Drachenritter 02 - Der Drachenritter
englischer Wolf ist und sich von niemandem etwas sagen läßt. Im übrigen wäre dies das gleiche, als würde man mir ein Schaf in die Fänge treiben.«
»Und was haltet Ihr davon, einen jungen Magier der vierten Kategorie gegen einen Magier antreten zu lassen, der fast so erfahren ist wie ich – der nämlich der Kategorie Eins angehört? Wäre das nicht das gleiche, als wenn man einen zweijährigen gegen einen fünfjährigen Wolf kämpfen ließe? Oder ein Junges gegen einen ausgewachsenen Wolf?«
»Ihr sprecht von James, und seine Kenntnisse der Hexerei…«
»Der Magie, wenn Ihr nichts dagegen habt, Wolf!« blaffte Carolinus. »Bei denen, die mit der Ausübung dieser Kunst befaßt sind, gilt ›Hexer‹ als Schimpfwort. Ich bin ein Magier, und James ist ein Magier. Der, mit dem er es zu tun hat, hat die von Euch gebrauchte Bezeichnung schon eher verdient.«
»Dann wollt Ihr mir also klarmachen, daß James mich in Frankreich braucht?« fragte Aragh.
»Ja«, antwortete Carolinus.
»Dann werde ich dorthin gehen«, sagte Aragh, »obwohl ich England nicht gerne verlasse. Und ich werde James und meinen anderen Freunden nach Kräften beistehen, aber nur deshalb, weil sie meine Freunde sind.«
Aragh lachte lautlos, und die Reißzähne in seinem aufgerissenen Rachen funkelten in der Morgensonne.
»Außer gegen Wölfe werde ich ihnen gegen alle Gefahren beistehen«, sagte Aragh.
»Außer gegen Wölfe?« fauchte Carolinus. »Warum nicht auch gegen Wölfe? Sind die französischen Wölfe etwa Eure Freunde?«
Wieder lachte Aragh.
»Freunde? Ganz im Gegenteil«, sagte er. »Aber auch Wölfe haben Regeln, Magier – wenn Ihr und Euresgleichen auch nur wenig darüber wißt. In Frankreich befinde ich mich auf dem Territorium der französischen Wölfe, und das heißt, daß ich entweder vor ihnen kuschen oder mich mit sämtlichen Wölfen Frankreichs anlegen muß; und nicht einmal ich könnte sämtliche französischen Wölfe besiegen.«
Er klappte das Maul zu, legte den Kopf schief und blickte Carolinus spöttisch an.
»Und wie steht es mit Euch, Magier?« fragte er. »Worin besteht Euer Beitrag, während wir mit diesem fremden Hexer oder Magier oder wie auch immer befaßt sind?«
»Ich war von Anfang an beteiligt«, erwiderte Carolinus in barschem Ton, »auch wenn Ihr nichts davon gemerkt habt und vielleicht auch niemals davon erfahren werdet.«
Auf einmal nahm Carolinus Stimme einen ungewöhnlich sanften Tonfall an.
»Von all den Reichen, in welche die menschlichen und nichtmenschlichen Wesen unterteilt sind«, sagte er, »kommt das der Magier dem der Dunklen Mächte und ihrer Kreaturen am nächsten, Aragh. Denn die Magie ist eine gefahrvolle Kunst, die ständiges, mühsames Lernen erfordert, das nie an ein Ende kommt. Ebensowenig erschöpft sich jemals unsere Verantwortung, dazu beizutragen, daß die Dunklen Mächte eingedämmt werden. Ständig stehen wir, die wir uns Magier nennen, beim Kampf gegen diese Mächte und alles, was sie beherrschen – darunter auch diejenigen Magier, die auf die andere Seite übergewechselt sind, um Hexer zu werden –, in der vordersten Reihe.«
»Dann…«, setzte Aragh an, doch Carolinus hob die Hand und hieß ihn schweigen.
»Die Gründe dafür sind nur einem Magier einsichtig, der meinem Rang nahekommt«, sagte Carolinus. »Wie zum Beispiel der, weshalb Jim in diesem Moment allein gegen Malvinne antreten muß, obwohl dieser ihn ebenso überragt, wie ein Berg ein kleines Haus wie das meine überragen würde. Während jemand wie ich, der Malvinne an Stärke gleichkommt oder ihn sogar übertrifft, abseits stehen und den Dingen ihren Lauf lassen muß. Ich kann gegenwärtig nicht vortreten. Ihr aber, Aragh, könnt es sehr wohl; und ich bin sehr erleichtert darüber, daß Ihr Euch dazu bereit erklärt habt. Denn Jim braucht Eure Hilfe, und niemand sonst könnte an Eure Stelle treten.«
»Ich habe immer schon gewußt, daß Ihr aufrichtig seid, Magier«, sagte Aragh, »deshalb sollten wir es dabei bewenden lassen. Jim ist bereits unterwegs zur Küste und hat sich womöglich schon nach Frankreich eingeschifft. Falls nicht, könnte ich ihn vielleicht noch vor seiner Abreise einholen, was mir die Überfahrt erleichtern würde. Aber ich werde einen Weg finden. Tut mir bloß einen Gefallen. Erzählt Jim nicht, ich täte dies aus Zuneigung zu ihm. Er soll gar nicht erst auf den Gedanken kommen, er brauchte bloß in Schwierigkeiten geraten, und schon käme Aragh angelaufen. Ich bin ein freier
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