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Drachenspiele - Roman

Titel: Drachenspiele - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blessing <Deutschland>
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von einem Spitzel zu unterscheiden. Der Gedanke daran verunsicherte ihn nur noch mehr, und ein nervöser Mensch würde viel eher Aufsehen erregen als ein ruhiger.
    Eine neue SMS. »Xiao Xin.«
    In einem Kiosk kaufte er sich eine chinesische SIM-Karte mit einer neuen Telefonnummer und rief Christine an. Den ganzen Flug über hatte er an sie und das Leben, das in ihr wuchs, gedacht. Die Ankunft in Shanghai, das Telefonat mit Chen, »Xiao Xin«, hatten ihn abgelenkt; jetzt merkte er wieder, wie sehr er sie vermisste.
    Â»Was ist das für eine Telefonnummer?«, fragte sie irritiert.
    Â»Ich habe mir eine China-Mobile-SIM-Karte gekauft, das ist billiger.« Eine Notlüge. Er wollte Christine nicht beunruhigen, und helfen konnte sie ihm im Moment nicht.
    Â»Geht es dir gut? Schonst du dich?« Dumme Frage. Im Hintergrund hörte er Telefone klingeln und die Stimmen ihrer Mitarbeiterinnen.
    Â»Ja, soweit es geht. Du klingst sehr angespannt.«
    Paul erzählte ihr von dem Gespräch mit Chen.
    Â»Was machst du jetzt?«
    Â»Nachher treffe ich Weidenfeller und Xiao Hu. Morgen fahre ich nach Yiwu und rede mit Da Long und Wang. Übermorgen bin ich wieder bei dir.«

    Â»Hast du schon einmal daran gedacht, was passiert, wenn Yin-Yin sagt, es wäre alles deine Idee gewesen, du hättest den Text verfasst, nicht sie?«
    Â»Christine! Wie kommst du denn darauf?«, rief er streng. Es waren die eigenen Fehler und Ängste, die man dem anderen am wenigsten verzieh.
    Â»Es kam mir doch nur in den Sinn«, erwiderte sie entschuldigend. »Warum regst du dich so auf?«
    Â»Nein, daran habe ich noch nicht gedacht«, behauptete er mit schlechtem Gewissen.
    Â»Paul, pass auf dich auf. Wir brauchen dich.«
    Manchmal genügt ein Wort.
    Er nahm eine Nebenstraße zurück zum New Asia. Im Hotel verschloss er die Zimmertür von innen mit einer Kette, zog seine verschwitzten Sachen aus und ging unter die Dusche. Das Wasser tat gut. Paul merkte, wie verspannt seine Schultern und der Rücken waren, er schloss die Augen und blieb so lange unter dem warmen Strahl stehen, bis sich der kleine Raum mit weißem Dampf gefüllt hatte. Er trat aus der Dusche, wollte ein Handtuch nehmen und erschrak so sehr, dass er fast ausgerutscht wäre. Im beschlagenen Spiegel über dem Waschbecken waren zwei große chinesische Schriftzeichen zu erkennen: »Xiao Xin«.
    Er horchte. Aus dem Zimmer vernahm er nichts als das Dröhnen der alten Klimaanlage. Paul öffnete die Badezimmertür einen Spalt, die Kette hing nach wie vor an ihrem Platz. Jemand musste während seines Spaziergangs im Zimmer gewesen sein und mit den Fingern die Zeichen auf das Glas gemalt haben. Sie lösten sich allmählich auf, dicke Tropfen rannen den Spiegel hinunter. Paul trocknete sich flüchtig ab und verkroch sich im Bett. Es dauerte lange, bis sein Körper aufhörte zu zittern.

    Xiao Xin. Kleines Herz.
    Sie hatten Recht, wenn auch ungewollt. Er hatte ein kleines Herz. Eines, das dabei war, sich mit Angst zu füllen. Eines, das mutiger sein sollte, als es eigentlich war. Das nur groß war in seiner Bedürftigkeit und seinem Verlangen nach Liebe. Er wollte zurück nach Hongkong. Helden sahen anders aus.
    Machte es Sinn, in ein anderes Hotel umzuziehen? Auch dort würde er an der Rezeption seinen Ausweis zeigen müssen, würde man seine Daten wie bei jedem Ausländer an die Behörden weitergeben, und wer immer ihn im New Asia gefunden hatte, würde ihn auch im Hilton oder im Jinjiang aufspüren. Er zog sich an, steckte Pass, Flugticket, Geld und Kreditkarten, Notizbuch und Stift ein. Er musste sich beeilen. Weidenfeller hatte ihn zu einem Drink in seine Wohnung eingeladen, anschließend waren sie mit Xiao Hu in einem der Restaurants im Französischen Viertel zum Essen verabredet.
    Er fuhr mit dem Taxi zum Okura Garden Hotel, ging in die Lobby, verließ das Gebäude durch einen Seitenausgang wieder, lief die Maoming Lu hinunter, bis er das Grosvenor House erreichte. Ein roter Backsteinbau, Art déco, Anfang der dreißiger Jahre erbaut und damals wie heute eine der schönsten Adressen der Stadt.
    Yin-Yins Freund lebte im zehnten Stock, er empfing ihn am Fahrstuhl mit einem kräftigen Händedruck und ernster Miene. Paul wusste nicht, wann er das letzte Mal jemandem zur Begrüßung die Hand geschüttelt hatte.
    Weidenfeller war größer, als Paul ihn

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