurren stapfte er darauf zu.
»Nein, Euer Goldheit!«, rief Kiesbart, aber da war es schon zu spät.
Nesselbrand grub genüsslich seine Zähne in den Kaktus - und fuhr heulend zurück. Tausend kleine Dornen bohrten sich in sein Zahnfleisch - den einzigen Teil seines Körpers, der nicht gepanzert war.
» Zieh sie raus, Panzerputzer!«, brüllte er. »Zieh sie raus, die stechenden, brennenden Dinger.«
Hastig rutschte Kiesbart die mächtige Schnauze hinunter, hockte sich auf die furchtbaren Vorderzähne und machte sich an die Arbeit.
»Das wird er mir bezahlen!«, brüllte Nesselbrand. »Jeden verdammten Stachel wird er mir bezahlen, dieser hohlköpfige Homunkulus. Ich muss Wasser finden. Wasser! Ich muss raus aus dieser Wüste!«
Da hob sich plötzlich um den zerbissenen Kaktus herum
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