Drachenritter 07 - Der Drache und der Wuzelkönig
zurück in jenen, den sie zuerst betreten hatten. Die Tür war offen, aber nicht weit genug, als daß er den Grafen hätte sehenkönnen. Jim schlüpfte vorsichtig durch die Öffnung, schob sie mit der Schulter ein wenig weiter auf und trat in das Zimmer. Er verließ sich fest auf seine Unsichtbarkeit.
Cumberland stand in der Nähe des Feuers. Auf dem besten Stuhl saß der König, der jetzt, da er nicht mehr stand, erheblich weniger majestätisch wirkte.
»…Wohin zum Teufel sagtet Ihr, sei sie gegangen?« wollte der König gerade wissen.
»Ausreiten, Euer Hoheit«, antwortete Cumberland.
»Ausreiten! Warum tut sie das? In letzter Zeit scheint sie immer ›ausreiten‹ zu sein, wenn ich sie sehen will«, murmelte der König mehr zu sich als zu Cumberland. Er blickte zum Grafen auf. »Robert, gebt mir etwas zu trinken.«
Cumberland trat zu dem Tisch, der in Reichweite des Königs stand, und goß ihm aus einer Flasche in einen großen Pokal aus bemaltem Glas ein. Dieser händigte er mit nur einer kleinen schnellen Verbeugung dem König aus, der den Pokal geistesabwesend entgegennahm und dann durstig aus ihm trank.
»Verdammte Frauen«, sagte der König. »Immer haben sie irgend etwas vor. Ich beanspruche ja gar nicht viel von ihrer Zeit. Ich glaube sogar, daß ich sie die meiste Zeit über tun lasse, was sie will. Aber die Art, wie sie immer Dinge erledigen muß, wenn ich sie sehen will, würde auch einen Heiligen in Erstaunen versetzen.«
Er sah Cumberland scharf an.
»Im Namen all dessen, was heilig ist, Robert! Ich erlaube Euch, Euch zu setzen! Hört auf damit, dort rumzulaufen wie ein Bulle, der gleich zu den Kühen gelassen wird.«
»Vielen Dank, Euer Hoheit«, gab Cumberland steif zurück und setzte sich auf den anderen gepolsterten Stuhl.
»Wo war ich stehengeblieben? Ach ja, die Haare frisieren, sich ein neues Gewand anpassen lassen und noch viele andere Sachen… Robert, stattet sie dem Was-immer-er-ist unten im Verlies immer noch Besuche ab?«
»Ich glaube, sie geht von Zeit zu Zeit hinunter, Euer Hoheit. Es hat einmal so ausgesehen, als wäre er entkommen. Er hat irgendwie die Ketten zerbrochen – sie hätten einen Bären halten sollen – und sich seinen Weg aus dem Loch, in dem er steckte, herausgegraben, oder hat sich so tief eingegraben, daß der Mann, den wir hinabgelassen hatten, beinahe von einem Erdrutsch begraben wurde. Aber drei Tage später war die Kreatur wieder zurück. Wir haben sie in stärkere Ketten gelegt und das Loch zugeschüttet. Ja, ich denke, Lady Agatha war
seitdem wenigstens einmal unten.«
»Warum macht sie so etwas?« wollte der König wissen.
»Ich weiß es nicht, Euer Hoheit. Vielleicht – Ihr wißt ja, wie Frauen mit Kindern, Vögeln und dergleichen sind. Sie wollen sie bekommen, um damit zu spielen. Vielleicht wollte sie herausfinden, ob dieser seltsame, mißgestalte Mann als Schoßhündchen taugen konnte.«
»Wenn mit ihm etwas anzufangen ist, dann will ich ihn als Hofnarren haben. Aber jemand von ihrem Rang, der sich in diesen Verliesen rumtreibt – ich wünschte, sie würde das lassen!«
»Ihr solltet mit ihr darüber sprechen, Hoheit.«
»Warum sprecht Ihr nicht zuerst mit ihr darüber? Ich weiß nicht, woran es liegt, aber wenn ich mit ihr über solche Sachen reden will, nimmt das Gespräch immer einen anderen Verlauf. Sprecht ernsthaft mit ihr, Cumberland. Sagt ihr, daß es sich für jemanden, der dem König so nahe steht, nicht gehört, sich unterhalb der Burg aufzuhalten und mit Schmutz bedeckt
zurückzukehren.«
»Was auch immer Euer königlicher Wunsch ist.«
»Ja, es ist tröstlich zu wissen, daß ich Euch mit bestimmten Angelegenheiten betrauen kann – o Robert Ihr habt mein Weinglas leer werden lassen.«
Der Graf stand auf, füllte das Glas und setzte sich wieder. »Ich freue mich, daß ich Eure Zustimmung habe, Hoheit«, sagte er mit schwerer Stimme. »Wenn ich in einer bestimmten Angelegenheit um Eure Aufmerksamkeit bitten dürfte, dannwäre dies vielleicht ein guter Zeitpunkt, um über den Überfall auf meine Besitztümer im Norden eingehender zu sprechen.«
»Nein, nicht das, Robert, nicht das!« sagte der König verdrießlich. »Darüber haben wir bereits geredet. Macht, was Ihr wollt. Kümmert Euch selbst darum. Ich sollte nicht bei allem was Ihr tut, Eure Hand halten müssen. Schließlich ist es Euer Besitz.«
»Es ist nicht der Besitz, der mir Sorge macht, Hoheit. Wenn das alles wäre, hätte ich Euch mit der Angelegenheit
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