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Drachenspiele - Roman

Titel: Drachenspiele - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blessing <Deutschland>
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wollten wissen, wie es Min Fang geht. Habt ihr die Behörden benachrichtigt?«
    Wang. Yin-Yin dachte an ihren Schulfreund. Er war ein besserer Schauspieler, als sie geglaubt hatte. Weshalb hatte er ihnen die Nummer von Gao gegeben, wenn er sie anschließend
verriet? Damit sie beim Anwalt saßen, während die Beamten in aller Ruhe ihren Vater aushorchen konnten?
    Â»Nein, Papa, das haben wir nicht«, antwortete sie.
    Â»W-w-wer denn?«
    Â»Ich weiß es nicht. Was haben die beiden gesagt?«
    Â»N-n-nicht viel. S-s-sie haben alles über Mamas Krankheit wissen wollen. Wann und wie es angefangen hat. Was sie in den Wochen und Monaten zuvor gegessen und getrunken hat. Was die Ärzte gesagt haben. Wie sie behandelt wurde. Ich habe ihnen alles erzählt und ihnen die Unterlagen aus dem Krankenhaus gezeigt. Die haben sie sich gar nicht angeschaut, sondern gleich eingesteckt.«
    Â»Du hast sie ihnen mitgegeben?« Sie hatte nicht so aufgebracht klingen wollen.
    Ihr Vater zuckte zusammen und stammelte ein langsames unendlich langes Ja-a-a.
    Â»Haben sie Mama etwa untersucht?«
    Â»Nein. Sie haben sich gar nicht in die Nähe ihres Bettes getraut. Die hatten keine Erfahrungen mit Kranken. Doktoren waren die nicht.«
    Â»Von sich aus haben sie nichts erzählt?«
    Da Long überlegte. »E-e-eigentlich nicht. Sie haben sich nach dir und Xiao Hu erkundigt. Was ihr in Shanghai macht, wann ihr das letzte Mal hier gewesen seid. Wo du jetzt bist.«
    Â»Hast du ihre Namen?«, wollte Paul wissen.
    Â»Nein. Haben sie mir nicht gesagt, oder ich habe sie vergessen.«
    Â»Haben sie keine Visitenkarten oder Telefonnummern dagelassen?«
    Er schüttelte den Kopf.
    Â»Hast du ihnen etwas vom Quecksilber in Mamas Körper erzählt?«

    Â»Nein. Ich habe nur gefragt, ob ihre Erkrankung etwas mit den Fischen aus dem See zu tun haben könnte, weil sie die so gern gegessen hat.«
    Â»Was haben sie geantwortet?«
    Â»Wie ich auf so einen Unsinn komme. Das ist vollkommen ausgeschlossen. Das Wasser sei sauber. In der Golden Dragon Fabrik werden nur Hustensäfte und Tees produziert. Die Anlage und der See seien vor zwei Monaten zuletzt inspiziert und getestet worden. Was haltet ihr davon?«
    Yin-Yin blieb stumm, Paul vergrub für einen Moment sein Gesicht in den Händen und atmete tief durch. »Die Sanlitun-Anlagen sind von allen Inspektionen ausgenommen«, antwortete er und erzählte ausführlich von den Gesprächen mit Wang und Gao.
    Â»D-d-du meinst, sie haben mich belogen?«, fragte Da Long.
    Paul nickte.
    Â»S-s-so, wie sie uns immer belogen haben«, erwiderte ihr Vater halblaut, als spräche er zu sich selbst.
    Â»Würdet ihr für mich mit dem Anwalt in Shanghai reden?«
    Paul wartete mit seiner Antwort, trank einen Schluck Tee, nahm ein paar Sonnenblumenkernhülsen und zerdrückte sie zwischen den Fingern. Yin-Yin ahnte, was er sagen würde, und fürchtete sich davor.
    Â»Ja.«
    Â»E-e-erzählt ihm alles, was ihr wisst. Ich möchte, dass ihr ihn fragt, ob er mich vertritt.« Er schaute seine Tochter lange an. »D-d-du machst dir Sorgen, stimmt’s?«
    Â»Ja.«
    Â»Musst du nicht. Ich habe keine Angst, und ich habe nichts zu verlieren.«
    Sie wollte etwas erwidern, traute sich aber nicht. Er war
ihr Vater. Mama konnten sie nicht fragen. Es war seine Entscheidung. Sie würde sich nicht widersetzen, doch gab es eine Stimme in ihr, die sagte, dass er sich irrte.
    Nur Tote hatten nichts zu verlieren.

XII
    Ich habe die Fische gern gegessen. Wer einmal aus Hunger an einem Stück Borke gekaut hat, ist für den Rest seines Lebens nicht wählerisch. Du kennst das. Aale, Welse, Krebse, sie haben nicht anders geschmeckt als sonst. Sie waren zart oder zäh, voller Gräten oder leicht zu essen, je nach Art und Alter. Ich habe mich nicht beklagt und keinen Verdacht geschöpft. Ich habe mich über jeden Bissen gefreut und nicht gedacht, dass der Tod ein so hinterhältiger Geselle ist. Auf leisen Sohlen kommt er angeschlichen, geräuschlos, geruchlos.
    Die verendeten Fische trieben bäuchlings auf dem Wasser. Mal waren es mehr, mal weniger. Die Knochen der Tierkadaver stachen aus der Erde wie kleine Krallen.
    Hätte mir das eine Warnung sein sollen? Misstrauen hat nie zu meinen Stärken gehört.
    Ich höre nicht mehr jedes Wort, das ihr wechselt, aber ich höre genug, um zu verstehen, was du

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