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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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vielleicht ein ungehobelter Bauer – wenn man es vom Standpunkt eines Grafen sah, der auf eine jahrhundertealte Reihe adliger Vorfahren zurückblicken konnte –, aber er war auch ein Mann von großer Tatkraft. Die Drachen hatten entschieden, dass ein Hinterhalt unter ihrer Würde war, solche Skrupel waren Don Francisco offensichtlich fremd. Wenn es sein musste, würde er mit äußerster Härte und rücksichtsloser Brutalität vorgehen, das wusste sie.
    Vielleicht war diese heimtückische Falle, die er dem Inka stellte, die einzige Möglichkeit für die Spanier, einen Sieg zu erringen, jetzt, da sie sich durch den Stolz Don Hernandos in diese Falle hineinmanövriert hatten.
    Der Hochmeister erklärte den Drachen den neuen Plan. Marduk schnaubte, dann sagte er nachdenklich: » Ich habe den Verdacht, dass Pizarro uns dort unten haben will, um uns in diese Sache hineinzuziehen, Maximilian.«
    » Das ist gut möglich, mein Freund, aber es ist doch immer noch an uns, ob wir uns auch hineinziehen lassen«, erwiderte Graf Maximilian.
    » Ich bin dafür«, zischte Nergal.
    » Auf jeden Fall könnten wir dort mit eigenen Augen sehen, was vor sich geht«, gab der Hochmeister zu bedenken.
    » Mir gefällt das nicht«, meinte Nabu.
    » Man möchte fast glauben, dass du Angst hast, Nabu Einzahn«, höhnte Nergal.
    » Nicht um uns, Nergal, aber um unsere Reiter«, gab Nabu kühl zurück.
    » Wir sind Ritter, und wir fürchten die Schlacht nicht«, erklärte der Hochmeister würdevoll.
    Mila hörte, dass Marduk sich schüttelte und dann erklärte: » Maximilian hat Recht, es fühlt sich seltsam an, so weit weg vom Geschehen zu sein, wenn es gefährlich wird. Wir sind Drachen, und Furcht ist nicht Teil unseres Wesens. Auch will ich wissen, was dort unten gesagt und getan wird, denn sonst muss ich glauben, was uns die Pizarros erzählen, und die haben ein Talent dafür, die Dinge so zu schildern, wie sie gut für sie sind.«
    Damit war die Sache entschieden. Die Ritter saßen auf, und auch Ruiz durfte auf Nabus Rücken Platz nehmen. Mila seufzte. Die Sache gefiel ihr immer weniger. Nabu sprang von der Mauer und glitt durch die Luft. Es war ein Flug von wenigen Sekunden, schon setzten sie sanft wieder auf.
    » Der Palast der gefiederten Schlange«, sagte Nabu. » Ich wollte ihn mir ohnehin einmal aus der Nähe ansehen.«
    Mila hörte die anderen Drachen landen. Das Dach knirschte, als Behemoth, der als Letzter kam, hart aufsetzte. Sie hörte Spanier, die sich in ihren Verstecken leise etwas zuriefen. Offenbar erfüllte es die Männer mit neuer Zuversicht, dass jetzt auch die Drachen bei ihnen waren.
    » Es ist aber sehr wichtig, dass ich mit Huaxamac sprechen kann«, wiederholte Kemaq.
    Der Priester sah ihn von oben herab an. Es war ein alter Mann, mit von der Last der Jahre gebeugtem Rücken, und Kemaq hatte den Eindruck, dass er nicht besonders gut hörte. Aber er war derjenige, der entscheiden würde, ob dieser Chaski das Recht hatte, die Gebete oder heiligen Riten des Hohepriesters von Tikalaq zu stören. Die Priester hatten sich in einen Bereich zurückgezogen, der durch eine Zeltbahn von der Außenwelt abgeschirmt war. Kemaq hörte sie Gebete murmeln. Es gab einen Eingang, vor dem einige Krieger wachten. Sie hatten Kemaq fortschicken wollen, doch er war so hartnäckig geblieben, dass einer schließlich einen Priester geholt hatte. Kemaq wünschte, es wäre ein anderer gewesen – einer, der ihm nicht in einer Mischung aus Starrsinn und Schwerhörigkeit jede Hilfe verweigerte.
    » Und er kennt dich, sagtest du?«, fragte der Priester mit brüchiger Stimme.
    » Ich bin der Chaski, auf dem der Segen Intis ruht, der aus Tikalaq, du wirst vielleicht von mir gehört haben, Herr.«
    » Aus Tikalaq? Nein, ich denke nicht. Es gibt so viele Chaski.«
    » Aber Huaxamac kennt mich. Er hat selbst gesagt, dass der Segen des Sonnengottes auf mir ruht.«
    » Huaxamac, sagst du? Der Hohepriester aus Tikalaq?«, fragte der Alte.
    » Ja, Herr«, erwiderte Kemaq verzweifelt.
    » Warum hast du das nicht gleich gesagt? Er ist nicht hier. Der Sapay Inka hat ihn gerufen.«
    Kemaq unterdrückte einen Fluch, dankte dem Alten und machte sich auf den Weg. Wenn Huaxamac in der Nähe Atahualpa Inkas war, dann war es unmöglich, mit ihm zu sprechen.
    Noch bevor er das erstaunlich schnell errichtete Zelt des Inka erreichte, erschien wieder ein Reiter aus Caxamalca. Es war wieder jener Mann im langen braunen Gewand, den er zuvor schon gesehen hatte. Er ritt an

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