Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)
Boden nichts, und ein kalter Wind trieb Staubschleier über das flache Land, aus dem nur hier und da einige bizarr geformte Felsen aufragten.
Nadif hob die Hand und zügelte sein Pferd.
»Brrr!« Der Kutscher brachte die Rappen vor der Kalesche zum Stehen. Selbst die Pferde schienen zu spüren, dass etwas Ungewöhnliches im Gange war, denn die Tiere schnaubten und tänzelten nervös. Janica konnte nicht erkennen, was diesen Platz hier von dem Rest der Steinwüste unterschied, den sie soeben durchquert hatten. Schroff ragten die kahlen und steilen Berge empor und warfen dunkle Schatten über den von Wind und Sand glattgeschliffenen Felsengrund. Es konnte nicht mehr lange dauern bis zum Sonnenuntergang. Dann sah Janica den Pfahl. Es war ein schlichter Holzpfahl, etwas größer als ein Mann, und doch lähmte der Anblick die Prinzessin förmlich. Nur das selbstgefällige Nicken des Priesters hinderte Janica daran, schreiend aus dem Wagen zu springen und davonzulaufen. Nadifs Reisige, die ringsum auf ihren Pferden wie Statuen verharrten, hätten sie mühelos wieder eingefangen.
Janica presste die Kiefer aufeinander, damit ihre Zähne nicht aufeinanderschlugen. Nein, sie wollte ihre Angst nicht zeigen! Sie musste diesen Männern hier beweisen, dass eine Königstochter voller Würde zu sterben vermochte!
»Mein liebes Kind!«, säuselte der Priester und schob seine Kapuze ein winziges Stück zurück, damit Janica seine Schweinsäuglein sehen konnte. »Nimm auf deinem letzten Weg meinen Trost an! Die Götter werden bei dir sein, vergiss das nicht!«
Er legte seine Hand auf Janicas Scheitel, und sie hatte nicht den Mut, ihren Kopf wegzudrehen. Nadif war vom Pferd gestiegen und öffnete den Schlag der Kutsche.
»Prinzessin! Bitte!« Er hielt ihr seine Hand entgegen. Kein Zweifel, sie musste jetzt aussteigen. Janicas Knie wollten nachgeben, aber Nadif fing sie sicher auf. Seine Hände umklammerten stark ihre Taille. Für einen Moment durchzuckte Janica der Gedanke, welch ein Glück Gerun doch hatte, diesen ansehnlichen Mann für sich gewonnen zu haben. Kaum hatte sie sich, von Nadif gestützt, einige Schritte von der Kalesche entfernt, trieb der Kutscher die Pferde auch schon wieder an. Die Reisigen folgten dem Gefährt, eine staubige Wolke hinter sich lassend. Janica war mit Nadif allein. Sein Pferd stand mit angelegten Ohren und zuckendem Schweif an einem der Felsbrocken, Nadif hatte die Zügel um diesen Stein geschlungen, um das Tier am Weglaufen zu hindern.
»Es tut mir leid, Hoheit!«, sagte er leise. »Ich muss in Eurer Nähe bleiben, um zu bezeugen, dass der Drache das Opfer angenommen hat. Bitte macht mir meine Aufgabe nicht schwerer, als sie schon ist!«
Janica sah ihn fassungslos an, aber er wich ihrem Blick aus. Was sollte sie seiner Meinung nach tun? Auf den Knien rutschen, jammern und weinen? Dazu war es längst zu spät. Ergeben ließ sich Janica zu dem Pfahl führen.
»Ich muss Euch festbinden. Bitte zieht Euer Kleid aus!« Nadif löste einen kurzen groben Strick von seinem Gürtel. Janica glaubte, sich verhört zu haben.
»Wie bitte?«
»Ihr müsst Euch ausziehen, Hoheit! Das Opfer wird dem Untier nackt dargebracht!« Der Kommandant gab sich noch immer große Mühe, Janica nicht ins Gesicht zu sehen. Aus ihrer Kehle löste sich ein irres Kichern. Deshalb also dieses seltsame Kleid! Die Schleifen ließen sich leicht lösen, und ein Unterkleid hatte man ihr ja sowieso nicht gegeben. Sie machte keine Anstalten, sich auszuziehen. Wenn Nadif der Meinung war, dass sich der Drache an diesem Fetzchen Stoff verschlucken könnte, musste er sie schon selbst entkleiden!
Das tat er nach einem besorgten Blick zum Himmel, der sich schon leicht verdüsterte, dann auch. Rasch zurrte er die Schleifen vor ihrem Busen auf und zog ihr mit einem Ruck das Gewand über die Schultern. Der Stoff glitt über Janicas Hüften hinab zu Boden. Das ging so schnell, dass die Prinzessin nicht einmal Zeit hatte, Scham zu empfinden. Nadif trat einen Schritt zurück und musterte ihren schlanken, aber an den richtigen Stellen weiblich gerundeten Körper.
»Welch Verschwendung!«, seufzte der Krieger und drängte die junge Frau zu dem Holzpfahl. Janica spürte hartes rissiges Holz an ihrem Hinterteil. Nadif ließ ihr keine Zeit, über ihre Lage nachzudenken und bog ihre Arme nach hinten. Noch ehe Janica begriff, was mit ihr geschah, hatte er ihr die Handgelenke zusammengebunden.
»Es wird nicht mehr lange dauern!« Nadifs Hand strich
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