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Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis

Titel: Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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sich mit glänzenden Augen zu Sofia um.
    » Ja …«, konnte sie nur sagen.
    Weiter kam sie nicht. Schon hatte Lidja einige Bücher aus den Regalen gezogen, die sie nun interessiert durchblätterte.
    Auf diese Weise verging eine gute Stunde, während derer der Gast nicht mehr ansprechbar war. In Lidja schien ein hell loderndes Feuer zu brennen, eine unbändige Neugier, die sie alles um sich herum vergessen ließ, nicht nur dass sie hier Gast war, sondern auch, dass noch ein anderer Mensch anwesend war.
    » Du kennst dich mit diesen Büchern bestimmt nicht aus, oder?«
    Sofia war längst ganz in ihre Gedanken vertieft, sodass sie diese freche Unterstellung völlig unvorbereitet traf.
    » Nun, ich …«
    » Thomas hat mir erzählt, dass du noch nicht lange hier bist. Aber was hast du für ein Glück: Aus einem verlausten Waisenhaus in diese Prachtvilla.«
    Sofia versetzte es einen Stich. Was fiel dieser eingebildeten Pute bloß ein, sich so herablassend über den Ort zu äußern, wo sie ihre Kindheit verbracht hatte? Aber sie bemühte sich, ihren Ärger zu überspielen. » Ja, schon«, antwortete sie knapp.
    Zum Glück brachte Thomas ihnen jetzt heiße Schokolade und ein paar Kekse, und Sofia war erleichtert, sich nun erst einmal tief über die Tasse beugen und so ihren Unmut verbergen zu können.
    » Also wenn ich hier wohnen würde«, fing Lidja wieder an, » säße ich von morgens bis abends in der Bibliothek, zwischen all diesen herrlichen Büchern, und würde lesen, lesen, lesen, diese antiken Sagen und Mythen über Drachen, Lindwürmer und diese ganzen Fabeltiere …«
    » Lindwürmer?«, fragte Sofia nach.
    Lidja nickte selbstgefällig. » Ja, noch nie davon gehört?«
    Errötend schüttelte Sofia den Kopf, worauf Lidja tief Luft holte und dann mit Lehrerinnenmiene erläuterte: » Lindwürmer sind Drachen ziemlich ähnlich, haben aber nicht vier, sondern nur zwei Pranken. Manche bezeichnen sie auch als geflügelte Schlangen. Ihr Schwanz ist mit einem giftigen Stachel besetzt. In der Wappentradition symbolisieren sie die Pest, während sie in anderen Überlieferungen als Träger von Leid und Katastrophen gelten. Besonders sympathische Tiere sind sie nicht.«
    Ein eigenartiger Schauer lief Sofia über den Rücken, während sie diese Beschreibung hörte. Irgendetwas an Lidjas Worten kam ihr vertraut vor.
    Doch deren triumphierendes Lächeln sorgte dafür, dass sie dieses Gefühl schnell wieder vergaß. » Woher weißt du das alles?«
    Lidja zuckte mit den Achseln. » Hauptsächlich von meiner Großmutter. Anstelle von Märchen hat sie mir vor dem Einschlafen solche Sagen erzählt, vom Weltenbaum und seltsamen Geschöpfen, diese Geschichten eben, die auf dem Land von Generation zu Generation weitergegeben werden. Ich habe sie geliebt, diese Geschichten, und nachts träume ich immer davon, von einer weißen, fliegenden Stadt …«
    Sofia erstarrte, während sich ihre Finger um die Tasse krampften, die sie gerade zum Mund führen wollte. » Von einer … einer fliegenden Stadt?«
    » Ja, das war auch so eine Geschichte von meiner Großmutter. Danach gibt es eine Stadt, die sich vor Tausenden von Jahren von der Erde gelöst hat und nun am Himmel kreist. Niemand weiß genau, wo sie ihre Bahnen zieht, doch irgendwann soll sie sich in ihrer ganzen Pracht wieder zeigen. Und dann wird die Menschheit von ihrem Irrweg umkehren und sich wieder darauf besinnen, in Frieden und Eintracht mit der Natur zu leben.«
    Behutsam setzte Sofia die Tasse ab. » Und träumst du häufig von dieser Stadt?«
    Lidja nickte. » Ja, warum auch nicht? Ist doch nichts dabei …«
    Sofia antwortete nicht, sondern überlegte, in welchem Buch diese Sage wohl zu finden sein mochte. Die musste sie unbedingt lesen.
    » Komm, lass uns mal ein wenig rausgehen.«
    Sofia riss sich aus ihren Gedanken und warf einen Blick auf die große Pendeluhr in einer Ecke. Bald würde es dunkel werden. » Es ist schon spät. Um diese Zeit wird uns der Professor nicht mehr alleine vor die Tür lassen. Ja, noch nicht einmal, wenn Thomas uns begleitet.«
    Lidja verdrehte die Augen. » Machst du Witze? Warum das denn?«
    Sofia zuckte mit den Achseln. » Ich glaube, das hat mit dem Überfall auf das Waisenhaus zu tun, in dem ich gelebt habe. Seitdem darf ich abends nicht mehr raus. Wahrscheinlich fürchtet der Professor, dass mir irgendetwas zustoßen könnte …«
    Lidja legte das Kinn auf die gefalteten Hände. » Komm … wenigstens eine kleine Runde durch den

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