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Drachenspiele - Roman

Titel: Drachenspiele - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blessing <Deutschland>
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erinnert und bin misstrauisch geworden.«
    Â»Was ist die Minamata-Krankheit?«, wollte Yin-Yin wissen.
    Â»Sie ist nach einer Bucht in Japan benannt. Dort hat ein Chemiekonzern in den fünfziger Jahren seine Abfälle ins Meer geleitet, darunter auch Methylquecksilber. Das reicherte sich in den Meerestieren an, die die Fischer in großen Mengen aßen. Mehr als zweitausend Menschen starben damals, noch viel mehr wurden krank, Frauen brachten behinderte Kinder zur Welt. Es war eine der größten Umweltkatastrophen des vergangenen Jahrhunderts und ist heute fast völlig vergessen.«
    Â»Warum soll unsere Mutter ausgerechnet...«
    Â»Die Symptome sind ganz genau die gleichen«, unterbrach Paul Yin-Yin. »Ich habe in den vergangenen Tagen und Nächten Stunden im Internet verbracht und recherchiert. Ich habe mit Experten in Amerika und Deutschland telefoniert. Der Quecksilbergehalt in den Haaren eurer Mutter. Zur selben Zeit erkranken Frau Ma und Frau Zhuo mit den typischen Symptomen. Die vielen Fische. Eine andere Erklärung gibt es nicht.«
    Â»Wie könnte das Gift in den See gekommen sein?«
    Die Stimme seiner Schwester verriet, dass sie anfing, dieser aberwitzigen Geschichte Glauben zu schenken.
    Â»Golden Dragon«, erwiderte Paul sofort, als hätte er auf die Frage gewartet.

    Â»Die produzieren Hustensäfte, Lutschtabletten und Erkältungstee, hochgefährliches Zeug«, wandte Xiao Hu ironisch ein.
    Â»Angeblich. Das hat mir dein Vater auch gesagt. Aber die Fabrik gehört zum Sanlitun-Chemiekonzern, und die stellen, laut ihrer Webseite, nicht nur harmlose Säfte her, sondern auch viele Sachen, deren Produktion für die Umwelt gefährlich sein kann. Zum Beispiel Polyvinylchlorid, kurz PVC genannt. Bei der PVC-Produktion fällt bei bestimmten Verfahren Quecksilberchlorid an. Das wird im Wasser durch Mikroorganismen in Methylquecksilber umgewandelt, das hochtoxisch ist.«
    Â»Aber in der Fabrik bei uns werden Hustensäfte gemacht«, widersprach Xiao Hu laut. »Haben Sie mich nicht gehört?«
    Â»Woher weißt du das?«
    Â»D-d-das, das weiß bei uns jeder.« Er fing vor Erregung plötzlich an zu stottern. Furchtbar. Wie sein Vater.
    Â»Vielleicht haben sie in den vergangenen Jahren innerhalb des Konzerns Produktionsstätten verlagert. Das müsste herauszufinden sein.«
    Die Kellner brachten zwei Grüne Hühnercurrys, einen Glasnudelsalat, einen mit Papaya und eine zweite Runde Bier. Niemand rührte sein Essen an.
    Â»Nehmen wir an, du hast Recht: Würde das bedeuten, dass meine Mutter geheilt werden könnte?«, fragte Yin-Yin ruhig.
    Paul schüttelte den Kopf.
    Â»Es gibt gegen eine Quecksilbervergiftung keine Therapie?«
    Â»Gegen eine akute schon, aber nicht mehr in diesem Stadium.«
    Â»Warum«, wollte Xiao Hu wissen, »müssen wir die Ursache
der Erkrankung unserer Mutter kennen, wenn sie dadurch nicht wieder gesund wird? Dann ist es doch egal.«
    Zum ersten Mal war Paul Leibovitz dabei, seine Fassung zu verlieren. »Meinen Sie das ernst?« Er war so aufgebracht, dass er sogar die Anrede änderte.
    Â»Ja.«
    Â»Wenn es stimmt, was ich vermute, geht es um ein Verbrechen. Sie verstehen die Dimension nicht.«
    Â»Das tue ich sehr wohl, gerade deshalb bin ich vorsichtig«, entgegnete Xiao Hu in schneidendem Ton. »Ich fürchte, Sie verkennen die Situation.«
    Yin-Yin versuchte, den eskalierenden Streit zu schlichten: »Aber viele im Dorf haben den Fisch aus dem See gegessen. Warum sind nur unsere Mutter, Ma und Zhuo erkrankt?«
    Paul schaute sie überrascht an: »Bist du ganz sicher, dass es nicht noch mehr Fälle im Dorf gibt, die in Yiwu als Schlaganfall, Parkinson oder sonst etwas diagnostiziert wurden?«
    Â»Nein, das weiß ich natürlich nicht«, antwortete sie nachdenklich.
    Â»Dann müssen wir es recherchieren.«
    Â»Sie wollen was?«, fragte Xiao Hu aufgebracht.
    Â»Recherchieren, wie viele Opfer es gibt.«
    Â»Wozu?«
    Â»Sind Sie so zynisch, oder tun Sie nur so.« Paul warf ihm einen Blick zu, der sich nicht zwischen Empörung und Verachtung entscheiden konnte.
    Â»Ich bin kein Zyniker«, widersprach Xiao Hu. »Ich bin Pragmatiker. Das ist ein großer Unterschied. Zumindest in China.«
    Â»Herr Leibovitz«, mischte sich Weidenfeller ein, der bis dahin das Gespräch schweigend verfolgt hatte. »Wie oft waren Sie

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