Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
sich in einen Drachen verwandelte. Daneben kannte er einen Zauber, mit dessen Hilfe er seine Kleidung auf magischem Wege wieder anlegen konnte, bevor er sich in einen Menschen zurückverwandelte. Erfolglos versuchte er mehrere Varianten dieses Befehls. Zu guter Letzt listete er einfach die Kleidungsstücke auf, die er haben wollte, und befahl ihnen, vor ihm zu erscheinen.
Dies taten sie auch unverzüglich; einen Augenblick später lag vor ihm im Schnee ein säuberlicher Kleiderstapel. Immer noch murrend wischte Jim die Kleidungsstücke ab und legte sie an, mußte sie allerdings zwangsläufig über die Kleider ziehen, die er bereits am Leibe trug. Das Ergebnis würde ihn in den Augen des Grafen gewiß ein wenig merkwürdig aussehen lassen, aber er tröstete sich mit der Tatsache, daß der Graf wahrscheinlich ganz und gar von Mnrogar in Anspruch genommen sein würde.
Aber noch immer war keiner von ihnen in Sicht. Jim fragte sich, ob Aragh irgendwo in der Nähe war. Nach einem kurzen Zögern rief er den Wolf.
»Aragh!«
Er bekam keine Antwort. Entweder war Aragh nicht hier oder er hielt es für unter seiner Würde, auf einen schlichten Ruf zu reagieren, als wäre er ein gewöhnlicher Hund. Plötzlich ging es Jim durch den Sinn, daß die Kleidungsstücke, die er sich in solcher Hast verschafft hatte, nun wieder würden verschwinden müssen. Schließlich wollte er diese Begegnung in seinem Drachenkörper verfolgen.
Widerstrebend schrieb er den magischen Befehl an seine Stirn, der ihn selbst zum Drachen machte und seine Kleider sorgsam in irgendeinem merkwürdigen Raum zwischenlagerte, so daß er sie zurückbekommen konnte, wenn er sie wieder benötigte.
Um ein Haar hätte er bereits den Befehl zur Ausführung des Kommandos gegeben, als ihm klar wurde, daß er seine Verwandlung vor den Augen der Bewaffneten und aller anderen auf der Ringmauer vollziehen würde. Er drehte sich um und stapfte zur einen Seite von der Lichtung weg, bis die Bäume ihn vor den Blicken der Burgbesatzung abschirmten. Dann erst gab er den endgültigen Befehl.
Als Drache watschelte er zurück - watscheln war unglücklicherweise die einzig ehrliche Beschreibung für die Art, wie ein Drache sich fortbewegte, wenn er zu diesem Behufe die Hinterbeine benutzte. Der Tisch für die Verhandlung war so aufgestellt, daß er quer zur Blickrichtung der Beobachter auf der Ringmauer stand. Um den Tisch herum waren drei Hocker aufgestellt, einer auf jeder langen Seite und einer am Kopfende. Mnrogar mußte mit dem Rücken zu den vorgegaukelten, von Magie geschaffenen Bäumen sitzen, die ihm den Blick auf die Burg versperren würden. Auf diese Weise hatten auch die Zuschauer auf der Ringmauer über Mnrogars Kopf hinweg einen guten Blick auf den Grafen.
Der Hocker am anderen Ende des Tisches war offensichtlich für Jim bestimmt.
Er stampfte nun darauf zu, betrachtete den ihm zugedachten Sitzplatz und beschloß, ihn nicht zu benutzen. Er hatte Secoh im Rittersaal von Malencontri dasselbe tun sehen, wenn er sich zum Reden, Trinken und Essen zu Jim, Angie und den anderen gesellte. Secoh würde sich einfach auf den Boden hocken. Selbst mit seinem verkümmerten Sumpfdrachenleib war er so groß, daß sein Kopf die Tischplatte der hohen Tafel beinahe genauso weit überragte wie die Köpfe der Menschen, die an dem Tisch saßen.
Jim schob den Hocker unauffällig zur Seite und hockte sich am Kopfende des Tisches in den Schnee. Wie gewöhnlich stellte er zu seiner Freude fest, daß er als Drache gegen Kälte oder andere körperliche Mißliebigkeiten unempfindlich war. Wahrscheinlich hatte die dicke Haut etwas damit zu tun. Er dachte gerade darüber nach, wie er den Troll und den Grafen zu einer Zusammenarbeit bewegen konnte, als Mnrogar am anderen Ende der Lichtung aus den Bäumen trat. An dieser Stelle war der Troll von der Burgmauer aus noch nicht zu sehen, aber sobald er zwischen den Bäumen hervorkam, blieb er stehen und starrte Jim an.
Jim hatte vergessen, wie argwöhnisch der andere sein würde, wenn er aus seiner Höhle kam.
»Mnrogar!« rief er. »Ich bin es nur, der Drachenritter in meiner Drachengestalt. Ich sitze einfach hier und warte. Außerdem habe ich nie etwas gegen Trolle gehabt. Kommt und setzt Euch zu mir.«
Mnrogar zögerte, trat dann jedoch langsam vor. Dennoch blickte er Jim finster an und sah so aus, als würde er ihm jederzeit an die Kehle springen wollen oder sich umdrehen und in den Wald zurückjagen.
Jim sagte nichts mehr und regte auch
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