Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
sagte Kob-Eins.
»Ja? Na, wunderbar!« sagte Jim. »Würdest du ihn auch dann riechen können, wenn er unter einer Schneewehe liegt und auf eine Beute wartet?«
»Ich glaube schon, Mylord«, sagte Kob-Eins zweifelnd. »Es würde davon abhängen, wie tief die Wehe ist und wie nah ich ihr komme.«
»Als du mich das letzte Mal von der Burg des Grafen nach Malencontri gebracht hast«, sagte Jim, »hast du davon gesprochen, daß du gesehen hättest, wie sie darauf warteten, daß der Schnee sie bedeckte. Weißt du, wo das war?«
Kob-Eins krauste seine kleine Stirn.
»Ich denke schon, Mylord«, sagte er. »Wenn viele von ihnen zusammen sind, ist es für mich vielleicht leichter, sie auszumachen.«
»Erinnerst du dich noch, wo du sie das erste Mal gesehen hast?« fragte Jim.
»O ja, ich erinnere mich«, sagte Kob. »Ich habe es Euch vielleicht noch nicht erzählt, Mylord, aber Kobolde vergessen nie etwas.«
Weder Kobolde noch Drachen, dachte Jim. Und dasselbe galt seiner Erfahrung nach für Ehefrauen, Wölfe, Seeteufel oder die Menschen des vierzehnten Jahrhunderts - nur arme, alte Magier der dritten Kategorie aus dem zwanzigsten Jahrhundert mit Namen Jim schienen andauernd irgend etwas zu vergessen. Aber es hatte im Augenblick wohl keinen Sinn, sich darüber zu beschweren.
»Hervorragend«, sagte Jim. »Wenn wir jetzt auf dem Weg zur Burg wieder über sie hinwegfliegen, möchte ich wissen, ob sie noch da sind.«
»Ich gebe Euch Bescheid, Mylord«, versicherte Kob-Eins ihm. »Es wird nicht mehr lange dauern. Wir sind schon ziemlich in der Nähe. Um genau zu sein, sind wir schon fast über der Stelle.«
Es war weniger als fünf Minuten später, als Kob-Eins abermals das Wort an ihn richtete.
»Wir kommen jetzt an die Stelle, an der ich sie gesehen habe, Mylord«, sagte er. »Es ist nicht genau dieselbe Stelle, die wir beim letzten Mal überflogen haben, aber wenn sie alle hier in der Gegend sind ...«
»Ja, das sind sie«, erwiderte Jim. »Versuch einfach festzustellen, ob du ihre Witterung aufnehmen kannst.«
Auch Jim schnupperte. Einen Augenblick lang fühlte er sich versucht, in seinen Drachenkörper zu schlüpfen, da er mit seiner Drachennase besser riechen konnte. Aber da Kob-Eins die Sache erledigen konnte, wollte er weder Ned noch Kob-Eins unnötig erschrecken.
»Hast du bisher irgend etwas gerochen?« fragte er Kob-Eins.
»Noch nicht, Mylord«, antwortete Kob-Eins, der angestrengt auf den Boden unter ihnen blickte. »Ich glaube fast, daß ich einen gewissen Trollgeruch wahrnehme, aber das kann auch daher rühren, daß sie vor einiger Zeit hier waren.«
»Verzeiht mir, Mylord, Kob-Eins«, sagte Ned demütig, »aber vielleicht sind wir zu weit vom Erdboden entfernt. Wenn Kob-Eins etwas tiefer gehen würde...«
Jim sah Kob-Eins scharf an. Kob-Eins war augenscheinlich nicht gerade glücklich über die Aussicht, tiefer hinunterzugehen. Jim erinnerte sich an die bildhafte Beschreibung des Kobolds von einem verborgenen Troll, der sich von einer Schneewehe zudecken ließ und dort liegen blieb, bis er ein Opfer in der Nähe witterte.
»Ich weiß nicht«, sagte Jim. »Kob-Eins, meinst du, du könntest ein wenig tiefer hinuntergehen, um festzustellen, ob du sie dann riechen kannst?«
»Wenn Ihr es wünscht, Mylord«, sagte er. »Natürlich kann ich tiefer heruntergehen und mich mehr anstrengen. Gleich da vorne ist wieder eine Schneeverwehung ...«
Bevor Jim noch ein weiteres Wort sagen konnte, war Kobs Rauchschwade in schrägem Winkel auf die Schneeverwehung unter einer großen Eiche zugeschossen. Die Schneeverwehung hatte sich nach Jims Schätzung mindestens vier Fuß oder vielleicht noch höher vor der schweren, alten Eiche aufgetürmt. Kob-Eins und sein Rauch glitten darauf zu, während Jim und Ned ungefähr fünfzig Fuß weiter oben angehalten hatten.
»Mylord!« rief Kob-Eins triumphierend zu ihnen hinauf. »Ihr hattet recht. Da ist...«
Die Schneeverwehung explodierte, und nicht einer, sondern zwei Nachttrolle brachen zu beiden Seiten des Kobolds hervor. Es handelte sich um die größere, silbern bepelzte Trollrasse, und bevor Kob-Eins flüchten konnte, hatte einer von den beiden ihn mit seiner breiten, mit langen Krallen versehenen Hand gepackt.
»Was ist es?« fragte der Troll, der Kob nicht zu fassen bekommen hatte.
»Keine Ahnung«, antwortete der andere und blickte auf Kob-Eins hinab. Offensichtlich hatte keiner der Trolle aufgeblickt; sie schienen Jim und Ned über sich nicht bemerkt zu
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