Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
tatsächlich hegen würden«, sagte Brian.
»Ihr seht also«, fuhr Jim fort, »ich hoffe, daß dieser schwarze Ritter über alle anderen Kämpfer siegt, so daß er am Ende den Preis des Tages gewinnt - die Krone oder welche Trophäe auch immer die Dame, die der Graf dazu bestimmt, dem Sieger überreicht. Auf diese Weise hätte der schwarze Ritter die Möglichkeit, zu den Tribünen zu kommen, wo alle Gäste sitzen werden.«
Triumphierend hielt er inne. Brian und Aragh sahen ihn an.
»Versteht Ihr denn nicht?« fragte Jim. »Das ist der Grund, warum ich Mnrogar zu dem schwarzen Ritter machen will. Auf diese Weise hat er die Gelegenheit, dicht an allen Gästen vorbeizureiten und den anderen Troll unter ihnen auszumachen. Dann kann er ihn herausfordern oder auf eine andere Art und Weise entlarven. Damit wäre sein Problem gelöst und das des Grafen ebenfalls.«
Er wartete.
Brian und Aragh zuckten mit keinem Muskel. Beide blieben, wo sie waren, und sahen ihn immer noch unverwandt an. Nach einigen langen Sekunden beugte Brian sich über Jim, legte ihm dann sachte eine Hand auf die Stirn und blickte unterdessen zur Decke empor. Einen Augenblick später nahm er die Hand wieder weg.
»Seltsam«, sagte er nachdenklich. »Ihr fühlt Euch nicht wärmer an als gewöhnlich. Habt Ihr in letzter Zeit unter einem Fieber gelitten, James?«
»Mir geht es bestens!« rief Jim. »Was ist los mit Euch? Mir scheint dieser Plan sehr gut zu sein.«
»Ein Troll, der mit Rittern eine Lanze brechen soll?« fragte Brian langsam und mit undurchdringlichem Blick. »Es wäre einfacher, einem Berg beizubringen, bei Tisch aufzuwarten.«
»Nun, wie ich schon sagte, ich weiß, daß es nicht einfach sein wird«, meinte Jim. »Aber bis zum letzten Tag der Feiern müßten wir diese Probleme doch in den Griff bekommen können ...«
In diesem Augenblick explodierte ein Gedanke in Jims Kopf, und er brach plötzlich ab.
»Laßt mich einen Augenblick nachdenken«, sagte er zu den beiden anderen.
Brian lehnte sich bereitwillig in seinem Sessel zurück. Aragh legte sich auf den Boden und machte alle Anstalten, augenblicklich einzuschlafen, obwohl Jim aus vergangenen Erfahrungen vermutete, daß der Wolf nach wie vor wach war und ihn weiterhin aufmerksam beobachtete.
Jim war in den Sinn gekommen, daß Carolinus ihm nachdrücklich eingeschärft hatte, daß er ihm nicht länger helfen könne. Und der Grund dafür war der gegenwärtige Aufstand in der Magierschaft, weil Jim das Privileg zusätzlicher magischer Energie genoß. Die Frage war nun, ob das bedeutete, daß Carolinus ihm nicht einmal helfen durfte, indem er ihm einen Rat gab. Wenn es tatsächlich bedeutete, daß Carolinus ihn nicht beraten durfte, dann erklärte das auch, warum der ältere Magier ihn in letzter Zeit gemieden hatte - theoretisch konnte dieser Umstand Jims ohnehin heikle Position noch weiter gefährden.
Vielleicht war ein Rat das einzige, was Jim im Augenblick bekommen konnte, aber diesen Rat benötigte er dringend. Er hatte keine Ahnung, wie er auf magischem Wege eine Rüstung und ein Streitroß für Mnrogar herbeischaffen konnte. Er hatte verschwommene Ideen, wie man ein gewöhnliches Pferd in das benötigte Streitroß verwandeln konnte. Solche Dinge lagen gewiß in Carolinus' Macht, und wenn der Magier ihn in die richtige Richtung wies, sollte Jim eigentlich in der Lage sein, sich den Rest selbst zusammenzureimen.
Aber wenn er nicht mit Carolinus reden konnte, hatte er ein Problem. Er hatte Carolinus' Worten entnommen, daß er nicht ungestört mit seinem Meister reden konnte, ohne daß andere ranghöhere Magier erfahren würden, daß die beiden Kontakt miteinander gehabt hatten. Das war gewiß der einzige Grund, warum Carolinus sich von ihm fernhielt. Aber gerade eben war Jim ein bemerkenswerter Gedanke gekommen. Er konnte in der magiersicheren Abgeschiedenheit der Insel der Verlorenen Jungen aus der Geschichte von Peter Pan mit Carolinus reden, so wie sie es schon einmal getan hatten. Dazu mußte er lediglich Tinker Bell rufen...
Plötzlich hielt er inne. Ihm war gerade eingefallen, daß er sich noch in der Burg befand, wo seine Magie nicht funktionierte. Er erhob sich und kleidete sich an.
»Kommt«, sagte er. »Ich muß von hier weg, um ein wenig Magie zu erproben.« Brians Gesicht verriet für einen Augenblick, daß der Gedanke an Magie ihn mit einer gewissen Beklommenheit erfüllte. Aber er stand augenblicklich auf, um Jim zu folgen. Dasselbe tat Aragh, allerdings
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