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Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Titel: Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Alderwood
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aufgestanden, sich zu erleichtern? Draußen dräute erst das Zwielicht des Morgens. Eine seltsame Unruhe überkam Gerun. Sie stand auf und streifte das Unterkleid über ihren noch immer nackten Leib.
    Sie entdeckte Nadif nirgends in den anderen Räumen der kleinen Unterkunft und stieg hinab in den Stall. Dort glotzte sie nur der alte Gaul mit großen feuchten Augen aus seiner Buchte heraus an. Nachdenklich blieb Gerun vor dem Pferd stehen und streichelte ihm die Blesse über den Nüstern. Ihre Blicke wanderten durch das Dämmerlicht und blieben schließlich an den großen Haken an der Wand hängen. Wo waren die Sättel der Nomadenpoys? Nur der schwere Reitsitz des Königspferdes hing noch an Ort und Stelle. Geruns Augen weiteten sich in bitterer Erkenntnis. Nadif hatte sich davongestohlen!
    Letzte Gewissheit überkam sie, als sie die leere Stallbucht betrat, in der Nadif die leeren Wasserschläuche zum Trocknen ausgebreitet hatte. Die Bälge waren fort. Alle.
    Hastig stieg Gerun die Treppe wieder nach oben, schlüpfte in ihr Kleid und riss die Truhen auf. Es fehlte nicht viel von all dem Hausrat, den sie in den Satteltaschen mit an diesen Ort gebracht hatten. Aber Nadifs Kettenhemd war fort, ebenso wie all seine anderen Kleider. Und der Dolch, natürlich, auch der Dolch war verschwunden.
    »Du elender Verräter!«, murmelte Gerun und nahm ihre Stiefel aus einer der Truhen, um sie an ihre Füße zu ziehen. Eine einzelne Träne rollte aus ihrem Augenwinkel. »Du elender, gemeiner Verräter!«
    Nur wenig später zerrte sie das verdatterte Pferd aus dem Stall. Sie hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, ihm den Sattel aufzulegen. Da niemand ihr aufhelfen konnte, stülpte sie den hölzernen Eimer um, mit dem sie sonst Wasser aus dem See geholt hatte, und stieg auf den Boden des Kübels, um auf den Pferderücken zu klettern.
    »Ho, nun mach schon! Lauf’ endlich los! Schneller!«, herrschte sie den behäbigen Wallach an, der sich davon nicht beeindrucken ließ. Gemächlich setzte er Huf vor Huf. Sie stemmte die Fersen in den Bauch des Tieres. »Du sollst laufen! Ich muss diesen Kerl einholen! Er kann mich doch nicht einfach zurücklassen!«
    »Wo willst du hin, närrische Menschin?«, erklang plötzlich eine wohlbekannte Stimme hinter Gerun. Noch ehe sie sich zu Nuffl umwenden konnte, landete der Elf vor ihr auf dem Pferdehals, wobei er sich mit seinen kleinen Füßen gehörig in der Mähne verhedderte. Der Gaul schnaubte unwillig, blieb stehen und begann zu grasen.
    Nuffl faltete die Flügel umständlich zusammen und machte es sich vor Gerun auf dem Pferderücken bequem.
    »Es sitzt sich nicht übel hier zwischen deinen Schenkeln!« Seine Augen funkelten amüsiert. Gerun schluckte und beschloss, die anzügliche Bemerkung zu überhören.
    »Ich muss Nadif folgen! Er hat sich heimlich die Ponys genommen und ist weggeritten, hinaus in die Wüste! Und jetzt lass’ mich in Ruhe, ich muss weiter, wenn ich ihn einholen will!«
    »Jetzt sei nicht albern, du dummes Weib! Mit dieser Schlafmütze unter dem Hintern holst du nicht einmal eine Schnecke ein, und dein lieber Nadif hat einige Stunden Vorsprung!«
    »Er kann mich doch nicht einfach zurücklassen!« Gerum presste ihre Hände, die die Zügel umfassten, noch fester zu Fäusten zusammen. Ihre Fingerknöchel wurden weiß.
    »Offensichtlich kann er das doch!« Nuffl klatschte seine winzige Hand auf Geruns Knie. »Es geht dir hier besser als draußen in der Ungewissheit. Er muss dich sehr gern haben! Du kannst davon ausgehen, dass er dich nur mitgenommen hätte, wenn ihm dein Schicksal gleichgültig wäre!«
    »Ich kann doch nicht hier mein Leben lang bei den Nornen sitzen und warten, ob Nadif zurückkommt!«
    »Ob nun Nadif kommt, oder irgendwer, das ist jetzt gleich! Du könntest ihm auch gar nicht folgen, selbst wenn du ein Rennpferd zur Verfügung hättest! Die Kakteen haben den Weg in die Oase nach Nadif wieder verschlossen. Sie werden den Zugang erst in hundert Jahren wieder freigeben.«
    »Die Kakteen? Heißt das, sie können sich bewegen? In hundert Jahren, sagst du? Bin ich verrückt geworden oder bist du nicht richtig im Kopf?« Fassungslos schüttelte Gerun den Kopf. »In hundert Jahren bin ich längst gestorben und meine Knochen werden zu Staub zerfallen sein!«
    »Ach wo! Solange du dich hier in der Oase aufhältst, wirst du nicht sonderlich altern. Dieser Ort liegt ein bisschen abseits der Zeit. Und warum soll sich ein Kaktus nicht von der Stelle bewegen

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