Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
irgend jemand dich sehen würde?«
»Leicht«, antwortete Kob-Eins, und in seiner Stimme schwang beinahe so etwas wie Autorität mit. »Ich meine - leicht, Mylord. Ich kann mich oben im Schornstein aufhalten, wo man mich nicht sieht, und trotzdem alles mitbekommen, was in dem Zimmer vorgeht.«
»Das ist gut«, sagte Jim. »Denn ich möchte, daß du, solange wir dieses Zimmer benutzen, dort Wache hältst. Falls etwas passiert, mußt du mir eine Warnung schicken - dazu brauchst du nur an mich zu denken und in deinem Kopf mit mir zu reden; ich werde dich dann hören und dir Antwort geben. Meinst du, daß du das kannst?«
»Zweifellos«, entgegnete Kob-Eins. »Was sind das für Leute, die nicht dort sein sollten und die Ihr fürchtet - ich meine, die Ihr erwartet, Mylord?«
»Jeder, der sich für gewöhnlich nicht dort aufhält«, erklärte Jim. »Die Leute, die dort hingehören, sind Lady Angela, ich selbst, eine Dienstfrau namens Enna, eine Amme und der kleine Robert Falon. Zu den ungewöhnlichen Besuchern würde jeder Bewaffnete zählen, der nicht in dem Raum selbst postiert ist oder jeder andere Besucher, selbst wenn Enna oder die Amme ihn einlassen sollten - oder auch jeder Dienstbote, der hineinkommen möchte und den Enna oder die Amme einlassen. Unter den Gästen weilt eine gewisse Lady Agatha, die die Tante des kleinen Roberts ist und die wir im Verdacht haben, daß sie ihm Böses will. Sie wird wahrscheinlich nicht persönlich kommen, aber sie könnte einen anderen schicken, der dem Jungen etwas antun soll. Du brauchst es mich einfach nur wissen zu lassen, sobald irgend jemand ins Zimmer kommt, der sich für gewöhnlich nicht dort aufhält. Kannst du das machen?«
»Gewiß, Mylord!« sagte Kob-Eins. Er saß immer noch auf einem Rauchwölkchen, aber Jim bemerkte nun, daß er abermals die Schultern gestrafft hatte. Auch seine Brust war aufgebläht, so wie er das in der Höhle getan hatte, als Secoh angedeutet hatte, daß Kob-Eins mit einem Feuergeist verwandt sein könnte.
Plötzlich jedoch fiel Kob-Eins in sich zusammen. »Ich meine - ich werde mein Bestes tun, Mylord«, fügte er hinzu.
»Ich weiß, daß du das tun wirst, Kob-Eins«, sagte Jim. »Und außerdem...«
Aber an dieser Stelle wurde er von Gwynneth unterbrochen, die Ned Dunster hereinführte. Nachdem sie ihre Pflicht getan hatte, knickste sie und ließ sie wieder allein.
»Also, Ned«, sagte Jim, »wir werden jetzt eine kurze Reise machen.«
»Jawohl, Mylord«, sagte Ned. Aber sein Blick ruhte nicht länger auf Jim, sondern auf Kob, der auf seinem Rauchwölkchen thronte. Die Augen des jungen Mannes weiteten sich.
»Du!« sagte er zu Kob-Eins. »Du hast mich einmal vor vielen Jahren bei einem Ritt auf dem Rauch mitgenommen. Damals war ich mit dem Müller in der Burg, um Mehl auszuliefern.«
»Das ist vollkommen ausgeschlossen«, log Kob-Eins.
33
»Aber ich erinnere mich genau!« beharrte Ned. »Es war nachts, ungefähr zur selben Jahreszeit wie jetzt, und es lag Schnee. Man hatte mich zum Schlafen hineingebracht, damit ich es warm habe; irgendwann bin ich dann aufgewacht und hier herüber geschlendert, und da warst du, und du hast mich mitgenommen. Wir sind über den Schnee geflogen und durch die Bäume hindurch, und ich hatte es die ganze Zeit über warm, und es war das Tollste, was ich je erlebt habe. Das kannst du doch nicht vergessen haben!«
»Das habe ich nie getan«, sagte Kob-Eins. »So etwas habe ich nie getan!«
»Na komm schon, Kob-Eins«, griff Jim beschwichtigend ein. Er wandte sich an Ned. »Ned, hast du jemals irgend jemandem davon erzählt, daß Kob-Eins dich auf einen Ritt mitgenommen hat?«
»Nie, Mylord«, sagte Ned, der zwischen Kob-Eins und Jim hin und her schaute. »Die Großen hätten mir nie geglaubt. Außerdem wollte ich es auch niemandem erzählen. Es war so einmalig, daß ich es für mich behalten wollte.«
»Und das hast du in all den Jahren auch getan, oder?« fragte Jim.
Ned nickte langsam.
»Siehst du, Kob-Eins?« sagte Jim. »Ned hat niemals irgend jemandem davon erzählt, und er wird es auch nicht tun. Es ist völlig in Ordnung, wenn du zugibst, daß du ihn als kleinen Jungen einmal mitgenommen hast.«
Kob-Eins entspannte sich langsam.
»Na ja«, sagte er nach einigen Sekunden. »Ich erinnere mich an ihn, weil er so glücklich war, als er mit mir den Rauch ritt. Ich glaube, von allen Kindern, die ich jemals mitgenommen habe, hat er den Ritt am meisten genossen.«
»Ja, wirklich?« fragte
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