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Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Titel: Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Alderwood
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Glaubst du, diese drei greisen Weiber da draußen sind nicht nur Nornen, sondern auch Zauberfrauen?«
    Gerun schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube etwas ganz anderes!« Sie sah Nadif eindringlich an und senkte ihre Stimme. »Kann es sein, dass wir in die Anderswelt eingedrungen sind?«
    »Ich habe noch nie von einem Menschen gehört, der in der Anderswelt war!« Nadif starrte wie hypnotisiert auf die Suppe. Verzaubert oder nicht – er hatte Hunger!
    »Vielleicht, weil einfach noch nie jemand zurückkehren konnte aus der Anderswelt?«, flüsterte Gerun beklommen. »Sind wir jetzt hier gefangen?«
    »Unsinn! Wir sind in diese Oase hineingekommen, wir werden auch wieder hinausgelangen! Ich trage jetzt das Essen zu den Nornen!« Er griff nach der Schüssel und verließ mitsamt der Suppe die Küche. Gerun kaute an ihrer Unterlippe. Wenn sich nur dieser Elf sehen lassen würde! Er hatte ihnen das Leben gerettet – Nadif sogar zweimal! - und den Weg in diese Wüsteninsel gewiesen. Dafür musste es einen Grund geben! Es war an der Zeit, dass Nuffl ihr Rede und Antwort stand! Gerun nahm fünf der schweren Silberlöffel vom Wandbord und folgte Nadif in die Stube der Nornen.

41.Kapitel: Der Held schleicht sich davon
     
    Im Dachgeschoss über dem leeren, offenbar auch noch nie genutzten Stall hinter dem Haus der Nornen befand sich eine vollständig eingerichtete Dienstbotenwohnung. Nichts deutete daraufhin, dass hier je ein Mensch gelebt hatte. Jedes Möbelstück, jeder Becher in dem schlichten Regal, jede Decke auf dem breiten Bett schien gerade erst aus der Werkstatt der Handwerker angeliefert worden zu sein. Dies war nun die Unterkunft von Gerun und Nadif.
    Beklommen betrachtete Nadif den Krug auf dem Tisch. Gerun hatte ihn mit einem üppigen Strauß aus Wiesenblumen gefüllt. Er hörte sie unten im Haupthaus mit den Nornen scherzen. Sie fegte täglich die Spinnstube, schüttelte den alten Frauen die Daunendecken in den Betten auf, setzte ihnen die stets und ständig im Kessel köchelnde Suppe vor. Diese Suppe war erstaunlich vielseitig. Die Einlagen variierten täglich, und in den zehn Tagen, seit sie diese Oase erreicht hatten, spendierte der nahrhafte Zaubertopf zweimal sogar süße Mehlspeise.
    Gerun hatte sich mit der magischen Nahrungsquelle arrangiert. Sie hatte sich überhaupt mit allem hier arrangiert. Und genau das machte Nadif Angst. Er hatte sich längst von dem Wüstenmarsch erholt, die Ponys der Hirten draußen auf der saftigen Weide hatten wieder runde Bäuche und glänzende Augen. Es gab keinen Grund, noch länger die Gastfreundschaft der Nornen zu genießen. Aber nicht nur der Blumenstrauß auf dem Tisch sagte Nadif, dass Gerun sich häuslich einzurichten begann.
    In den Truhen und Regalen der kleinen Unterkunft stapelten sich die Dinge, die ihnen der Haushofmeister des Königs bei ihrer nicht ganz freiwilligen Abreise zugestanden hatte, die Sättel samt Zaumzeug hingen ordentlich geputzt unten im Stall, in dem nächtens auch das überlebende Pferd aus dem königlichen Marstall vor sich hindöste. Die halbwilden Nomadenponys hatten dem Versuch Geruns, sie ebenfalls im Stall unterzubringen, tapfer widerstanden.
    Nachdenklich trat Nadif zu einer der Truhen, die gleichzeitig als Sitzbank dienten, und klappte den Deckel auf. Dort lag sein Kettenhemd auf dem von Gerun sorgsam gewaschenen und geflickten Gambeson. Nadif strich mit der Hand beinahe zärtlich über die Metallringe der Rüstung. Er konnte nicht bleiben. Hier gab es nichts für ihn zu tun. Außerdem stand da noch eine Rechnung offen!
    Nadif betastete sein entstelltes Gesicht. Die neue Haut über der Brandwunde fühlte sich fremd unter seinen Fingerkuppen an, wie etwas, das nicht zu ihm selbst gehörte. Noch immer zuckte ab und an ein scharfer Schmerz durch das wulstig wuchernde Gewebe, vor allem in der Nacht, wenn Nadif in seinen Träumen den Lindwurm stellte und ihm sein Schwert in den hässlichen Hals bohrte.
    »Ich werde dich finden, du Ungeheuer! Entweder gibst du mir mein Gesicht zurück, oder ich werde dich töten!«, murmelte Nadif. Beinahe zärtlich hob er Kettenhemd und Gambeson aus der Truhe.
    Gerun war bei den Nornen beschäftigt. Sie würde nicht bemerken, dass er seine Ausrüstung hinunter in den Stall brachte und unter dem Stroh versteckte. Überhaupt, das Stroh! Damit verhielt es sich wie mit der Suppe im Kessel der alten Frauen. Egal, wie viel er oder Gerun den Pferden vorwarfen, der angehäufte Vorrat in einer Ecke des Stalles

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