Drachenritter 02 - Der Drachenritter
würde, wenn nicht am Abend, wenn sie das Nachtlager aufschlugen, so spätestens am nächsten oder übernächsten Tag. Wenn sie Blois erst einmal hinter sich gelassen und sich Malvinnes Burg näherten, würde er sich bestimmt wieder melden.
Allerdings harrte noch etwas anderes der Klärung. Jim entschuldigte sich bei Giles und Brian und ließ sich zurückfallen, bis Dafydd zu ihm aufgeschlossen hatte.
»Verzeiht mir, daß ich mir erst jetzt die Zeit nehme, mit Euch zu reden, Dafydd«, sagte er. »Ich kann Euch gar nicht sagen, wie froh ich bin, daß Ihr bei uns seid.«
»Es freut mich, daß Ihr Euch freut«, entgegnete Dafydd mit seiner sanften Stimme. »Es ist gut, daß wenigstens einer es für gut hält, daß ich hier bin.«
»Dann seid Ihr selbst also nicht dieser Meinung?« fragte Jim.
»Ich bin mir keineswegs sicher«, erwiderte Dafydd, »ob es richtig ist oder ob ich mich darüber freuen soll. Ich will nicht leugnen, daß ich mich so wie stets zu fremden Orten und Männern hingezogen fühle, die mit Bogen und Armbrust umzugehen verstehen – oder mit irgendeiner anderen Waffe, was das betrifft. Ihr müßt nämlich wissen, daß ich an all denen interessiert bin, die den Gebrauch einer Waffe zur Kunst erheben, ganz gleich, um welche Waffe es sich handeln mag. Gleichwohl kann ich nicht behaupten, ich wäre glücklich darüber, hier zu sein; wenngleich ich eigentlich auch nicht unglücklich darüber bin. Ich habe seltsam widerstreitende Gefühle, Sir James, und weiß wirklich nicht genau, wie ich mich im Moment fühle.«
»Gewiß gibt es häufig Gründe, eine Situation zu mögen, und andere Gründe, sie nicht zu mögen«, sagte Jim. »So ergeht es bisweilen auch mir. Allerdings gibt sich das auf lange Sicht meist von allein. Das eine oder andere Gefühl setzt sich durch und verdrängt die anderen.«
»Ich glaube nicht, daß das bei mir der Fall sein wird.« Dafydd blickte zwischen den Ohren seines Pferds hindurch auf die Straße. »Da beide Gefühle ihren Ursprung auf der Insel haben, von der wir beide stammen, bezweifle ich, daß sie sich hier verflüchtigen werden. Ihr aber, Sir James, und die beiden anderen ehrenwerten Ritter, Ihr seid gute Freunde und brave Kameraden. Deshalb bedaure ich nicht, hier zu sein.«
»Das freut mich zu hören«, sagte Jim. »Wenn ich Euch irgendwie helfen kann, könnt Ihr Euch jederzeit an mich wenden.«
»Das werde ich«, sagte Dafydd. »Eigentlich…«
Er blickte nach vorn zu Brian und Giles, die den Abstand ein wenig vergrößert hatten, damit der Staub, den sie aufwirbelten, nicht Jim und Dafydd – vor allem aber nicht Jim – ins Gesicht wehte. Aufgrund des Hufgetrappels und der angeregten Unterhaltung, welche die beiden Ritter führten, würden sie Jim und Dafydd bestimmt nicht belauschen können.
»Ja«, sprach Dafydd in die Ohren seines Pferds, »vielleicht werde ich Euer freundliches Angebot, mir zu helfen, annehmen, Sir James. Vielleicht könnt Ihr mir in dieser Angelegenheit einen Rat geben, und so sei es denn.«
»Ich werde tun, was ich kann«, sagte Jim.
Dafydd hob den Blick von den Ohren des Pferdes und sah Jim von der Seite an.
»Wir sind beide verheiratete Männer, nicht wahr? Ohne Euch Euren Rang streitig machen zu wollen, Sir James, aber das haben wir doch gemeinsam, meint Ihr nicht?«
»Gewiß«, antwortete Jim. »Und was den Rang betrifft, so macht Euch deswegen keine Sorgen, Dafydd. Für alte Freunde wie uns ist der Rang ohne Bedeutung.«
»Es tut mir wirklich gut, daß Ihr das sagt«, erwiderte Dafydd, »deshalb möchte ich Euch eine Frage stellen. Gibt Euch Lady Angela bisweilen große Rätsel auf?«
Jim lachte.
»Häufig«, sagte er.
»Danielle bereitet mir schweres Kopfzerbrechen«, erklärte Dafydd, »und das nicht ohne Grund, wißt Ihr. In dem Moment, als ich sie zum erstenmal sah, flog ihr mein Herz nur so zu. Und anschließend habe ich ihr alles übrige geschenkt, so daß ich ihr nun schon eine ganze Weile gehöre – mit Herz, Leib und Seele. Des weiteren hätte ich schwören können, daß es ihr ebenso erging, so daß wir uns nicht stärker lieben und nicht glücklicher sein könnten. Und wir waren glücklich, bis Ihr vor etwa einem Monat England verlassen habt. Dann brach eine seltsame Zeit für uns an, in der ich ihr offenbar nichts recht machen konnte.«
Er legte eine Pause ein und ritt lange Zeit schweigend weiter, wobei er auf die Ohren seines Pferdes niedersah.
»Sprecht weiter«, drängte Jim ihn schließlich. »Das heißt,
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