Drachenritter 01 - Die Nacht der Drachen
Sonne oder ein schönes, heißes Feuer, um sie aus den Nähten zu treiben, oder?«
»Was…? O ja, Ihr habt recht«, sagte Jim. »Es gibt nichts Besseres, wie Ihr schon sagt.«
Es war Jim nicht in den Sinn gekommen, daß Ungeziefer ein allgemeines Problem in dieser mittelalterlichen Welt sein könnte, ebenso, wie es im Mittelalter seiner eigenen Welt eines gewesen war. Er brauchte eine Sekunde, um für die Tatsache dankbar zu sein, daß seine Drachenhaut offenbar viel zu dick und zäh war, um von diesen lästigen Geschöpfen geplagt zu werden; dann blickte er zur Sonne und sah, daß sie direkt im Zenit stand.
»Aragh schon zurück?« fragte er.
»Er ist nicht hier«, sagte Brian.
»Nicht hier?« brummte Araghs Stimme. Er glitt hinter einem Baum hervor, der eigentlich zu dünn war, um ihn verbergen zu können. »Ich bin schon seit einiger Zeit zurück. Wer sagt, ich sei nicht da?«
»Niemand, Herr Wolf«, sagte Brian fröhlich und stieg aus dem Bach. Er wischte sich mit den Händen das Wasser von Rumpf und Gliedern, ging zu seinen Kleidern und zog sie an, ohne sich noch weiter abzutrocknen. »Wir werden in einem Augenblick reisefertig sein!«
Es dauerte ein klein wenig länger als einen einzigen Augenblick, aber nicht allzuviel, bis Brian sich gepanzert und sein Pferd gesattelt hatte. Er schwang sich in den Sattel.
»Gehen wir?« fragte er.
»Gut«, sagte Jim.
Aragh verschmolz mit dem Wald und verschwand. Jim und Brian folgten dem Wolf Seite an Seite.
Sie fanden ihn zwei Lichtungen weiter, wo er dasaß und auf sie wartete.
»Ich sehe schon«, brummte er. »Das wird eine von diesen sporenstechenden, ewig-und-drei-Tage dauernden Reisen. So wollt ihr es also haben? Gut. Ich kann beim Gehen ebenso gut trödeln wie ihr auch.«
Er blieb auf gleicher Höhe mit ihnen, und sie schritten zusammen weiter.
»Ich habe nicht vor, mein Pferd in der Mittagshitze traben zu lassen, nur um Euch einen Gefallen zu tun«, sagte Brian.
»Warum nicht? Trab ist die einzige Gangart, mit der man vorwärtskommt«, murrte Aragh. »Nun gut, wie's beliebt. Oh, nicht diesen Weg, Herr Ritter. Hier entlang.«
»Ich kenne den Weg zur Burg Malvern recht gut«, sagte Brian steif.
»Ihr kennt einen Weg«, sagte Aragh. »Ich kenne den kürzesten. In dieser Richtung braucht Ihr eineinhalb Tage. Ich kann Euch noch vor Sonnenuntergang hinbringen. Folgt mir – oder laßt es bleiben. Mir ist das egal.«
Er bog nach rechts ab, den Schwanz tief hinter sich herziehend. Jim und Brian blieben stehen und sahen sich an.
»Aber dieser Weg führt zum unteren Abschnitt des Lyn-River«, protestierte Brian. »Die nächste Furt liegt fünfzehn Meilen stromaufwärts.«
»Aber es ist sein Wald«, sagte Jim. »Vielleicht sollten wir ihm vertrauen.«
»Sir James …«, begann Brian. »Oh, ist schon gut.«
Er wandte den Kopf seines Pferdes in die Richtung, die Aragh genommen hatte, und sie folgten alle zusammen dem Wolf und holten ihn wenig später ein.
Sie ritten ohne Pause durch die heißen Nachmittagsstunden. Der Wald wurde noch lichter, hörte aber nie auf, ein Wald zu sein. Anfangs redeten sie sehr wenig, Aragh und Brian brummten sich mit ›Herr Wolf‹ und ›Herr Ritter‹ an, sobald Jim versuchte, sie in eine Unterhaltung zu ziehen. Aber allmählich entspannte sich die Atmosphäre angesichts der freudigen Entdeckung, daß die beiden wenigstens etwas gemeinsam hatten: den Abscheu vor jemandem namens Sir Hugh de Bois de Malencontri.
»…schickte seine Treiber durch meinen Wald!« schimpfte Aragh. »Meinen Wald! Als ob es sein privates Jagdrevier wäre. Diese Jagd habe ich ihm aber gründlich vermasselt. Habe einem halben Dutzend Pferden die Sehnen durchgebissen …«
»Also nein. Doch nicht die Pferde!«
»Warum nicht?« sagte Aragh. »Ihr Menschen in Euren Rüstungen sichert euch, indem ihr auf den vier Beinen eines anderen reitet. Schon einmal einen englischen Wolf gesehen, der jemand auf seinem Rücken herumlümmeln läßt?«
»Ein Gentleman braucht ein gutes Streitroß. Allerdings nicht notwendigerweise für die Jagd. Ich selbst steige immer ab, wenn ich mit dem Eberspieß auf den Eber gehe.«
»Ah? Wahrscheinlich zu zwanzigst oder dreißigst auf einmal!«
»Keineswegs. Ich bin schon einige Male ganz allein ins Dickicht gegangen!«
»Nun, das ist immerhin etwas«, sagte Aragh widerwillig. »Ein Eber ist keine Vergnügungstour. Hat zwar keinen Verstand, ist aber auch kein Spaß. Greift alles an. Der einzige Weg, mit ihm fertigzuwerden,
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