Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
ihn zu einem Kampf aufgestachelt haben, ging ihm langsam ein wenig auf die Nerven. »Aber wenn Ihr den Kampf wünscht, stehe ich Euch gerne jederzeit zur Verfügung. Hier oder an irgendeinem anderen Ort - ja, und ich versichere Euch, ich werde keine Magie verwenden.«
Als er sah, daß der andere ihn immer noch anstarrte, brauste er von neuem auf.
»Ich habe Euch mehrmals gesagt, daß ich nichts Derartiges beabsichtigte. Also glaubt Ihr mir nun, oder glaubt Ihr mir nicht?«
»Wahrhaftig, Sir James«, sagte Sir Harimore, »ich muß mich doch ein wenig darüber erstaunen. Es ermangelt Euch nicht an Mut - aber das sagte mir schon der Ruf, in dem Ihr steht. Dennoch - daß Ihr eine Auseinandersetzung mit mir auch nur in Erwägung zieht -Ihr müßt Euch doch der Tatsache bewußt sein, daß es kein gerechter Kampf sein würde.«
»Kein gerechter Kampf?« wiederholte Jim, der jetzt vollständig verwirrt war.
»Wohl kaum«, sagte Sir Harimore. »Man würde mich betrachten wie einen Mann, der mit einem Zwölfjährigen den Kampf aufnimmt. Nichts für ungut, Sir James, aber Ihr müßt Euch doch gewiß bewußt sein, daß Ihr nicht die leiseste Hoffnung hegen dürftet, länger als ein oder zwei Augenblicke standzuhalten. Man muß natürlich immer der Ehre Genüge tun, aber für mich ist unzweifelhaft erkennbar, daß Ihr kaum eine Ausbildung genossen habt, die Euch für den Kampf mit einem Mann wie mir - oder auch nur Eurem Freund, Sir Brian - befähigen würde. Und jeder, der mich kennt, würde wissen, daß ich das gleich bei unserer ersten Begegnung erkannt hätte.«
»Und was genau habt Ihr erkannt?«
»Na, kommt schon, Sir James«, sagte Sir Harimore. »Hundert Dinge. Die Art, wie Ihr im Sattel sitzt, die Art, wie Ihr geht. Ihr habt so eine gewisse Unbeholfenheit...«
Jims Temperament, das bereits in Wallung gebracht war, befand sich nun gefährlich dicht vor dem Siedepunkt. Er wußte genau, daß seine körperlichen Reflexe bedeutend schneller waren als die der meisten Menschen. Seit seinen High-School-Tagen hatten die Sportreporter seine Gewandtheit und Schnelligkeit auf dem Volleyballplatz bemerkt und lobend erwähnt. Andererseits stimmte es, daß er trotz Brians Bemühungen in dieser Richtung erst die Anfangsgründe dessen beherrschte, was der durchschnittliche Ritter gelernt hatte. Allerdings begann der durchschnittliche Ritter mit seiner Ausbildung, sobald er alt genug war, um allein herumzustapfen und zuzusehen, wie seine älteren Verwandten sich in der Waffenkunst übten.
»Wahrhaftig«, rief Sir Harimore, »in eben diesem Augenblick steckt Euer Schwert weit hinten an Eurem Gürtel, um Euch das Reiten bequemer zu machen, statt weiter vorn, wo Ihr es im Notfall schneller ziehen könntet.«
Jims Zorn sank in sich zusammen wie ein angestochener Ballon. Er konnte nicht leugnen, daß Sir Harimore recht hatte. Er hatte es sich angewöhnt, sein Schwert beim Reiten beinahe gedankenlos zurückzuschieben, bevor er aufsaß. Er konnte den leichten Druck an seinem Schenkel spüren wie ein Abzeichen der Schande vor dem erfahrenen Kämpfer auf dem Pferd neben ihm.
»Aber trotzdem ...«, begann er schwach.
»Ihr braucht nicht mehr zu sagen, Sir James«, meinte Sir Harimore. »Ich weiß es zu schätzen, daß Ihr bereit wart, Euch Eures Freundes wegen mit mir zu schlagen, obwohl Ihr wußtet, daß Euer Versuch hoffnungslos sein mußte. Nichts Geringeres hätte ich von Euch erwartet. Nun weiß ich auch, daß die Legenden der Wahrheit entsprechen. Aber seht! Da vorne reiten Eure Dame und die anderen, nach denen wir suchen!«
Jim sah in die gewiesene Richtung. Nur ein Dutzend Meter vor ihnen standen an einem kleinen offenen Platz vier Männer und eine Frau neben ihren Pferden und untersuchten etwas auf dem Boden. Eine weitere Frau saß ein kleines Stück von der Gruppe und dem, was sie da betrachteten, entfernt.
Die Frau auf dem Pferd war Angie.
»Tatsächlich!« rief Jim. »Ich bin Euch sehr verpflichtet, Sir Harimore!«
Er ließ sein Pferd in Trab fallen, und Sir Harimores Pferd, das scheinbar kein Zeichen von seinem Reiter benötigte, hielt mühelos mit Jims Pferd mit. Die Leute auf der Lichtung blickten auf, als die beiden Ritter herankamen. Sir Harimore zügelte sein Pferd ungefähr zehn Fuß vor den drei Leuten, die nebeneinander standen, während Jim auf Angie zuritt. Als er näher kam, sah er, daß ihr Gesicht weiß war.
»Jim!« Sie streckte die Hand nach ihm aus, so gut sie es vermochte, während ihre beiden Pferde
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