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Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis

Titel: Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Geistes vollends erloschen war. Erst dann schloss sie die Hand.
    Lidja stürzte und eine unheimliche Stille machte sich in der Höhle breit. Die Luft war gesättigt von beißendem Verwesungsgestank, und von der ganzen Pracht, die die Höhle kurz zuvor noch ausgefüllt hatte, war nichts mehr übrig.
    Nidas Absätze knallten auf dem Felsboden, während sie mit großen Schritten zu der reglos daliegenden Lidja trat. Einige Augenblicke betrachtete sie ihr Opfer. Es war wirklich einfach gewesen, sie zu bezwingen, ganz so wie Nidhoggrs Erinnerungen es ihr eingegeben hatten. Ein letzter Blick auf das erschöpfte Gesicht, dann warf sie den Kopf zurück und wandte sich ab. Jetzt musste sie sich sputen, wenn sie die Schläferin und den Unterjochten noch erwischen wollte.
    In dem Gewirr aus Zweigen verheddert, das Sofia um ihn herum gewebt hatte, fand Nida den Unterjochten. Noch zappelte er und schlug um sich, um frei zu kommen, aber offensichtlich war er mit seinen Kräften am Ende. Von dem Mädchen keine Spur. Zornig stemmte sie die Fäuste in die Hüften. Jetzt würde sie einer Bestrafung durch ihren Herrn nicht mehr entgehen. Das stand fest. Als sie sich Ratatoskrs schadenfrohes Gesicht vorstellte und wie sie sich untertänig vor ihrem Herrn in den Staub würde werfen müssen, schrie sie vor Wut laut auf. Um ihren Komplizen aus dem Feld zu schlagen und sich die Gunst Nidhoggrs zu sichern, hatte sie darauf gedrängt, alleine mit dem Unterjochten zu dieser Mission aufzubrechen. Aber nie hätte sie gedacht, dass die ganze Sache eine so üble Wendung nehmen würde. Dann fiel ihr plötzlich wieder das Mädchen in der Höhle ein. Der Gedanke war wie eine Erleuchtung für sie.
    Ein zufriedenes Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie nun auf den Unterjochten zutrat und mit einem Finger das Geflecht aus Zweigen berührte. In Sekundenschnelle war es niedergebrannt und der Junge stürzte zu Boden. Bald würde es um ihn geschehen sein, aber noch verfügte er über genügend Kräfte, um seine letzte Aufgabe zu erfüllen. Nida hob seinen Kopf und blies ihm ins Gesicht. Sofort kam Leben in seine rot blitzenden Augen. Er nickte und schleppte sich weiter, hinaus aus dem Gang, während seine Herrin in die Höhle zurückkehrte.

19
    Schuldgefühle

    Sofia warf sich mit ihrem ganzen Körpergewicht gegen das Wellblechtor, das das Ausgrabungsgelände sicherte. Mit einem furchtbaren Getöse gab es nach und sie krachte mit ihm zu Boden. Sofort rappelte sie sich wieder hoch und lief unverdrossen weiter, ohne anzuhalten, noch nicht einmal, um etwas zu Atem zu kommen. Sie rannte aufs Geratewohl in eine Richtung und überließ sich den schwerfälligen Bewegungen ihrer Beine. Sie musste weiter, nur das war ihr klar, fort, weit fort.
    Keine Laternen, nur fahles Mondlicht erhellte die Straße. Sofia konnte kaum etwas erkennen, außer den Scheinwerfern der Autos, die sie hin und wieder blendeten. Einige Male schreckte ein Hupen sie auf. Kraftlos und mit benebelten Sinnen schleppte sie sich weiter. Bis ihre Beine plötzlich nachgaben. Sie stolperte und fiel der Länge nach hin, presste dabei aber mit einer Hand die Frucht fest an die Brust, sodass sie sich nur mit der anderen ein wenig abfangen konnte. Sie war am Ende.
    » Lidja, wo bist du? Lidja? «
    Sie brauchte die Freundin, brauchte deren Flügel, vor allem aber ihre Entschlusskraft, ihre Selbstsicherheit. Sogar ihre Moralpredigten fehlten ihr.
    Quietschende Autoreifen auf dem Asphalt brachten sie in die Wirklichkeit zurück, und als sie aufblickte, sah sie, wie zwei Scheinwerfer auf sie zurasten.
    » Ich sterbe « , dachte sie, war aber sogar zu erschöpft, um Angst zu bekommen. Die Ironie des Schicksals ging ihr allerdings noch auf: Sie war diesem todbringenden blonden Mädchen entronnen, um jetzt von einem Auto überfahren zu werden. Doch der Zusammenstoß blieb aus, die Bremsen taten ihre Pflicht, und im letzten Moment konnte der Fahrer das Steuer herumreißen. Der Wagen schleuderte hin und her und blieb stehen. Dann wurde es still.
    Sofia sah, wie die Wagentür aufgerissen wurde und ein Mann schreiend auf sie zustürmte. Sie verstand kaum, was er sagte.
    » Bist du wahnsinnig geworden? Ich hätte dich totfahren können.«
    Doch je näher der Mann kam, umso mehr veränderte sich seine Miene. Die Wut verrauchte und machte Sorge Platz.
    » Ich wohne am See … bitte, können Sie mich hinfahren …?«
    » Was ist passiert? Bist du verletzt?«
    Sofia sah den Mann nur verschwommen, abgehackt und

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