Drachenritter 02 - Der Drachenritter
Ihr angedeutet habt, Giles; aber auch noch andere, die von den Bediensteten der Burg benutzt werden. Wie ich schon sagte, ist das eine bloße Vermutung, aber eine plausible, wie ich finde. Derjenige, der die Wahrheit herausfinden kann, ist der Wolf, der, wenn er es für ratsam hält, vor uns in die Burg eindringen oder die Umgebung erkunden könnte, während wir am Treffpunkt warten. Wenn dieser ehemalige Bedienstete sich nicht blicken läßt, wissen wir bereits, wie es weitergehen soll.«
Jim fühlte sich beschämt. Nachdem sie in Brest an Land gegangen waren, hatte er auf dem Weg zum Gasthof darüber nachgedacht, daß er seine Stellung als offizieller Leiter dieser Expedition allein seinem Rang verdankte, und daß sowohl Brian als auch Giles viel besser dazu geeignet wären. Brians Argumentation war ein Beleg dafür.
Wohl wahr, Jim kannte sich nicht besonders mit Burgen aus. Er kannte Malencontri, er kannte die Burg Smythe und die Burg Malvern, den Wohnsitz der de Chaneys, der Familie von Brians Liebster. Aber damit hatte es sich auch schon; und außerdem mußte er zugeben, daß er sich nie die Mühe gemacht hatte, eine dieser Burgen, Malencontri eingeschlossen, auf ihre Verteidigungsmöglichkeiten und die Gefahr hin, von Feinden überrumpelt zu werden, näher in Augenschein zu nehmen.
Die Nacht verbrachten sie im Freien. Aragh ließ sich nicht blicken. Am späten Nachmittag des folgenden Tages gelangten sie nach Blois und übernachteten dort in einem Gasthof, in dem Aragh natürlich ebenfalls nicht auftauchte. Es war erst zwei Tage her, daß Jim wieder zu Brian und Giles gestoßen war. In der Zwischenzeit hatte Jim sich den Kopf darüber zerbrochen, wie er seine Magie einsetzen könnte, um den Grund für Araghs Abwesenheit herauszufinden.
Er hatte das undeutliche Gefühl, daß Carolinus ihm einen Tip geben könnte, wenn der alte Magier nur wollte. Das Problem dabei war, mit Carolinus Kontakt aufzunehmen. Offenbar benötigte er die magische Entsprechung eines Telefons. Oder zumindest irgendein Kommunikationsmittel, das geeignet war, eine geistige Verbindung zwischen ihm und Carolinus herzustellen.
Erst in der zweiten Nacht, nachdem sie Blois hinter sich gelassen hatten, kam ihm eine Idee.
Die Mythologie hielt zahllose Lösungsmöglichkeiten bereit. Außerdem gab es eine Methode, die in der Psychologie weitverbreitet war.
Die Mythologie wies zahlreiche Berührungspunkte mit der Magie auf, und zwar in dem Sinne, daß bei ihr häufig Magie mit im Spiel war. In der Mythologie kam es häufig vor, daß jemand von einer Begebenheit träumte, die sich entweder in der Zukunft ereignen würde oder die sich an einem anderen Ort ereignet hatte oder gerade ereignete.
Wenn es ihm gelang, mittels Magie einen solchen Traum hervorzurufen, dann sollte es möglich sein, eine Verbindung zu Carolinus herzustellen.
An diesem Abend schrieb er vor dem Einschlafen sorgfältig an die Innenseite seiner Stirn:
ICH/TRAUM -› TRAUM/CAROLINUS
Je länger er darüber nachdachte – während er in Decken gehüllt unter den Sternen am erlöschenden Lagerfeuer lag, hinter dem seine drei menschlichen Gefährten als schwarze Umrisse zu erkennen waren –, desto besser gefiel ihm die Idee. Er wendete den Plan hin und her und bemühte sich nach Kräften, Gründe zu finden, weshalb eine solch plumpe Formel nicht funktionieren sollte. Nachdem er das Für und Wider zahllose Male gegeneinander abgewogen hatte, schlief er schließlich erschöpft ein.
Eine Zeitlang durchmaß er im Geiste verschiedene unzusammenhängende Träume, die zunächst ganz gewöhnlich und vertraut waren. Dann trat eine Pause ein, und auf einmal fand er sich vor Carolinus Cottage am Klingelnden Wasser wieder. Es war kurz vor Tagesanbruch. Carolinus und Aragh standen beide vor Carolinus Haus auf dem von Blumenrabatten gesäumten Weg. Die einzige Schwierigkeit bei dem Traumbild bestand darin, daß alles auf dem Kopf stand.
»Was soll das?« fauchte er im Traum die Revisionsabteilung an. In dem Moment, als er die Worte träumte, war er erstaunt über seine eigene Kühnheit. Bis jetzt war er mit der Revisionsabteilung noch nie so brüsk umgesprungen. Doch in seinem Traum antwortete sie ihm, und zwar keineswegs verärgert, sondern in entschuldigendem Ton.
»Oh, Verzeihung«, antwortete die Baßstimme, und das Bild drehte sich richtig herum.
»Eigentlich«, fuhr die Baßstimme fort, »wart Ihr es, der auf dem Kopf stand.«
Sie verstummte. Jim fragte sich, wie das
Weitere Kostenlose Bücher