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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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sagte sie: » Das Opfer wird wenig bewirken, wenn es dem falschen Gott gebracht wird. Ich glaube nicht, dass Inti euch helfen kann.«
    » Glaubst du, Tamachoc könnte uns helfen, Pitumi?«
    Zögernd erwiderte sie: » Es ist gut möglich, dass unsere Hoffnung bei Tamachoc und damit jenseits der Berge liegt.«
    » Wie meinst du das, Pitumi?«
    » Noch ist es nicht so weit, denn noch haben die Fremden nur einen Fuß ans Ufer gesetzt, und ich bin nicht sicher, ob sie stark genug sind, Atahualpa herauszufordern.«
    » Aber die Drachen, ich meine, die fliegenden Götter, und diese vierbeinigen Wesen, die heute kamen, und ihre schrecklichen Waffen und …«
    Die Heilerin unterbrach ihn schroff: » Das ist alles ein Zeichen äußerer Stärke, doch ich glaube, dass ihr Inneres schwächer ist, als es aussieht. Ohne diese fliegenden Wesen wären sie doch verloren.«
    Kemaq bat sie, ihm das zu erklären, aber sie schüttelte den Kopf und sagte nachdenklich: » Diese Wesen, sie haben die Menschen in die Stadt zurückgejagt, wenn sie versuchten, auf ihre Felder zu gehen, aber sie haben sie nicht getötet. Ich verstehe es nicht.«
    » Und die Chaski?«, fragte Kemaq wütend und dachte noch einmal daran, wie knapp er dem graugrünen Ungetüm am Fluss entkommen war.
    » Ich kann nicht sagen, warum die Chaski ihren besonderen Zorn erregen«, sagte Pitumi, » aber umso mehr sollten wir darauf achten, dass wir dich unbeschadet aus der Stadt hinausbekommen. Ich denke, du solltest dich an der Küste nach Südosten wenden und einen großen Bogen um die Stadt schlagen, vielleicht sogar einen anderen Weg nach Tikalaq suchen.«
    » Ich kenne aber keinen anderen Weg, Pitumi.«
    » Der Frühlingsfluss kennt einen, denn er kommt doch aus den Bergen. Folge diesem Fluss, er wird dich in die Berge bringen.«
    » Aber der Fluss springt über steile Felsen und fließt durch tiefe Schluchten, das ist kein Weg für einen Läufer.«
    » Heilerin, Heilerin!«, rief es aufgeregt von draußen.
    Pitumi trat an die Tür. » Was gibt es?«, fragte sie hinaus.
    » Die Götter – sie sind fort.«
    Kemaq folgte der Chachapoya, die hinausgegangen war.
    » Bist du sicher?«, fragte Pitumi den Mann, der sie gerufen hatte.
    » Sie sind nicht mehr auf den Tempeln, und sie kreisen auch nicht mehr über der Stadt«, lautete die Antwort.
    Kemaq starrte in den Himmel. Er war wolkenlos und blau, Seevögel zogen ihre Bahnen, aber kein schwarzer Schatten war zu sehen.
    » Was hat das zu bedeuten?«, fragte er.
    Die Nachricht schien sich herumgesprochen zu haben, denn auch aus anderen Häusern kamen nun Männer, Frauen und Kinder hervor und suchten den Himmel ab.
    » Wurden unsere Gebete erhört?«, fragte einer.
    » Sind sie wirklich fort?«, rief ein anderer.
    Aber dann erklang ein neues, fremdes Geräusch. Erst so leise, dass es in der Aufregung zunächst niemand bemerkte, dann aber kam es näher und wurde lauter. Es war hell, ein leichtes Schlagen von Trommeln. Sie kamen die Straßen hinunter. Die Menge, eben noch freudig erregt, verstummte wieder.
    » Was ist das?«, fragte Kemaq.
    Dann ertönte über den Trommeln ein fernes, aber lautes Brüllen, von Stimmen, die den Bewohnern der Stadt Chan Chan nur zu vertraut waren, und kurz darauf erschienen sie am Himmel. Nein, dachte Kemaq, nein.
    Die Götter hatten die Stadt nicht verlassen. Sie schienen besonders tief zu fliegen, und dann spie der erste Feuer hinab auf die Hütten.
    » Lauf, Chaski«, flüsterte Pitumi, und als er wie angewurzelt stehen blieb, schrie sie: » Lauf! Lauf!«
    Bald war er nicht mehr der Einzige, der lief. Die Fremden kamen die Straße entlangmarschiert, zwei Dutzend Männer in doppelter Reihe, manche mit besonders langen Speeren und den schweren Axtlanzen. Andere durchsuchten die Hütten und jagten die Menschen, die sich dort versteckt hatten, hinaus. Vor Kemaq rannten Menschen hin und her, suchten nach Verstecken, aber rechts und links ragten fensterlose Mauern in die Höhe. Sie mussten sich gerade zwischen zwei Festungen befinden. Der Anführer der Fremden, ein besonders großer und hässlicher Mann, rief einen Befehl, und seine Krieger hielten an. Kemaq sah sie mit ihren Waffen hantieren. Voller Schreck erkannte er sie wieder. Und dann ertönte der Ruf, den er schon einmal gehört hatte: » Fuego!«
    Es blitzte und knallte, und rechts und links von Kemaq stürzten Männer und Frauen zu Boden. Er drehte sich um und lief davon. Er stolperte fast über ein Kind, das allein auf der Straße saß,

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