Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis
Kinderschlange.
» Nein, es ist mein Ernst, Professor. Mir ist das peinlich, die sind doch alle viel kleiner als ich«, versuchte sie noch einmal, sich zu wehren.
» Bitte, Sofia, mir zuliebe, ich habe überhaupt kein Foto von dir … und das hier wäre doch wirklich originell!«
Ja, klar, sie gab zwischen den riesigen Elefantenohren den Hampelmann … Originell wäre das sicherlich, aber nicht unbedingt das Bild, das sie der Nachwelt von sich hinterlassen wollte. Aber was sollte sie machen?
So wartete sie in der Schlange und hatte dabei Gelegenheit, sich das Tier und das Mädchen daneben genauer anzuschauen. Der Elefant wirkte ganz zahm, und das Mädchen war sagenhaft schön mit ihrem schlanken, athletischen Körper und ihren in vielerlei Schattierungen glänzenden Haaren, die ihr weich und lang den Rücken hinunterfielen. Was Sofia aber am stärksten beeindruckte, war das Muttermal auf der Stirn des Mädchens, genau zwischen den Augenbrauen. Es war dunkelrot und befand sich exakt an der gleichen Stelle wie ihr eigenes. Ein eigenartiger Umstand, der sie beide verband.
» So, der Nächste …«
Ihre Stimme war warm und sanft und ihr Lächeln wie aus der Modezeitschrift. Als ihr Blick jedoch auf Sofia und den Professor fiel, schlich sich Verwunderung in ihre lächelnde Miene. Wahrscheinlich fragte sie sich, was ein dreizehnjähriges Mädchen dazu bewegen mochte, sich mit einem Elefanten fotografieren zu lassen.
» Bitte schön«, sagte sie übertrieben höflich. » Wer von Ihnen beiden möchte auf das Foto?« Der Spott in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
» Hier, sie … das ist Sofia …«, antwortete der Professor lächelnd, indem er sie vorwärtsschob. Er hatte den Arm um ihre Schulter gelegt, so als sei sie eine Art Trophäe, mit der man sich brüsten konnte. » Und du, wie heißt du?«, fragte er das Mädchen.
» Lidja, sehr erfreut, Sie kennenzulernen«, antwortete sie mit einer eleganten Verneigung. » Komm, Sofia …«
Sie reichte ihr die Hand, die Sofia zögernd ergriff. Dabei warf sie wieder einen scheuen Blick auf den Elefanten, der ihn mit betrübter Miene zu erwidern schien. » Ist der gefährlich?«, fragte sie kaum vernehmlich.
Lidja aber lachte laut auf. » Ach was! Der ist ganz brav. Komm, stell dich auf den Hocker, nimm das Seil in die Hand und zieh dich hinauf.«
Sofia warf einen Blick auf den niedrigen Hocker, der eigentlich nicht mehr war als ein wackliger Schemel, und seufzte. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Sie musste mitmachen, ob sie wollte oder nicht.
Furchtbar unbeholfen kam sie sich vor, gab sich aber dennoch die größte Mühe bei dem Versuch, sich hinaufzuschwingen. Leider ohne Erfolg.
» Was machst du denn? Du musst dich richtig mit den Armen hochziehen.« Lidjas Stimme klang belustigt.
» Das versuch ich ja …«
Immer mehr Kinder und Eltern wurden auf die Szene aufmerksam und verfolgten interessiert, was da vor sich ging. Sofia spürte ihre Ohren glühen. Sicher waren sie schon tiefrot angelaufen.
» Soll ich dir helfen?«, fragte Lidja.
Sofia wusste nicht, wie sie das Angebot deuten sollte. » Ich …«
Ein Pfiff ertönte und Sofia spürte etwas Hartes unter den Füßen und gleichzeitig einen kräftigen Schub nach oben. Sie schrie auf, und der Schrei übertönte das Gelächter ringsum, das Sofia aber kaum noch mitbekam. Mit seinem Rüssel hatte der Elefant sie hinaufbefördert, allerdings nicht so, wie es wünschenswert gewesen wäre. Denn jetzt lag sie bäuchlings quer auf dem Rücken des Tieres, während ihr Hinterteil in die Höhe ragte. Als sie einen Moment lang die Augen öffnete, blickte sie in eine ganze Schar fremder, lauthals lachender Gesichter. Glühend vor Scham, senkte sie den Kopf.
» Nur noch einen Moment Geduld. Wir haben’s gleich geschafft«, rief Lidja, ans Publikum gewandt.
» Lass mich runter«, flehte Sofia.
» Komm, setz dich auf …«
» Nein, ich will runter! Bitte!«
Ein weiterer Pfiff und der Elefantenrüssel trat wieder in Aktion.
» Lass mich runter!«
» Okay, okay, wie du möchtest«, antwortete Lidja.
So flink, wie Sofia es sich nur hätte erträumen können, schwang sich das Mädchen auf den Elefantenrücken und legte ihr einen Arm um die Taille.
» Lass dich einfach runter. Ich halte dich schon.«
Sie lächelte und Sofia kam sich wie ein Tölpel vor. Langsam glitt sie hinab, wie man ihr gesagt hatte, schabte aber am Elefantenrücken entlang, und dabei rutschte ihr das Kleid hoch, sodass sie nun dem Publikum einen
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