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Drachenreiter

Titel: Drachenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Funke
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zitternden Fingern nach vorn. »Da! Er kommt zurück!«
    Der Riesenvogel kam genau auf sie zu, in den Klauen eine Bergziege. Die Spitzen seiner gewaltigen Flügel streiften die Felswände.
    »Dreh um!«, schrie Ben Lung zu. »Dreh um, er ist viel, viel größer als du.« Aber der Drache zögerte.
    »Lung, dreh um!«, schrie Schwefelfell. »Oder willst du uns vom Boden aufsammeln, wenn du mit ihm gekämpft hast?«
    Hinter ihnen kreischte das Junge. Seine Mutter antwortete mit einem wütenden Schrei. Sie ließ ihre Beute fallen und schoss auf den Drachen zu. Sie stürzte sich auf ihn, mit gesträubten Federn, die Klauen bereit zum Zupacken. Ben konnte schon das Weiße in ihren Augen sehen - da drehte Lung um.
    »Haltet euch fest!« rief er.
    Wie ein Stein ließ er sich fallen und tauchte tief hinunter, dorthin, wo die Schlucht so eng war, dass der Riesenvogel ihm nicht folgen konnte.
    Fliegenbein sah sich angstvoll um. Der Riesenvogel war direkt über ihnen. Schwarz fiel sein Schatten auf Lung. Er ließ sich sinken, aber seine Flügel stießen gegen die Felsen. Mit wütendem Gekreisch stieg er wieder höher - und versuchte es erneut. Mit jedem Sturzflug kam er dem fliehenden Drachen ein bisschen näher.
    Lung spürte, wie seine Kraft nachließ. Seine Flügel wurden schwer und er geriet ins Trudeln.
    »Es wirkt nicht mehr!«, schrie Schwefelfell. Verzweifelt griff sie nach hinten. »Schnell! Schnell! Das Fläschchen.«
    Ben griff in seinen Rucksack und drückte es ihr in die Pfote.
    Schwefelfell löste die Riemen und schob sich nach vorn. »Ich komme!«, rief sie und hangelte sich an dem langen Drachenhals entlang. »Dreh den Kopf, Lung!«
    Ben hörte, wie das Junge des Riesenvogels in der Ferne immer verzweifelter schrie. Seine Mutter versuchte noch einmal vergeblich, in die Schlucht hinabzustoßen. Dann krächzte sie heiser - und drehte um.
    »Sie fliegt zurück!«, schrie Ben. »Sie fliegt zurück zu ihrem Jungen, Schwefelfell!«
    »Was?«, rief Schwefelfell zurück. »Hätte sie sich das nicht eher überlegen können?« Mit zitternden Armen hing sie am Hals des fliegenden Drachen und träufelte ihm einen Tropfen Mondwasser auf die Zunge.
    Lung spürte die neue Kraft sofort.
    »Kannst du dich noch halten, Schwefelfell?«, rief er und glitt langsam tiefer.
    »Ja, ja!«, rief das Koboldmädchen zurück. »Flieg bloß weiter. Nur weg von diesem elenden Vogel!«
    Die Schlucht verengte sich weiter, bald war sie nur noch ein Spalt zwischen den Felswänden. Lung schoss hindurch wie durch ein Nadelöhr. Dahinter lag ein weites, ödes Tal wie eine flache, mit Steinen gefüllte Schüssel zwischen den Bergen. Kein Fuß schien es je betreten zu haben. Nur der Wind spielte mit dem kargen Gras.
    Lung setzte am Fuß eines Berges auf, der rund wie ein Katzenbuckel war. Hinter ihm ragten weitere auf. Schneebedeckte Gipfel leuchteten gleißend weiß in der Sonne.
    Mit einem erleichterten Seufzer plumpste Schwefelfell von Lungs Hals ins Gras.
    »Also, das mach ich nicht noch mal!«, stöhnte sie. »Auf keinen Fall. Rübling und Pfeffermilchling, ist mir übel!«
    Sie setzte sich auf den Boden, rupfte etwas Gras von den Steinen und stopfte es sich hastig in den Mund.
    Ben rutschte mit Fliegenbein auf dem Arm von Lungs Rücken. Er hatte immer noch das Krächzen des Vogeljungen in den Ohren. Seine Hose hatte Risse, seine Hände waren zerkratzt und das arabische Kopftuch hatte er im Gestrüpp des Riesennestes verloren.
    »Ach, du Schreck«, sagte Schwefelfell bei seinem Anblick und kicherte. »Du siehst ja aus, als hättest du versucht den Feen ihre Brombeeren zu stehlen.«
    Ben zupfte sich ein paar welke Blätter aus dem Haar und grinste. »Mann, war ich froh, als ich euch gesehen hab.«
    »Bedank dich bei Fliegenbein«, sagte Schwefelfell und verstaute das Fläschchen mit dem Mondtau zwischen Bens Sachen. »Bei Fliegenbein und der Drachenforscherin. Ohne ihr Wässerchen hätte Lung dich zu Fuß suchen müssen.«
    Ben setzte Fliegenbein auf seinen Arm und tippte ihm gegen die Nase. »Vielen Dank!«, sagte er.
    Dann streichelte er Lung den langen Hals und knuffte Schwefelfell verlegen in die Seite. »Danke«, sagte er noch einmal. »Ich dachte wirklich schon, ich ende als Vogelfutter.«
    »Hätten wir nie zugelassen!«, schmatzte Schwefelfell und wischte sich über die Lippen. »Guck mal auf deine schlaue Karte und sag, wo wir gelandet sind.« Sie zeigte auf die Berge ringsum. »Kommt dir das auch so vor, als wärst du hier schon mal

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