Drachensturm
Tassilo«, bestätigte de Paz, » doch glückliche Umstände erlaubten es mir, in den Dienst des Kaisers zu treten.«
» Erstaunlich«, entgegnete der Tressler trocken, » Eure Liebe zum Kaiserhaus muss groß sein, ist doch bekannt, dass die Fugger weit besser und vor allem pünktlicher zahlen.«
» Oh, früher, ja früher, Graf Tassilo, da kam es vor, dass die vielen Verpflichtungen, die einem Kaiser obliegen, seine Kasse arg strapazierten, doch die Neue Welt hat viel Gold nach Spanien gebracht, und wir sind voller Hoffnung, dass wir in diesem Land noch weit mehr Gold und Silber finden als in Neu-Spanien.«
Mila lauschte. Der Reichtum der Fugger war legendär. Es hieß, sie könnten ganze Länder kaufen, wenn sie denn wollten, und angeblich war es auch ihr Gold, das den Kaiser überhaupt erst auf den Thron des Reiches gebracht hatte. Dennoch verstand sie das Misstrauen nicht, das aus jedem Wort des Tresslers troff. Es erschien ihr wirklich weit ehrenvoller, einem Kaiser zu dienen, als einem Kaufmann, sei er auch noch so reich. Der Graf war doch sonst so standesbewusst.
» Jedenfalls«, so fuhr de Paz nun fort, » bringt es mein Auftrag mit sich, dass ich über gewisse Vollmachten des Kaisers verfüge. Ich habe keineswegs vor, mich in die Angelegenheiten Eures Ordens einzumischen, wie zum Beispiel diese eigentümliche Wahl, von der ich hörte, doch bin ich sehr wohl befugt, auf der Einhaltung Eurer Verpflichtungen zu bestehen, und eine davon ist nun einmal die Unterstützung der Pizarros – Unterstützung, Graf Tassilo, auch und gerade, was die unvermeidlichen Kämpfe angeht.«
» Und wird der Kaiser auch unseren Wunsch nach einer eigenen Komtur in diesem Land erfüllen?«, fragte der Hochmeister ruhig.
» Eigenes Land für den Orden?«, fragte der Schatzmeister mit gleichbleibender Freundlichkeit. » Ich habe von diesem Wunsch gehört, doch weiß ich nicht, wie der Hof in dieser Frage entscheiden will, Graf Maximilian. Ich werde Euer Gesuch gerne prüfen und gegebenenfalls weiterleiten. Es ist mir wohlbekannt, wie sehr der Besitz Eures Ordens in jüngster Zeit im Osten und auch durch das unselige Ketzertum im Reich gelitten hat. Versprechen kann ich jedoch nichts, denn Ihr wisst sicher, dass es auch andere wohl begründete Ansprüche auf die Städte dieses Landes gibt. Die Fugger haben einen Vertrag mit dem Kaiser bezüglich gewisser Schürfrechte, Don Pizarro hat wieder andere Zusagen, und schon diese Widersprüche zu entwirren, beschäftigt die Juristen, was, wie ich unsere Gerichte kenne, viele Jahre dauern kann. Ich fürchte, Eure Komtur wird warten müssen, Graf Maximilian. Ich weiß natürlich, dass dies Euren Eifer für die Sache des Kaisers und der Kirche nicht mindern wird.«
» Natürlich nicht«, sagte der Hochmeister hörbar verstimmt.
Ein weinendes Kind hatte Kemaq verraten, dass doch nicht alle Bewohner von Chan Chan tot oder spurlos verschwunden waren. Sein Weinen war aus einer Hütte gedrungen und fast auf der Stelle wieder verstummt. Als Kemaq die Hütte betrat, kostete es ihn viel Mühe, der dort versteckten Familie die Angst vor ihm zu nehmen. Dann hatte er erfahren, dass sich der Curaca mit den meisten Kriegern in der Festung der Sonne verschanzt hatte, während die Bewohner sich in ihren Hütten vor den fliegenden Göttern verbargen. Aber als er noch überlegt hatte, ob er den Curaca aufsuchen sollte, war ihm ein Einfall gekommen, der ihm besser erschien. » Pitumi, die Heilerin, kennt ihr sie?«, hatte er gefragt und die zögernde Auskunft bekommen, dass die Chachapoya in einer am Rande der Stadt gelegenen Hütte nahe beim Strand zu finden sei. Und dort saß er nun und stärkte sich mit Bohnen, Kartoffeln und Mais, während Pitumi ihn besorgt betrachtete.
» Ihr habt also versucht, die einzige Frau unter den Fremden zu entführen?«, schloss sie, nachdem er zwischen hastigen Bissen seinen Bericht der Vorfälle abgegeben hatte. » Die Priester Intis sind blind, vermutlich, weil sie immer in die Sonne schauen«, meinte Pitumi grimmig.
Kemaq zuckte mit den Achseln. » Wir haben versagt, also wird das Opfer nicht gebracht werden.«
» Das erscheint mir auch besser, denn ich glaube, es wäre eine Verschwendung, dieses Mädchen Inti zu opfern.«
Kemaq starrte sie mit offenem Mund an. » Du glaubst nicht an die Macht der Opfer?«, fragte er.
» Bist du fertig mit deinem Essen, Chaski?«, entgegnete sie unwirsch.
Er nickte, auch wenn er noch hungrig war.
Als sie den Teller abräumte,
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