Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis
Aber …«
» Jetzt!«
Lidja sprang aus ihrem Versteck hervor und spreizte die Flügel, die noch durchscheinender und fragiler wirkten als zuvor. Trotzdem hob sie ab und schoss auf das blonde Mädchen zu. Sie warf die Überraschte nieder, und schon wälzten sich beide am Boden, während sich der Unterjochte zum Angriff aufstellte. Doch wie schon beim ersten Mal blieb Sofia wie gelähmt an ihrem Platz. Ohne auch nur den kleinsten Muskel zu bewegen, beobachtete sie alles und sah entgeistert zu, wie sich das Knäuel der Leiber wie in Zeitlupe am Boden hin und her warf.
» Nein! Nein! « , rief da eine Stimme in ihr.
Nein, es durfte nicht so enden wie beim letzten Mal. Dazu hatte sie sich nicht in dieses Abenteuer gestürzt!
Und sie rannte los, obwohl die Feinde sie jeden Moment entdecken konnten und sich ihr entgegenstellen würden. Aber für Angst war jetzt keine Zeit. Wichtig war nur, sich die Frucht zu schnappen, die immer noch glitzernd am Boden lag. Wunderschön und einladend sah sie aus, und mit einem Sprung warf Sofia sich darauf, während ihr ein heftiger Schmerz durch die verletzte Schulter fuhr. Sie schloss die Hände um die Kugel und schon überkamen sie eine unbändige Kraft und ein tiefer Frieden. Ein blaugrünes Augenpaar tauchte in ihrem Geist auf, dort wo sie so lange nach Thuban gesucht hatte.
» Nein!«
Ein unmenschlicher Schrei ließ sie zusammenschrecken. Mit hassverzerrter Miene starrte das blonde Mädchen sie an. Schon folgte dem Schrei ein schwarzer Blitz, der Lidja gegen einen Baum schleuderte. Sofia zögerte einen Moment, während das schrecklich schöne Mädchen schon auf sie zustürmte, die Finger von schwarzen Blitzen umzuckt. Sofia musste nicht nachdenken, so natürlich und einfach war alles. Das Gras begann zu sprießen, schoss förmlich aus dem Boden und verwob sich zu langen reißfesten Seilen, die sich im Nu um die Hände ihrer Feindin wickelten. Die starrte sie verwirrt an, und Sofia nutzte diesen Moment zur Flucht und rannte so schnell sie konnte zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
» Das wird dir noch leidtun!«, schrie das Mädchen ihr nach, während die schwarzen Blitze um ihre Hände herum die Lianen versengten, die düster rauchend verbrannten. Sie sprang auf und setzte ihr nach.
Sofia spürte einen Luftzug hinter sich: Sie war schon ganz nah und würde sich gleich auf sie werfen … Aber als sie sich umdrehte, sah sie auch Lidja hinter sich, die das blonde Mädchen um die Taille gefasst hatte und festhielt.
» Hau ab!«, schrie sie.
Doch Sofia wusste nicht, was sie tun sollte. Die Last der Entscheidung, die sie jetzt treffen musste, war zu schwer für sie, und so stand sie ratlos da, während Nidhoggrs Dienerin in Lidjas Griff tobte und strampelte. Die Freundin ließ nicht locker, obwohl eine schwarze Flamme aufloderte und den Körper der Blonden umgab. Lidja schrie vor Schmerz auf, während einige Funken nun auch Sofia trafen und ihr Kleider und Haut versengten. Rastabans Mal auf Lidjas Stirn strahlte noch heller und ein leuchtender Kokon spann sich um ihren Körper und hüllte ihn wie eine Schutzhaut ein. Das Gesicht der Blonden verzog sich in heftigem Schmerz, dann sank sie erschöpft zu Boden.
Lidja war es gelungen, Sofia einen Vorsprung zu sichern. » Jetzt lauf doch endlich«, rief sie ihr zu, während sie sich auf den nächsten Angriff vorbereitete. Ihr Mantel war halb verschmurgelt, die Wunde an ihrem Bein blutete wieder und auch ihre Haut war voller Brandwunden.
Mit Tränen in den Augen starrte Sofia sie an. » Und du …«
Sie hatte den Satz noch nicht vollendet, da nahm sie aus den Augenwinkeln schräg hinter sich einen Blitz wahr. Der Unterjochte war gestürzt, niedergestreckt von einem Felsblock, den Lidja nur mit Gedankenkraft auf ihn geschleudert hatte. Er hatte sich gerade auf Sofia stürzen wollen, doch die Freundin hatte sie beschützt.
» Bring die Frucht in Sicherheit! LOS, MACH SCHON!«
Sofia gehorchte. Sie rannte los, die Frucht fest an die Brust gepresst und mit geschlossenen Augen, um nicht sehen zu müssen, was um sie herum geschah.
» Ihr nach!«, hörte sie jemanden rufen, und gleich darauf rasselten stählerne Flügel. Der Unterjochte war ihr bereits auf den Fersen.
Sie schlüpfte in den Gang und hastete so schnell sie konnte weiter. Vielleicht war dieser Stollen zu schmal für ihren Verfolger, vielleicht kam er dort nicht richtig vorwärts. Vielleicht hatte sie eine Chance. Doch bald merkte sie: Der Junge war nicht
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