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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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er sah keine Spuren der Zerstörung. Hatte es nicht gebrannt, erst vor vier Tagen? Waren das nur die Boote am Strand gewesen? Oder hatten die Götter alle Spuren der Zerstörung vertilgt – und die Bewohner gleich mit? Er wusste es nicht, aber er fühlte sich ungeheuer allein und verloren, während er weiter durch die leeren Straßen rannte.
    Es war laut geworden in der Festung des Ordens. Mila stand in der großen Kammer nahe der geborstenen Wand und lauschte hinaus. Die Konquistadoren machten sich daran, in den Häusern rings um den Palast Quartier zu beziehen, was offenbar nur unter großem Lärm möglich war.
    » Was tun sie da, Bruder Mancebo?«, fragte sie den Mauren, der neben ihr stand. Sie gewöhnte sich mittlerweile daran, ihre Ordensbrüder auch als Brüder anzusprechen.
    Umgekehrt hatte Don Mancebo damit wohl noch Schwierigkeiten: » Sie machen es sich in den Lagerhäusern bequem, Condesa, was bedeutet, dass sie allerlei vergessenes Geschirr, alte Lagergestelle und Ähnliches hinausbefördern. Und wenn ich es richtig sehe, zerschlagen sie auch Dächer, um aus dreien, die alt und löchrig sind, eines zu machen, das Sonne und Regen abhält.«
    » Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass es hier jemals regnet, Bruder Mancebo, es wirkt alles so trocken und staubig.«
    » Ja, es erinnert an Nordafrika«, stimmte der Maure zu, » nur dass es dort nicht solch riesige Berge gibt. Ich glaube, selbst die Alpen erreichen nicht diese Höhe.«
    » Unsere Drachen sehen diese Bergriesen ebenfalls mit Unbehagen«, pflichtete Robert de Lanois bei, » sie fürchten, dass wir sie überqueren wollen, doch haben sie Zweifel, dass sie uns hinübertragen können.«
    » Aber es sind Drachen«, rief Mila.
    De Lanois lachte leise, als er antwortete: » Das sind sie, Comtesse, Drachen, keine Adler. Auch ihre erstaunlichen Fähigkeiten haben Grenzen.«
    Es waren alle Ritter des Ordens in der Kammer versammelt, während der Hochmeister, der diese Versammlung einberufen hatte, noch fehlte.
    » Kennt Ihr den Grund für dieses Treffen, Bruder Robert?«, fragte Mila.
    » Ich denke, es wird neue Befehle geben. Jetzt, da Pizarro mit seinen Männern hier ist, können wir wohl endlich in die Offensive gehen, aber Genaueres werden wir wohl gleich erfahren, Comtesse.«
    Kurz darauf erschien der Hochmeister, gefolgt von mehreren Männern. Mila lauschte auf ihre Schritte, um zu erraten, wer sie waren. Sie war den Konquistadoren schon in San Miguel begegnet, aber es war schwierig, sie anhand weniger Schritte eindeutig zu erkennen. Francisco Pizarro war einer von ihnen, mit ihm waren zwei weitere schwer gepanzerte Männer gekommen. Den einen hielt Mila für Hernando Pizarro, einen Halbbruder Don Franciscos, bei dem anderen war sie sich nicht sicher. Außerdem gab es noch einen Mann ohne Rüstung. Eigentlich konnte das nur Pater Vicente de Valverde sein, der oberste der Priester.
    Einer der Männer legte seinen Helm auf den Tisch, und der Hochmeister bat um Aufmerksamkeit, was überflüssig war, denn schon längst herrschte gespannte Ruhe im Raum. » Ihr Herren, die Zeit des Abwartens ist vorüber«, begann er. » Mit der Ankunft unserer Verbündeten verfügen wir nun über die Mittel, um den Auftrag des Kaisers zu erfüllen. Don Francisco Pizarro hat auf seiner Reise schon einige Pläne ausgearbeitet, die es nun umzusetzen gilt. Don Francisco?«
    Der Angesprochene räusperte sich. Dann ergriff er das Wort. Seine Stimme war kalt und schneidend. » Ich danke dem Hochmeister für seine freundliche Begrüßung«, begann er. Mila runzelte die Stirn. Diese Begrüßung musste am Strand stattgefunden haben, die knappen Worte ihres Großonkels gerade eben hatten in ihren Ohren ausgesprochen frostig geklungen. Meinte Pizarro das vielleicht ironisch? Er sagte: » Ich bin erfreut, hier eine sichere Basis vorzufinden, und vermutlich war die Vorsicht angebracht, die Euch dazu bewogen hat, nicht mehr als diesen einen kleinen Teil der Stadt einzunehmen. Und daher bin ich auch bereit zu vergessen, dass Ihr gar keinen Befehl hattet, sie zu erobern.«
    Die Ritter wurden unruhig. Das war beinahe beleidigend. Der Konquistador fuhr ungerührt fort: » Sobald meine Männer ihr Lager in diesen Mauern errichtet haben, werden sie darangehen, auch den Rest der Stadt unter unsere Kontrolle zu bringen. Euren Berichten entnehme ich, dass die Indios nur wenige, noch dazu schlecht bewaffnete Krieger hier haben. Dennoch musste ich hören, dass sie einen von Euch getötet haben,

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