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Drachenspiele - Roman

Titel: Drachenspiele - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blessing <Deutschland>
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großzügige Geste, selbstverständlich ohne das Eingeständnis irgendeiner Schuld.«
    Â»Und?« Reiskörner fallen nicht vom Himmel.
    Â»Als Gegenleistung erwartet Sanlitun, dass Ihre Familie sich schriftlich verpflichtet, heute und in Zukunft sowohl auf einen Prozess als auch auf jede Art von Entschädigungsforderung zu verzichten.«
    Xiao Hu überlegte. 50 000 RMB. Es war schwierig geworden, in China für Geldsummen Relationen zu finden. Welchen Maßstab sollte er anlegen? Der Betrag war mindestens das Doppelte des Jahresgehalts, das sein Vater als Ingenieur zuletzt bekommen hatte. Es war nicht mehr, als Xiao Hu vor kurzem an einem Tag an der Börse verdient hatte. Es war ein Hohn, wenn Sanlitun für die Krankheit seiner Mutter verantwortlich war. 50 000 RMB. Besser als nichts. Der Preis eines Menschenlebens. Es gab auch billigere.
    Â»Das ist ein sehr generöses Angebot«, vernahm er eine Stimme, die wie seine klang und ihm gleichzeitig grauenhaft fremd war. Als sähe und höre er sich auf einer Leinwand in
einem Film. »Ich werde mit meinem Vater reden. Kann ich meine Schwester sehen?«
    Â»Nein. Sie ist nicht in Shanghai.«
    Â»Wo ist sie?«
    Lu schüttelte nur den Kopf.
    Â»Sagen Sie mir wenigstens, ob es ihr gut geht.«
    Â»Sprechen Sie mit Ihrem Vater. Wir erwarten in zwei Tagen eine Antwort.«

XVII
    Der Blick des Grenzbeamten. Ein junges Gesicht. Faltenlos, gerötete Wangen, gleichgültige Augen. Musterten die ihn misstrauisch, oder bildete Paul sich das ein? Warum dauerte die Einreise heute so ungewöhnlich lange? Die Frau am Schalter nebenan durfte passieren, obwohl sie nach ihm gekommen war. Paul wusste nicht, wohin mit seinen Händen, er versuchte, sich seine Nervosität nicht anmerken zu lassen, blickte betont gelassen über die langen Schlangen der Wartenden, wollte dem Uniformierten ein entspanntes Lächeln schenken, das allerdings zu einer Grimasse geriet, die dieser stoisch ignorierte. Was sollte passieren? Paul hatte auf dem Flug wieder und wieder den Ernstfall durchgespielt: Schlimmstenfalls würden sie ihm die Einreise verweigern, ihn verhören und mit dem nächsten Flug zurück nach Hongkong schicken. Wortlos gab der Mann ihm den Ausweis zurück und nickte.
    Das Taxi in die Innenstadt brauchte fast zwei Stunden. Christine hatte ihn in das New Asia Hotel gebucht, ein großes, billiges Haus, beliebt bei westlichen Reisegruppen; dort, so meinte sie, würde er unter all den Ausländern weniger auffallen.
    Vor der Nanpu-Brücke saßen sie wegen eines Unfalls hoffnungslos im Stau fest, der Fahrer suchte im Radio nach Musik, die ihm gefiel, und blieb bei einer Sendung mit Hörerbeteiligung hängen. Das Thema der Talkshow waren Schönheitsoperationen. Eine Anruferin wollte sich die Beine verlängern lassen und fragte, um wie viel Zentimeter das möglich sei und ob sie danach noch Badminton spielen könnte. Der folgende Anrufer erzählte, er habe für die Vergrößerung der Brüste seiner Frau ein kleines Vermögen ausgegeben, zwei Monate später habe sie ihn wegen eines anderen Mannes verlassen.
Nun wollte er von dem das Geld für die Operation zurück, schließlich würde der neue Liebhaber davon profitieren. Ob es da rechtliche Möglichkeiten gäbe? Die nächsten vier Hörerinnen klagten über schmerzende Busen, eiternde Wunden, schlecht verheilende Narben, inkompetente Chirurgen. Die Moderatorin tröstete sie und erklärte, dass Schönheitsoperationen ein florierendes und einträgliches Geschäft seien, von dem viele Ärzte, die dafür gar nicht ausgebildet seien, profitieren wollten. Der Sender erhalte täglich Anrufe von Frauen, die schlechte Erfahrungen gemacht hatten. Dann kam ein Mann zu Wort, dessen Frau nach einer Operation gestorben war. Paul fiel auf, dass alle über Ärzte, Krankenhäuser und private Kliniken schimpften, niemand jedoch über mangelnde Aufsicht. Die Pflichten der Behörden kamen in der Sendung mit keinem Wort vor.
    Das Hotel lag auf der nördlichen Seite des Suzhou Creek, nicht weit vom Bund entfernt.
    Die Rezeptionistin blätterte hektisch in seinem Ausweis. Hatte sie noch nie einen amerikanischen Pass gesehen? Als sie mit seinen Papieren in einem Hinterzimmer verschwand, wurde er unruhig.
    Â»Gibt es ein Problem?«, fragte er, als sie zurückkehrte.
    Â»Nein, alles in Ordnung. Ich konnte Ihre

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