Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
gebackene Pasteten.
»Nur für den Fall, daß Euer Lordschaft doch etwas zu essen wünschen sollten«, murmelte Gwynneth ihm ins Ohr.
Jim brachte es fertig, den Seufzer zu ersticken, der in ihm aufstieg. Es hatte keinen Sinn. Er mußte mit etwas Eßbarem vor sich hier sitzen, und sei es auch nur, damit seine Diener sich nicht unbehaglich fühlten. Die Unterbrechung hatte jedoch seine Gedanken wieder auf sein gegenwärtiges Problem gelenkt, und er überlegte, daß er auf jeden Fall mit Tom Huntsman sprechen sollte. Er mochte zwar selbst nicht der ideale Herold sein, aber wahrscheinlich wußte er mehr über Herolde als irgend jemand sonst auf der Burg.
Außerdem schien Jim im Augenblick keine andere Wahl zu haben.
»Schickt Tom Huntsman zu mir«, sagte Jim zu Gwynneth.
»Jawohl, Mylord.«
Jim wartete. Er mußte für gewöhnlich nie lange auf jemanden warten, der in der Burg Dienst tat, denn meistens kamen die Leute sofort herbei, und zwar im Laufschritt. Geistesabwesend und ohne recht darüber nachzudenken, schüttete er ein wenig Wein in seinen Becher. Er hielt inne und füllte ihn mit Wasser auf. So, wie er sein Getränk gemischt hatte, war es beinahe geschmacklos, aber das war nur gut so. In Gedanken versunken, nippte er an dem Becher. Seine Überlegungen hatten sich wieder den Dingen zugewandt, die er den Drachen in Cliffside würde erklären müssen.
Er würde dort unmißverständlich klarstellen müssen, wo die Drachen sich aufhalten würden, bis ihr Auftritt in dem Schauspiel an die Reihe kam - zumindest der Auftritt einiger von ihnen, korrigierte Jim sich in Gedanken. Es gab über hundert Drachen in Cliffside. Das waren ziemlich viele Drachen. Wahrscheinlich sollte er nur vier oder fünf als Repräsentanten der ganzen Population vortreten lassen.
Außerdem war es gewiß eine gute Idee, ihnen allen einzuschärfen, daß sie sich zwischen den Bäumen halten sollten, ohne auf sich aufmerksam zu machen. Auf diese Weise würden die Streithähne unter den Gästen nicht herausgefordert werden. Am besten würde er den versammelten Gästen gleich von Anfang an erklären, daß Drachen anwesend waren und daß er eine magische Wand zwischen sie und die Drachen gezogen hatte.
»Mylord?«
Er riß sich von der Betrachtung seines Bechers los und sah Tom Huntsman, die Mütze in der Hand, vor dem Tisch stehen.
»Ah, Tom!« sagte Jim, so leutselig er dies vermochte. »Ich fürchte, ich habe den Hundezwingern nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt, wie ich das sollte. Meine Aufgaben führen mich so häufig von der Burg weg, und wenn ich hier bin, habe ich immer so viele andere Dinge zu tun. Ich darf doch davon ausgehen, daß mit den Hunden alles in Ordnung ist?«
»Sie machen sich gut, Mylord«, erklärte Tom.
»Wie viele haben wir im Augenblick?« fragte Jim.
»Neunundzwanzig, Mylord«, antwortete Tom. »Harebell und Gripper sind letzten Winter eingegangen. Aber erst vor einer Woche hat Styax, eine der jüngeren Hündinnen, uns einen schönen Wurf mit neun Welpen beschert, von denen fünf gewiß ins Rudel aufgenommen werden können, wenn sie diesen Winter überstehen.«
»Gut!« sagte Jim. »Sehr gut. Und sie sind alle bei guter Gesundheit?«
»Sie brauchen Bewegung, Mylord«, sagte Tom.
In der Stimme des Mannes schwang nicht der leiseste Unterton eines Tadels mit. Jim war sich vollauf bewußt, daß Tom den Hunden täglich Auslauf verschaffte, daß er sie auf lange Spaziergänge mitnahm und sie sogar durch den Wald rennen ließ. Aber er jagte nicht mit ihnen. Wenn sie eine Witterung aufnahmen, rief er sie zurück. Die eigentliche Jagd mit den Hunden war eine Beschäftigung für Menschen höheren Ranges, als ein bloßer Burgjäger ihn bekleidete, auch wenn er viel mehr über die Jagd wußte als irgend jemand sonst hier.
»Nun«, sagte Jim, »ich muß wirklich bald einmal Zeit finden, mit ihnen hinauszugehen. Ja, sehr bald. Aber das ist nicht der Grund, warum ich Euch sprechen wollte, Tom. Lady Angela möchte während unseres Besuchs beim Grafen ein Stück aufführen.«
»Ach wirklich, Mylord?« fragte Tom.
»Ja«, erwiderte Jim. »Und daher brauchen wir jemanden, der die Rolle eines Herolds übernehmen kann. Ich dachte, Ihr würdet vielleicht jemanden wissen, der das übernehmen könnte. Er müßte auf einem Pferd sitzen und eine Heroldstrompete blasen können.«
»Auf der Burg und den Ländereien von Malencontri gibt es niemanden, der eine Trompete blasen kann, Mylord«, erklärte Tom unumwunden.
»Oh«,
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