Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
akademischen Akzent der englischen Oberklasse, der seinen Namen einer Mischung der Namen der berühmten englischen Universitäten Oxford und Cambridge verdankte.
»...hiermit verpflichte ich alle Anwesenden zu Stillschweigen!« wiederholte der Graf und warf dabei einen gehässigen Blick in die Richtung, wo der Kaplan saß.
Daraufhin erhob sich ein verstohlenes Gemurmel, das alles mögliche bedeuten konnte. Lediglich der Bischof, der Kaplan, Carolinus und Jim schwiegen weiterhin. Der Graf schien keine Notiz davon zu nehmen.
»Ihr da!« sagte er und wandte sich wieder Mnrogar zu. »Während des Turniers habt Ihr das Wort an Lady Falon gerichtet, als würdet Ihr sie kennen. Ist das der Fall?«
Mnrogar sagte nichts. Er hatte lediglich unverwandt und ohne einen Wimpernschlag den Blick auf den Grafen gerichtet.
»Wenn nötig, können wir Euch zum Reden bringen!« fuhr der Graf den Troll an.
Mnrogar sagte immer noch nichts und verriet auch mit keiner Regung, ob die Worte des Grafen irgendeine Bedeutung für ihn hatten.
»Es tut mir leid, wenn ich Euch unterbrechen muß, Hugo«, meldete Carolinus sich diplomatisch zu Wort, »aber ich muß Euch sagen, daß Euch das nicht möglich sein wird.«
Der Graf drehte sich mit einer heftigen Geste zu ihm um.
»Nicht möglich? Nicht möglich?« wiederholte er. »Und ob es mir möglich ist!«
»Nun, Ihr könnt es natürlich versuchen, Hugo«, sagte Carolinus. Jim beobachtete ihn neugierig. Dieser weiche Tonfall von Carolinus' Stimme war ihm nur allzu vertraut. Wenn Carolinus so sprach, bedeutete das immer für irgend jemanden eine schlechte Nachricht.
»Nun, warum sagt Ihr dann, es wäre mir nicht möglich?« wollte der Graf wissen.
»Wie Richards Kaplan zweifellos bestätigen wird«, sagte Carolinus, »gehört der Troll zu den Geschöpfen, die landläufig als Elementarwesen bezeichnet werden -also zu den >longaevi<. Menschen kann man vielleicht unter der Folter zum Reden bringen. Die longaevi nicht. Sie verfallen lediglich in Schweigen und verharren in diesem Zustand. Die Fähigkeit der Menschen, andere ihrem Willen zu unterwerfen, beschränkt sich auf andere Menschen. Bei anderen Lebensformen funktioniert das nicht. Ihr könntet zum Beispiel auch keinen heiligen Engel foltern und auf diese Weise zum Sprechen bringen.«
Bei diesem Vergleich erbleichte der Graf, und seine Augen traten merklich aus ihren Höhlen.
»Daher«, fuhr Carolinus fort, »ist die menschliche Anwendung von Folter unwirksam gegenüber anderen Kreaturen, Gespenstern oder Naturkräften. Es hat sogar Männer und Frauen gegeben, denen der Glaube über ihr menschliches Widerstandsvermögen hinaus Kraft gegeben hat. Sie haben die schlimmsten Dinge ausgehalten, die man ihnen antun konnte. Ich bin sicher, der Herr Bischof oder sein Kaplan könnten Euch mühelos Beispiele nennen. Selbst einige Ritter, von denen Ihr gewiß Beispiele gehört habt, waren gelegentlich in der Lage, nur aus Gründen der Ehre die schlimmsten Schmerzen zu erdulden...«
»Ha!« sagte Brian leise und tief in seiner Kehle. Ein kleiner Teil seiner Aufmerksamkeit konnte sich für einen Augenblick von dem Gedanken an gefarcten Fasan losreißen, einem Gericht, das ansonsten bekannt war als mit Äpfeln und Hafer gestopfter Fasan. Aber nur Jim hörte Brians Bemerkung.
»Ein Elementarwesen«, kam Carolinus nun zum Schluß, »wird nur die Fragen beantworten, die ihm jemand stellt, dem er Antwort geben will.«
Der Graf warf sich in seinen Stuhl zurück.
»Na schön, beim heiligen Antonius!« rief er. »Dann sollt Ihr ihn befragen, Carolinus. Und findet bitte auch gleich heraus, was er damit meint, wenn er sich als König bezeichnet!«
»Aber gern, Hugo«, erwiderte Carolinus. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf Mnrogar. »Mnrogar, ich glaube, wir haben uns noch nicht kennengelernt, aber die meisten Elementarwesen haben von mir gehört. In den zweitausend Jahren Eures Lebens müßt Ihr ebenfalls von mir gehört haben.«
»Ja«, knurrte Mnrogar.
»Und gehe ich recht in der Annahme, daß Ihr unter anderem auch gehört habt, daß ich ein Freund aller Elementarwesen bin - ja, sogar aller Geschöpfe überhaupt, und daß sie sich ohne Gefahr mit mir anfreunden können. Ist das richtig?«
»Ja«, knurrte Mnrogar abermals.
»Nun denn«, sagte Carolinus, »die einzige Frage ist, ob Ihr das glaubt und mir genug vertraut, um ebenfalls mit mir zu reden. Wollt Ihr das tun?«
Mnrogar warf ihm einen langen Blick zu.
»Ja.«
»Also gut«, sagte
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