Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
sicher, daß der Troll uns trauen würde.«
»Wie meint Ihr das?« Ein einstweilen unausgesprochenes, höhnisches »Herr!« bebte unverkennbar auf den Lippen des Bischofs, aber er sprach es nicht laut aus.
»Er könnte Angst haben«, erklärte Jim, »daß man ihn erschlägt, während er nach dem anderen Troll sucht.«
»Er würde dem Wort eines Kirchenfürsten mißtrauen?« De Bisby starrte Jim wütend an.
»Ich - ich fürchte, ja«, antwortete Jim wahrheitsgemäß. »Natürlich solltet Ihr auch in dieser Angelegenheit besser meinen Meister der Magie fragen. Carolinus könnte Euch dazu gewiß mehr sagen.«
»Genau das werde ich tun!« erwiderte der Bischof.
Das wütende Stirnrunzeln war nun so deutlich zurückgekehrt, daß Jim sich unbewußt wappnete, wie er es im Falle eines drohenden körperlichen Angriffes zu tun pflegte; obwohl eine solche Möglichkeit geradezu lächerlich war. Kein Bischof würde seine Würde auf solche Weise aufs Spiel setzen.
»Bedenkt«, sagte Jim, »er ist nur ein Troll und weiß es nicht besser.«
Die bischöfliche Stirn glättete sich allmählich, und de Bisbys Gesicht nahm wieder seinen gewohnten Ausdruck an; mit einiger Mühe brachte er auch ein kleines, beruhigendes Lächeln zustande.
»Wie dem auch sei«, sagte er und hielt seine Stimme bewußt leise, »Ihr habt Euch bisher wacker geschlagen, mein Sohn.«
»Vielen Dank, Exzellenz«, entgegnete Jim.
»Also ...«, begann de Bisby.
»Exzellenz! Euer Gnaden!« rief eine scharfe, weibliche Stimme ein Stück weiter rechts von ihnen am Tisch. Jim und der Bischof reckten beide die Hälse, um besser sehen zu können. Agatha Falon beugte sich vor und winkte dem Bischof zu.
|»Mylady?« fragte der Bischof.
Könnten wir uns einen Augenblick unterhalten? Herr Graf und ich... Könntet Ihr uns einige Sekunden Eurer Zeit schenken?«
Sowohl der Prinz, der genau in der Mitte der Tafel als auch der Graf befanden sich zwischen ihnen. Bischof erhob sich von seiner mit einer Rückenlehne versehenen Bank - mehr war ihre Sitzgelegenheit nicht, aber sie war gepolstert, anders als die gewöhnlichen Bänke, auf denen die Gäste an den niederen Tischen saßen. Der Bischof erhob sich und ging ein Stück Tafel hinunter, um sich zwischen Agatha Falon und Grafen zu stellen und leutselig das Haupt zu neigen. Sir John Chandos, der auf Agathas anderer Seite saß, ignorierte ihren Ausruf höflich und unterhielt sich dessen weiter mit der neben ihm sitzenden Angie. Der Graf sagte etwas mit einer Brummbaßstimme, die so leise war, daß Jim die Worte nicht verstehen konnte. Aber den Inhalt ihres Gesprächs erfuhren er und alle anderen kurz darauf und bei weitem verständlicher und schriller von Agatha Falon.
»Wir führen eine Debatte, der Herr Graf und ich«, trällerte Agatha, »ob es zwischen Menschen von einem gewissen Altersunterschied wahre Liebe geben könne. Nicht nur das, sondern ob es vielleicht auch wahre Liebe auf den ersten Blick geben könne.«
»Ich würde mich nicht als Autorität in Sachen Liebe betrachten, Mylady«, entgegnete der Bischof mit gestrenger Miene. »Andererseits...« »Aber Ihr müßt doch mit zahlreichen Paaren zu tun gehabt haben, bei denen, sagen wir, der Mann ein wenig älter war als die Braut. Daher solltet Ihr in der Lage sein, Zeugnis abzulegen - und zwar in meinem Sinne -, daß ein solcher Altersunterschied auch nicht das geringste für die Gefühle der Betreffenden zu bedeuten hat?« Jim spürte, daß ihn jemand am Rücken seines Gewandes zupfte. Er hatte gerade noch Zeit für einen leisen Anflug von Verärgerung - nur einen leisen Anflug heutzutage, da ihm ähnliches bereits so viele Male zuvor passiert war. Aber es war ihm immer lächerlich erschienen, daß in einer Welt, in der einer dem anderen nur wegen eines bösen Blicks mit einer Streitaxt den Schädel spalten konnte, die Menschen über so viele winzige, pedantische Gesten verfügten. Diener kratzten an der Tür, bevor sie eintraten - das heißt, wenn sie nicht einfach ohne jede Vorwarnung hereinplatzten -, Menschen jeden Ranges zupften ihren gewünschten Gesprächspartner vorsichtig an einem Teil seiner Kleidung, statt ihn anzusprechen oder auf nachdrücklichere Weise zu berühren, um seine Aufmerksamkeit zu wecken. Aber es gab keine Abstufungen. Entweder wurde man gezupft, oder man erhielt einen regelrechten Schlag, der einen zum Kampf herausforderte.
In Erwartung eines Mundschenks, der nicht nur ihm, sondern auch den anderen umsitzenden Speisenden eine
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