Drachenritter 02 - Der Drachenritter
fragte Jim verwirrt.
»Na, weil sie so häßlich sind!« antwortete das Mädchen. »Diese großen, abscheulichen Fledermausflügel und diese schuppige Haut. Igitt! Am liebsten würde ich sie alle umbringen. So aber bleibt mir nichts anderes übrig, als jeden, der dem Ufer zu nahe kommt, zu ertränken. Ich locke sie mittels Magie ans Ufer, und wenn ich sie erst einmal zu fassen kriege, kommen sie nicht mehr los. Ich ziehe sie ins Wasser, und dann… ertrinken sie ganz von selbst!« schloß sie mädchenhaft frohlockend.
Jim erschauerte inwendig.
»Die Fische sind dankbar dafür«, fuhr das Mädchen fort. »An so einem Drachen ist eine Menge dran. Du würdest dich wundern. Das ist einer der Gründe, weshalb sie mich alle so gern haben. Aber das ist ja auch kein Wunder. Ich meine – sie würden mich sowieso lieben, weil sie es nämlich müssen. Bloß lieben sie mich halt um so mehr, weil ich ihnen ständig leckere tote Drachen zu fressen gebe.«
Sie schwieg einen Moment.
»Na ja, nicht gerade ständig. Aber es kommt schon häufiger vor.«
Sie hatten den Grund des Sees erreicht und sanken in eine Art Unterwasserburg hinab, die breiter war als hoch. Die Mauern bestanden aus Muscheln, glänzenden Edelsteinen und zahlreichen Platten aus reinem Perlmutt, der in sämtlichen Regenbogenfarben schimmerte. Eine Schule kleiner blauer Fische kam durch das Wasser oder die Luft, oder was auch immer sie umgab, auf sie zugeschossen und führte um das blondhaarige Mädchen einen kunstvollen Tanz auf.
»Ach, ihr!« meinte neckisch das Mädchen, »ihr habt genau gewußt, daß ich gleich wieder zurückkommen würde. Ich habe euch den hübschesten Mann der Welt mitgebracht. Und er wird auf immer und ewig bei uns bleiben. Ist das nicht wundervoll?«
Jim hätte es nett gefunden, wenn sie ihn zunächst einmal gefragt hätte, ob er denn auch für immer und ewig bleiben wolle. Er sah durchaus Nachteile, die verhindern mochten, daß diese wundervolle Möglichkeit Realität wurde.
Von allem anderen einmal abgesehen, hatte er an Land etwas zu erledigen. Dabei war das Mädchen zweifellos atemberaubend schön. Jim hatte einmal geglaubt, Danielle sei die schönste Frau, der er in seinem ganzen Leben begegnet war. Dieses kleine Geschöpf strahlte jedoch etwas aus, das über gewöhnliche Schönheit hinausging. Er konnte ebensowenig verhindern, daß er sich zu ihr hingezogen fühlte, wie er sich von der Hand freimachen konnte, die ihn hier heruntergeschleppt hatte.
Das Mädchen redete immer noch zu den kleinen Fischen.
»Ich würde euch niemals für längere Zeit allein lassen, das wißt ihr doch«, sagte sie gerade. »Meine lieben Kleinen verlassen? Niemals! Ihr wißt doch, daß ich euch und alles in diesem See und auch den See selbst liebe. Ich konnte bloß nicht diesem wunderschönen Mann widerstehen, den ich am Seeufer entdeckt habe. Das werdet ihr mir doch wohl nicht übelnehmen wollen, oder?«
Mittlerweile befanden sie sich im Innern des palastähnlichen Gebäudes und betraten einen Raum mit Wänden aus Perlmutt, mit Wandbehängen, Teppichen und Möbeln aus einem zarten Gespinst, das im Unterwasserlicht in allen möglichen Blau- und Grüntönen schimmerte. Die Sitzmöbel waren große, weiche, vielfarbene Polsterbänke. Das zentrale Möbelstück des Raumes – wenn man es denn so bezeichnen mochte – war ein riesiges, farbenprächtiges Gebilde, das wie ein rundes Bett ohne Fuß- und Kopfteil aussah und an dessen Rand sich ein hoher Stapel bauschiger Kissen befand.
Zu diesen Kissen schleppte das Mädchen Jim. Er war sich nicht sicher, ob er nun ging, schwebte, schwamm oder einfach bloß durch diese seltsame wasserfarbene, atembare Atmosphäre hindurchglitt. Anschließend ließ sie Jim los, so daß er auf die Kissen niedersank. Sie waren dermaßen weich, daß er in einer halb sitzenden, halb liegenden Haltung zur Hälfte in ihnen versank.
»So«, sagte das blondhaarige Mädchen und nahm im Schneidersitz auf dem Bett Platz – vielleicht aber auch mehrere Zentimeter darüber, das konnte Jim nicht genau erkennen. Die umgebende Wasser-Luft-Atmosphäre wirkte zwar durchsichtig, doch ging ein Schimmern von ihr aus, welches die Einzelheiten verschwimmen ließ. »Hat mein Liebster vielleicht einen Wunsch?«
»Also, äh, wenn es dir nichts ausmacht«, sagte Jim, »hatte ich gern ein paar Erklärungen.«
Ihr Mund formte ein perfektes ›O‹.
»Erklärungen?«
»Ja«, fuhr Jim fort, »ich meine, es ist ja wirklich nett von dir, daß du mich
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