Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
stieß der Bischof plötzlich hervor. Seine Miene hatte sich aufgehellt. »Das ist unsere allererste Pflicht, den Troll unter uns auszumerzen, genauso wie es unsere Pflicht ist, den Satan in uns selbst auszumerzen - das heißt, in den meisten von uns. Und das hat nichts damit zu tun, ob der Troll unter der Burg zufrieden ist oder nicht. Vielleicht können wir selbst herausfinden, wer es ist.«
»Mylord«, sagte Jim, »meint Ihr nicht, unserem Herrn Grafen wäre es lieber, die übrigen Gäste erführen nicht, daß es einen verkleideten Troll unter uns gegeben hat? Wenn sie wüßten, daß es einem Troll gelungen ist, sich in seine Weihnachtsgesellschaft einzuschleichen, werden seine Gäste sich in Zukunft vielleicht unbehaglich fühlen...«
»Durchaus möglich«, sagte der Bischof grimmig. »Nun, was habt Ihr vorzuschlagen, Sir James?«
»Diese Verhandlung, von der ich sprach ...« Jim hob eine Hand, denn der Bischof wollte gerade wieder etwas sagen. »Ich versichere Euch, daß es bei diesen Verhandlungen um nichts Unchristliches gehen wird. Es würden lediglich die beiden ständigen Bewohner der Burg zusammenkommen und entscheiden, wie sie einen Eindringling, den sie beide nicht in der Burg haben wollen, am besten loswerden können. Sie brauchen sich lediglich auf eine Vorgehensweise zu verständigen. Es geht nur darum, daß sie sich zusammen hinsetzen und miteinander reden, bis sie feststellen, daß sie in dieser Hinsicht ein gemeinsames Interesse verfolgen. Sobald ihnen das klargeworden ist, können wir schnell und in aller Heimlichkeit eine Lösung finden.«
»Eine hervorragende Idee, sollte ich meinen, Sir James«, bemerkte Chandos.
Der Bischof warf schnell einen Blick auf Chandos, sah dann wieder Jim an und wandte sich zu guter Letzt Chandos zu. »Ihr meint wirklich, das wäre machbar, Sir John?« fragte er. »Ich vertraue Eurem Alter und Urteil mehr als dem von Sir James. Glaubt Ihr, Sir James hätte einen bedenkenswerten Vorschlag gemacht?«
»Das glaube ich, Exzellenz«, sagte Chandos. »Ja wirklich, der Vorschlag, den er uns anbietet, ist möglicherweise unsere einzige Hoffnung, die Dinge wieder ins reine zu bringen.«
»Das meint Ihr also?« Der Bischof sah nun wieder Jim an. »Also schön, Sir James. Ich höre Euch zu.«
Jim hoffte inbrünstig, daß sich dieser Zustand eine Weile erhalten würde.
»Ihr versteht also, Exzellenz, und Sir John...«, begann er, als sie den dichten Wald verließen und über eine kleine Lichtung ritten, bevor die Bäume sie abermals umschlossen. Über den ferneren Wipfeln waren jetzt die oberen Zinnen zu sehen, auf denen kleine Wimpel und Banner flatterten. Das Banner des Grafen überragte alle anderen, eine große Standarte in Gold und Grün. Jim spürte, wie ein wachsendes Unbehagen in ihm aufkeimte. Aragh brachte sie wirklich in die unmittelbare Nähe der Burg, wenn nicht sogar in die Burg selbst. Jim hatte eher einen abgeschirmten Platz tief im Wald im Sinn gehabt. Aber Aragh mußte wohl wissen, was er tat.
Plötzlich wurde sich Jim der Tatsache bewußt, daß sowohl der Bischof als auch Chandos ihn ansahen, und sie schienen darauf zu warten, daß er einen Satz zu Ende führte, den er begonnen hatte. Aber was hatte er nur sagen wollen? Seine Gedanken überschlugen sich, während er hastig versuchte, sich zu erinnern.
»Wie ich gerade bemerken wollte«, sagte er, »als dieses leichte Kitzeln in meiner Kehle mich verstummen ließ - Euch ist sicher bewußt, daß der Graf und der Troll bei ihrer ersten Begegnung voll der Klagen übereinander sein werden; sie werden sich gewiß auf nichts verständigen können. Man muß ihnen die Sache langsam nahebringen. Das ist das Wesen der Verhandlung -eine dritte Partei wird benötigt, um die beiden Verhandlungspartner sanft zu einem Punkt zu führen, an dem sie langsam einen Grund zur Übereinstimmung sehen. Ich habe die Absicht, dieser dritte Verhandlungsteilnehmer zu sein, der gemeinhin als Vermittler bezeichnet wird und die beiden Partner zur Übereinstimmung führt.«
»Ich sollte ebenfalls zugegen sein«, sagte der Bischof.
»Wenn Ihr mir verzeihen wollt, Exzellenz«, wandte Jim ein, »die Erfahrung zeigt, daß so etwas am besten verläuft, wenn es nicht mehr als drei Parteien gibt; sind mehr als drei an der Sache beteiligt, wird lediglich eine weitere Meinung in die Verhandlung einfließen, die eine Einigung verzögern könnte. Und es hat schon Fälle gegeben, bei denen so etwas die ganze Verhandlung zunichte gemacht
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