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Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis

Titel: Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Sie waren nichts anderes als ein Teil seines Geistes, der sich von dem eigentlichen Geschöpf abgespalten und Unterschlupf in dieser Welt gesucht hatte, indem er von den Körpern dieser beiden Besitz ergriffen hatte. Zwei Diener waren sie, mit einem eigenen Willen ausgestattet, und doch seiner Herrschaft unterworfen. Beide neigten das Haupt zum Zeichen der Ehrerbietung und des Gehorsams.
    Nidhoggr war wieder unter ihnen.
    » Ich habe getan, was Ihr mir auftrugt«, brach Nida das Schweigen. » Ich habe für unsere Zwecke einen Jungen gewonnen und ihn ausgeschickt, die Schläferin zu töten.«
    Die Antwort war ein zustimmendes Knurren. Das Mädchen schluckte. Nun kam der schwierigere Teil. Und mit Sicherheit lauerte Ratatoskr nur darauf, dass sie gestehen musste, gescheitert zu sein. Denn er wusste ebenso gut wie sie, dass selbst der kleinste Fehler streng bestraft würde. Aber diese Genugtuung wollte sie ihm nicht gönnen. Am Ende würde sie es sein, dem ihr Herr seine Gunst schenkte. Das hatte sie sich geschworen.
    » Unser Knecht konnte sie nicht finden, Herr.«
    Schon spürte sie Nidhoggrs ganzen Zorn, der sich gleich über sie ergießen würde.
    » Willst du mir sagen, dass du gescheitert bist?«
    Ruckartig hob Nida den Kopf. » Nein, nein, Herr, glaubt das nicht. Es war nur ein erster Versuch. Ich werde es schaffen. Nur bräuchte ich etwas mehr Zeit, vielleicht hält sich das Mädchen irgendwo versteckt …«
    Da hallte ein Brüllen von den Wänden wider, sodass Nida sich erschrocken die Ohren zuhielt.
    » Du weißt, ich dulde keine Verzögerungen in der Ausführung meiner Befehle. Vergiss nie, so wie ich dir das Leben schenkte, kann ich es dir jederzeit auch wieder nehmen.«
    Nida nickte zitternd. Dann folgte ein langes, beunruhigendes Schweigen.
    » Ich spüre die Gegenwart dieser Schläferin auch nicht mehr«, hob die Stimme wieder an.
    » Glaubt Ihr etwa, dass sie … dass sie den anderen in die Hände gefallen ist?«, stammelte Nida.
    » Bete, dass es nicht so sein möge«, antwortete ihr Herr. Seine Stimme bebte vor unterdrücktem Zorn. » Als ich noch auf dieser Erde weilte, geboten die Hüter über Mittel, um Dinge, die mir lieb und teuer waren, vor mir zu verbergen. Barrieren, Zauber und all die anderen Kunstgriffe, die die verfluchten Drachen sie gelehrt hatten. Doch eine Schläferin kann sich nicht bis in alle Ewigkeit verborgen halten. Und du wirst sie aufspüren, egal ob die anderen sich ihrer bemächtigt haben oder nicht.«
    Nida nickte beflissen.
    » Andernfalls wirst du meine Rache zu spüren bekommen.«
    Die Augen des Mädchens weiteten sich vor Angst, doch ließ er ihr noch nicht einmal die Zeit, sich eine zufriedenstellende Antwort zurechtzulegen. Denn er schaute sie nur an und schon durchfuhr ein heftiger Schmerz ihre Glieder. Es war, als presse etwas ihre Knochen zusammen und drohe, sie zu zerbrechen. Sie schrie aus vollem Halse und fiel dann keuchend auf die Knie.
    » Das ist nur eine Warnung.«
    » Gewiss, ich habe es nicht besser verdient …«, murmelte sie atemlos, » nein, ich habe es nicht besser verdient …«
    Nidhoggr ließ von ihr ab und wandte sich an Ratatoskr, der sofort den Blick senkte.
    » Du wirst dich ins Waisenhaus begeben und dich dort umschauen. Sobald du herausgefunden hast, wo sich das Mädchen aufhält, schickst du den Knecht aus. Er soll sie töten.«
    » Gewiss, Herr, ich werde Euch nicht enttäuschen«, antwortete Ratatoskr mit fester Stimme.
    Kaum hatte er dieses Wort ausgesprochen, erloschen die roten Augen, und die Finsternis, die sie umgeben hatte, löste sich auf. Ratatoskr und Nida waren wieder allein in der stillgelegten Fabrik.
    Völlig entkräftet kauerte die junge Frau am Boden und presste die Hände auf den Bauch. Doch der Schmerz war überall.
    Ratatoskr hingegen erhob sich, ohne in irgendeiner Weise auf ihren Zustand einzugehen. » Dann bis morgen Abend«, sagte er, beugte sich aber noch einmal zu ihr hinab. » Ich denke, das wird dir eine Lehre sein …«
    Er bedachte sie mit einem gemeinen Lächeln und verschwand. Nida sah ihm nach, während er sich entfernte, und biss sich dabei so fest auf die Lippen, dass sie bluteten.
    » Heute Abend gehen wir in den Zirkus«, hatte der Professor mit seinem üblichen Lächeln verkündet. Sofia sah ihn nur staunend an. Seit sie in seinem Haus am See lebte, und das waren mittlerweile gut drei Wochen, hatten sie noch keinen einzigen Abend den Fuß vor die Tür gesetzt. Die Abendstunden verbrachte der Professor in

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