Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
haben. »Irgendwas Kleines. Kaum ein Bissen.«
Kob-Eins hatte nicht um Hilfe gerufen. Heldenhaft verbiß er sich in das Netz aus Fleisch zwischen dem krallenbewehrten Daumen und dem Zeigefinger des Trolls, der ihn festhielt. Mit seinen kleinen Zähnen nagte er an der Haut, die angeblich imstande war, eine Schwertklinge stumpf zu machen.
»Mylord«, begann Ned mit erschrockener Stimme, und die beiden Trolle blickten auf. Aber Jim war nun ebenfalls explodiert; einer seiner seltenen Wutanfälle hatte ihn gepackt. In beinahe demselben Augenblick war er bei den beiden Trollen auf dem Boden und stach mit dem Zeigefinger nach ihnen beiden.
»Freeze!« befahl er. Die beiden Trolle standen augenblicklich reglos da; ihre Münder, die sie geöffnet hatten, gaben keinerlei Laut von sich. Beide glitzerten jetzt, als wären sie mit einer Schicht aus geschmolzenem Eis überzogen.
Jim funkelte sie wütend an. Er brauchte einen Augenblick, um in seiner Erregung zu begreifen, daß er das falsche Wort benutzt hatte. Das Wort, das er eigentlich benutzen wollte, war der vertraute magische Still- Befehl. Aber zwanzig Jugendjahre vorm Fernseher mit Krimis, in denen amerikanische Cops die Schurken mit dem Befehl: >Freeze<, >keine Bewegung<, zu stellen pflegten, hatten ihre Spuren hinterlassen. Und der magische Befehl hatte buchstabengetreu funktioniert.
Die Trolle waren tatsächlich gefroren.
Augenblicklich suchte sein Blick nach Kob-Eins, den er ebenfalls mit Eis bedeckt vorzufinden erwartete. Aber das war nicht der Fall. Der magische Befehl hatte offensichtlich wie ein Blitz nur den Punkt getroffen, auf den er gerichtet gewesen war. Im Augenblick bemühte sich der Kobold jedoch, sich aus der eisigen Umklammerung herauszuwinden - allerdings ohne Erfolg.
Jim zeigte auf die Trollhand, die Kob-Eins festhielt.
»Auftauen! Lockerlassen!«
Das Eis von der Hand des Trolls zerbarst in einem kleinen Schauer von Splittern, und die Hand öffnete sich ein wenig. Kob-Eins zappelte, konnte sich aber immer noch nicht befreien.
Jim streckte die Hand aus, zog die groben Finger ein Stückchen weiter auseinander und hob Kob-Eins heraus. Dann legte er ihn mit einer beschützenden Geste an seine Brust. Kob-Eins klammerte sich an Jims Joppe, und er spürte, wie der kleine Körper an der Innenfläche seiner schützenden Hand bebte. Er blickte hinunter und sah, daß Kob-Eins zur Seite starrte.
»Mylord! Obacht!« rief Kob. Jim blickte um sich und stellte fest, daß von allen Seiten Trolle herankamen.
»Hinauf, Mylord!« rief Kob-Eins ihm zu. »Hinauf!«
Jim spürte einen Druck zwischen den Beinen, und als er hinunter schaute, sah er eine Rauchwolke, die versuchte, ihn in die Höhe zu heben. Aber ihm war nicht danach zumute, sich hochheben zu lassen.
»Geh du hinauf, Kob«, sagte er und versuchte, Kob-Eins auf den Rauch zu setzen, aber dieser klammerte sich an ihn.
»Ich mochte Euch nicht verlassen, Mylord!« Die Stimme des Kobolds klang schrill. »Steigt auf! Ihr müßt fliegen!«
»Den Teufel muß ich!« Er stellte sich vor, wie er und Kob-Eins von einer leuchtenden Aura umschlossen wurden, deren innere Wand kühl war, während sie außen die Temperatur von kochendem Wasser hatte. Gerade rechtzeitig. Die ersten Trolle erreichten ihn und streckten ihre Hände nach ihm aus, stießen sie in das Glühen und prallten, vor Schmerz und Zorn aufheulend, zurück.
»So ist es schon besser«, sagte Jim, der sich, ohne Kob-Eins loszulassen, zu ihnen umwandte. Der ungewohnte Zorn, der sich seiner bemächtigt hatte, loderte zu neuen Höhen auf. »Ihr wollt einen Magier fangen? Nur zu, bedient euch!«
Mittlerweile war er von Trollen umringt, aber keiner von ihnen befand sich in Armeslänge der Aura. Diejenigen Trolle, die weiter weg standen, hatten gebrüllt und geknurrt, aber als das Schweigen der Trolle in Jims unmittelbarer Nähe zu den hinteren durchdrang, wurden auch diese still, bis keiner von ihnen mehr einen Laut von sich gab.
»So ist es schon besser!« rief Jim. Dann wandte er sich halb zu den beiden Trollen um, die Kob-Eins gefangengenommen hatten.
»Taut auf!« befahl er ihnen. Das Eis um sie herum zersplitterte; sie bewegten sich und streckten Arme und Beine aus, als könnten sie kaum glauben, daß sie sich wieder bewegen ließen.
Dann drehte Jim sich wieder zu der Meute um.
»Versucht niemals wieder«, sagte er zu ihnen, »einen Magier oder einen Kobold anzugreifen. Habt ihr mich verstanden?«
Bei den Trollen um ihn herum herrschte immer
Weitere Kostenlose Bücher