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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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den Wachen vorbei und hielt erst vor dem Zelt an. Atahualpa saß auf einem goldgeschmückten Thron davor. Kemaq war noch viel zu weit entfernt, um etwas zu hören, aber er entdeckte Huaxamac dort. Er stand hinter Rumi-Nahui, der wiederum direkt neben Atahualpa stand und den Boten mit seinem steinernen Blick musterte. Jetzt flüsterte Huaxamac dem Feldherrn etwas ins Ohr. Kemaq lief näher heran, aber dann stieß er auf den doppelten Ring der Leibwache des Sapay Inka, und die ließ ihn nicht durch. Er versuchte es mit guten Worten, aber die Krieger, große und stolze Chachapoya mit farbenprächtigen Gewändern und vergoldeten Streitkolben, musterten ihn nur von oben herab und hinderten ihn daran, weiterzugehen.
    Plötzlich erhob sich Atahualpa, sagte kurz etwas und ging in sein Zelt. Die Würdenträger verneigten sich tief, aber kaum war der Sapay Inka im Zelt verschwunden, stoben sie auseinander, und die Befehlshaber brüllten Befehle. Der Fremde wendete sein vierbeiniges Wesen und preschte eilig zurück in die Stadt.
    » Was ist geschehen?«, fragte Kemaq besorgt.
    » Ich glaube, wir brechen auf«, sagte einer der Leibwächter. » Und am besten für dich wird sein, wenn du schnell wieder deinen Platz einnimmst, Chaski, bevor dich der Befehlshaber deiner Schar vermisst.«
    » Sie kommen. Ich glaube, sie kommen tatsächlich!«, rief Ruiz aufgeregt.
    Mila nagte an ihren Lippen. Sie hörte den Hufschlag von Fray Celsos Pferd. Der Mönch kehrte von seiner Mission zurück.
    » Was habt Ihr erreicht?«, rief Pizarro ihm schon von weitem zu. Er schien sich in einem der Gebäude aufzuhalten.
    » Atahualpa hat den Befehl gegeben, aufzubrechen, und seine Priester haben ihm zugeraten, ohne Waffen zu erscheinen«, rief der Mönch aufgeregt, noch bevor er abgestiegen war.
    Seine Stimme hallte laut über den so gespenstisch leeren Platz. » Er kommt mit vielen Männern und Dienern, doch wird er wohl noch mehr vor der Stadt zurücklassen. Er verlangt, dass wir ihm den Schlangenpalast als Wohnquartier vorbereiten.«
    Mila runzelte die Stirn. Der Inka wollte genau hierherkommen?
    » Ausgezeichnet«, rief Pizarro. » Das habt Ihr gut gemacht.«
    » Und ich bete zu den Heiligen, dass ich es nicht bereuen muss«, erwiderte der Mönch.
    » Redet keinen Unsinn, Mann. Und jetzt bringt Euer Pferd zu de Soto und sucht Euch einen sicheren Platz. Und betet zu Euren Heiligen, dass sie uns behüten mögen.«
    Mila hörte den Mönch in eine der gepflasterten Gassen reiten, dann erklang die Stimme von de Soto, der ihn in Empfang nahm und ihm vom Pferd half.
    » Sag, Nabu«, fragte Mila, » weißt du, was das für ein seltsames Klingeln ist, das ich immer wieder höre?«
    » Ich weiß es«, sagte Ruiz, als Nabu verneinte. » Unsere Leute haben den Pferden Schellen angebunden, um die Indios noch mehr zu beeindrucken, falls es nötig sein sollte.«
    Marduk schnaubte. » Ihr habt es gehört. Sie kommen ohne Waffen«, stellte er ruhig fest.
    » Ich habe es gehört«, sagte der Hochmeister. Er klang bedrückt.
    » Wir werden also nicht kämpfen«, erklärte Marduk weiter.
    » Aber wenn es unten zur Schlacht kommen sollte?«, fragte der Tressler.
    » Wir werden nicht kämpfen«, wiederholte das Oberhaupt der Drachen entschieden.
    Nergal zischte böse, aber Nabu knurrte leise und sagte: » Sie sind wohl nicht einmal auf unsere Hilfe angewiesen.«
    » Vielleicht muss gar nicht gekämpft werden«, sagte Mila leise.
    Nergal lachte höhnisch: » Dort kommt viel Gold die Straße herunter, so viel, dass sogar ein blindes Mädchen es sehen müsste. Seinem Glanz werden die Spanier nicht widerstehen können.«
    Aus der Ferne hörte Mila plötzlich leise Stimmen. » Die Indios singen!«, sagte sie verblüfft.
    Kemaq war nicht dem wohlmeinenden Rat des Kriegers gefolgt und an seinen Platz zurückgekehrt, sondern hatte sich wieder zu den Priestern begeben. Wenn der Inka aufbrach, würde Huaxamac doch wohl zurückkehren. Doch er kam nicht. Stattdessen wurden die Vorbereitungen getroffen, die es dem Sapay Inka erlaubten, in angemessener Weise in die Stadt einzuziehen. Hunderte Diener liefen voraus. Sie begannen unter dem Gesang zu Ehren der Sonne, die Straße mit Zweigen vom Staub zu reinigen. Prachtvoll geschmückte Krieger folgten, doch trugen sie zu Kemaqs Verwunderung keine Waffen. Dann kamen die Priester und anderen Würdenträger. Kemaq suchte den Hohepriester von Tikalaq, doch er konnte ihn nicht entdecken. Jetzt erschien die Leibwache des Inka. Die vergoldeten

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