Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
magischem Wege zurückzubringen gedacht hatte. So war Jim nichts anderes übriggeblieben, als aus eigener Kraft den Weg zu Angie und Brian zurückzufinden.
Gemeinsam waren sie die Haupttreppe hinunter ins Erdgeschoß gegangen, wo der Palas an den Hauptturm grenzte und sich der Eingang zum Rittersaal befand. Bei ihrem Eintritt stellten sie fest, daß das Festmahl bereits in vollem Gange war. Die Diener huschten mit einer endlosen Anzahl von Schüsseln um die Tische herum, die vor allem den Gästen von höherem Rang auf dem gebeugten Knie dargereicht wurden. Die Musiker spielten auf ihrer Empore bereits eine muntere Weise. Jim bemerkte, daß unter den Posaunen, Lauten und Tamburinen auch sein Lieblingsinstrument, eine irische Harfe war.
Der Haushofmeister des Grafen erwartete sie bereits und geleitete sie in den Saal.
Brian wurde an einen der beiden Tische geführt, die sich durch die ganze Länge des Saals erstreckten, und Jim und Angie geleitete man zu der hohen Tafel auf dem Podium quer zu den beiden anderen Tischen am Kopfende des Rittersaals. Dort saßen bereits der Prinz, der Graf und die anderen wichtigen Gäste.
Jim war sich keineswegs sicher gewesen, ob ihm und Angie dort ihre Plätze zugewiesen würden. Nun gut, er war ein Baron. Aber im England des vierzehnten Jahrhunderts konnte ein Baron ebensogut eine wichtige Persönlichkeit sein wie ein Niemand.
Die jährlichen Einkünfte aus den Ländereien eines Edelmannes konnten - abhängig von einer Vielzahl von Umständen - weniger als fünfzig Pfund im Jahr betragen. Deshalb nahm Brian an Turnieren teil und versuchte, Rüstungen und Pferde zu gewinnen, die er für den Unterhalt seines kleinen Besitzes verkaufen konnte. Genausogut war es möglich, daß ein Baron über ein jährliches Einkommen von fünfhundert Pfund verfügte, was ihn finanziell dem höheren Adel des Königreiches, ja sogar einigen Angehörigen des Königshauses gleichstellte.
In der Tat rangierte Jim mit seinen Einkünften eindeutig im unteren Drittel. Daß man ihm mehr Aufmerksamkeit schenkte als den meisten Baronen seiner Einkommensklasse, verdankte er einzig der Tatsache, daß er ein Magier war und sich als Drachenritter, der seine Braut vor den Dunklen Mächten am Verhaßten Turm errettet hatte, einiger Berühmtheit erfreute.
Außerdem hielt es Jim nicht für ganz ausgeschlossen, daß er und Angie ihre Plätze an der hohen Tafel dem Einfluß des Bischofs und Chandos', wenn nicht gar Carolinus' selbst verdankten - obwohl es Carolinus gar nicht ähnlich gesehen hätte, seinen Einfluß auf solche Weise geltend zu machen.
Als Jim diese Überlegungen abgeschlossen hatte, wurde ihm klar, daß der Bischof immer noch auf eine Antwort von ihm zu warten schien.
»Wie kann ich Euch zu Diensten sein, Exzellenz?« fragte er hastig.
»Mit einem vollen Bericht all dessen, was Ihr über diese Angelegenheit wißt«. Dann fügte der Bischof etwas weniger gestreng hinzu: »Und ich hätte gern Euren Rat, wenn ich ihn benötige.«
»Aber natürlich, Exzellenz«, sagte Jim.
»Nun denn, Sir James«, fuhr der Bischof fort, »ich habe gehört, daß Ihr Euch auf die Suche nach dem Riesen unter dieser Burg gemacht hättet und dabei tatsächlich auf den Satan gestoßen wäret.«
»Eigentlich handelte es sich um einen Troll«, erklärte Jim. »Sehr groß und ungewöhnlich stark für seine Rasse; aber wißt Ihr, Trolle sind lediglich Elementarwesen und nicht von Natur aus böse, daher sollte man sie nicht als Satan betrachten.«
»Ich bin mir der Einstellung der Heiligen Kirche in solchen Angelegenheiten natürlich bewußt!« versetzte de Bisby steif. »Aber ich tue mich schwer mit der Vorstellung, daß ein Wesen wie ein Troll nicht zumindest etwas Teuflisches an sich haben sollte. Das gleiche mag wohl auch für die Dschinns gelten, die der ungläubige Saladin in Gefäße verschlossen und in die Tiefe des Ozeans geworfen hat, damit sie der Menschheit keinen Schaden zufügen konnten. Kaum denkbar, daß Satan da nicht seine Hände im Spiel hat. Ein Troll, der Menschenfleisch verzehrt! Ha!«
»Die Haie des Ozeans fressen ebenfalls Menschenfleisch, Exzellenz«, sagte Jim diplomatisch, »aber Ihr würdet sie kaum als Teufel bezeichnen.«
»Ich habe keine Kenntnis von irgendeiner Stellungnahme der Kirche zu dieser Angelegenheit.« Dann fügte der Bischof sehnsüchtig hinzu: »Dennoch, im Falle der Trolle wäre es vielleicht möglich, daß ein solches Geschöpf von der Macht des Teufels angesteckt sein könnte,
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