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Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Titel: Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Alderwood
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aufs Ohr legen, mein Lieber!«
    Ungläubig schüttelte Hanad den Kopf. Wie konnte die Herrin nur so freundlich zu dem alten Trottel sein! Dieser Wächter war nicht das Brot wert, was er verspeiste! Aber es stand ihm nicht zu, zu beurteilen, wie die Reichen und Mächtigen des Landes mit ihrem Personal umgingen. Hastig trank er seinen Wein aus, stellte das Glas auf den niedrigen Tisch vor Wajas Diwan und entfernte sich unter fortlaufenden Verbeugungen.
    Es war besser, er vergaß auf der Stelle, was Waja soeben mit ihm besprochen hatte. Die Intrigen im Hause des Sultans konnten gefährlich für jeden werden, der zwischen die Mahlsteine der Macht geriet. Hanad wollte keine Bekanntschaft mit dem Basilisken machen und auch nicht spurlos im Reich der Meergeister verschwinden wie Prinz Avid.
    Kaum hatte sich die Tür hinter dem Händler geschlossen, begann ein Überwurf des Diwans ein merkwürdiges Eigenleben zu entwickeln. Kleine Hände schoben sich unter dem prachtvoll bestickten Tuch hervor und rafften den Stoff zusammen. Inna nieste, als sie aus ihrem Versteck hervorkroch. La’ad ließ seine Lanze fallen und beugte sich nieder, um mit beiden Händen dem Mädchen zu helfen, sich aus dem seidenen Wust zu befreien.
    Wajas Lächeln wurde sanft.
    »Hast du dir alles gut gemerkt, meine Kleine? Ich wünschte, ich wäre nicht so vergesslich! Nun müssen wir nur noch überlegen, wie wir die Nachricht an diese beiden ominösen Herren aus dem Nordland übermitteln. Ich denke, ich werde mich heute in der Dunkelheit hinausschleichen …«
    La’ad schüttelte heftig den Kopf. Seine Bestürzung war ihm deutlich anzusehen. Zugleich tastete Inna nach den Händen der Frau.
    »Nein, Frau Waja, das dürft Ihr nicht!«
    »Ach, ich habe schon wunderbare Berater!«, seufzte Waja. »Ein blindes Kind und ein steinalter Eunuch wollen mir also vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe!«
    »Prinz Anadid lässt neuerdings den Basilisken nächtens frei durch den Park laufen!«, erklärte Inna, ohne die Hände Wajas loszulassen. »Als seelenloser Stein könnt Ihr Janica nicht mehr helfen und ich müsste wieder in den Gassen um ein Stück Brot betteln! La’ad und Nadana könnte ich dann gleich mitnehmen. Oder glaubt Ihr, unser geliebter Herrscher würde Eure greise Dienerschaft in seinem Haushalt durchfüttern, wenn Ihr Eure schützende Hand nicht mehr über uns halten könnt?«
    Waja erwiderte stumm den Druck der Kinderhände. Manchmal tat es ihr weh, mit welcher Weisheit das kleine Mädchen sprach. In seinem Alter sollte es mit Puppen spielen und daran glauben, dass es nichts Böses auf der Welt gab. Aber Inna hatte trotz ihrer Behinderung auf den Straßen der Stadt zwischen Dieben und Bettlern überlebt. Sie hatte nie die Zeit gehabt, ein Kind zu sein.
    »Ich werde gehen, Frau Waja!«, sagte die Kleine leise. Sie hob ihr Gesicht. Ihre blicklosen Augen leuchteten. »Mir kann der Basilisk nichts anhaben!«
    »Schlag dir das aus dem Kopf! Wie willst du den Weg finden, Inna?«
    Das Mädchen lächelte geheimnisvoll. »In die Stadt finde ich mich ohne Probleme. Ich war schon oft in der Nacht draußen, wenn es mir in Eurem Harem zu fade wurde!«
    »Ein fader Harem! Hast du das gehört, La’ad?« Waja stöhnte leise. »Ich fürchte, Inna hat recht. Drei alte Leute sind nicht sehr unterhaltsam. Trotzdem müsste ich dir jetzt kräftig auf dein Hinterteil schlagen, Inna! Wie kannst du dich ohne meine Erlaubnis davonschleichen!«
    Inna schob trotzig die Unterlippe nach vorn, wie es wohl jedes widerborstige Kind tat.
    »Ihr hättet es mir ja doch nicht erlaubt!«
    »Nein!« Waja schüttelte energisch den Kopf. »Natürlich nicht!«
    »Aber jetzt müsst Ihr es erlauben! Janica wird sonst verbrannt! Wenn Prinz Avid zurückkommt, wird er traurig sein und mit uns schimpfen!«
    »Avid kommt nicht zurück!«, flüsterte Waja. Eine Träne stahl sich aus ihrem Augenwinkel. La’ad machte ein Geräusch, das wie ein sanftes Gurren klang. Aus den Tiefen der Taschen seiner Pluderhose zerrte er ein nicht mehr ganz sauberes Leintuch und reichte es Waja. Sie sah ihn ein wenig erschrocken an und trocknete die Träne mit dem Ärmel ihres Kaftans.
    »Na gut, du darfst dein Glück versuchen, Mädchen! Ich gebe dir eine Nachricht in einer Kapsel mit, wie sie gewöhnlich am Bein einer Brieftaube befestigt wird. Ich glaube zwar nicht, dass wir irgendwie diese geheimnisvollen Männer von Janicas Not unterrichten können, aber wir werden nichts unversucht lassen, nicht

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